Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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Eltern werden sich auch freuen, wenn ich dich wohlbehalten heimbringe.«

      Sie sieht ihn aus großen Augen an.

      »Meine Eltern?« macht sie gedehnt. »Die merken kaum, wann ich gehe und komme.«

      Das ist ein neuer Ton an ihr und läßt ihn aufhorchen.

      »Also los«, stimmt er zu. »Gehen wir alle in die Heia.«

      Gabriele schüttelt den Kopf. »Ein ziemlich überstürzter Aufbruch«, stellt sie enttäuscht fest. Sie begleitet aber ihre Gäste in die Garderobe, hilft ihnen ihre Überkleider zusammensuchen und bringt sie bis ans Gartentor.

      »Ich fahre dich heim«, sagt draußen Jürgen zu Inka, nachdem sich die anderen verabschiedet haben und in verschiedenen Richtungen hin verschwunden sind. Man hört noch ihr Lachen, das immer leiser zu ihnen dringt, bis es ganz verstummt.

      Jürgen öffnet den Schlag seines Wagens und macht eine Geste, die Inka zum Einsteigen auffordert. Sie blickt empor zu dem blassen Himmel, der schon die Dämmerung anzeigt. Ihr Kopf ist umnebelt. Sie möchte frische Luft schöpfen.

      »Mir wäre lieber, ich könnte laufen«, sagt sie.

      »Steig ein«, befiehlt er schroff. »Du kannst nicht in der frühen Morgenstunde bis Blankenese laufen.«

      Mit mürrischem Gesichtsausdruck nimmt sie endlich Platz, und Jürgen geht um den Wagen herum, schwingt sich hinter das Lenkrad und braust los.

      »Fahr langsamer. Ich habe keine Lust, am nächsten Baum zu landen«, fährt sie ihn an.

      »Du bist heute eine richtige Kratzbürste«, sagt er, dämpft jedoch das Tempo.

      Schweigend fahren sie durch die wie ausgefegt wirkenden Straßen.

      »Wie stehst du eigentlich zu deinen Eltern?« bricht er nach einer langen Weile das Schweigen.

      Sie sieht starr geradeaus.

      »Gut!« kommt es nach einigem Zögern. Aber dem Wort fehlt die Überzeugung, und Jürgen Bergen macht sich seine Gedanken darüber.

      *

      Gert und Leonore sind auch spät von der Abendgesellschaft heimgekehrt.

      Nachdem Gert Wendhoff der Bau des Clubhauses zugesprochen worden war, folgten weitere lohnende Aufträge, und nach und nach hat Leonore ihn in die Gesellschaft eingeführt, die den interessanten Mann mit den männlichen Zügen, der guten Figur und den entsprechenden Umgangsformen gern aufgenommen hat.

      Wie immer schaut Leonore noch einmal in Inkas Zimmer, das ein entzückendes Mädchenzimmer geworden ist, ein Geburtstagsgeschenk Leonores an ihre Tochter.

      Sie findet das Bett unberührt und kehrt nachdenklich zu dem Gatten zurück, der bereits im Bad hantiert. Gedankenvoll setzt sie sich auf den Bettrand, noch im eleganten Abendkleid, angetan mit ihrem kostbaren Schmuck.

      So findet Gert sie, als er bereits im Bademantel eintritt.

      »Nanu, Leonore, hast du was?« erkundigt er sich und sieht auf sie hinab. »Du siehst ganz unglücklich aus.«

      Sie hebt die Lider mit den dichten Wimpern. »Bin ich auch, Gert. Inka ist wieder nicht daheim.«

      »Hm!« macht er nur und geht ein paarmal durch den Raum. Er macht auf dem Absatz kurz kehrt. »Ich werde mir das Mädel einmal vornehmen. Leg dich inzwischen nieder.«

      Er geht hinunter in die Halle, setzt sich vor den Kamin und raucht eine Zigarette. Langsam färbt sich der Himmel. Er denkt an die verflossene Zeit. Als Inka hier einzog, war auch so wunderbares Wetter. Er erhebt sich und öffnet die Glastür, die in den Garten führt. In tiefen Zügen atmet er die erfrischende Luft.

      Irgendwo brummt ein Motor. Ein Schlüssel dreht sich im Schloß, und Inka betritt die Halle. Jedes Geräusch vermeidend, schließt sie ab und durchquert auf Zehenspitzen die Halle. Sie zuckt zusammen, als sie Wendhoff so plötzlich vor sich sieht.

      »Du – du bist noch wach?«

      Sein Gesicht ist undurchdringlich. In seinen Augen wetterleuchtet es. »Ich habe auf dich gewartet«, sagt er und zerreißt damit die zur Last werdende Stille. »Wo treibst du dich eigentlich immer herum?«

      In Inka steigt es siedendheiß empor. Alles wehrt sich gegen diese Anschuldigung. Sie beherrscht sich mühsam. Ihre dunklen Augen beherrschen das blasse Gesicht.

      »Ich treibe mich nicht herum«, erwidert sie schneidend.

      »Ein Mädchen in deinem Alter gehört ins Haus.« Das klingt schärfer als beabsichtigt, aber ihr offensichtlicher Trotz macht ihn erst richtig wütend. »Denkst du nicht an deine Mutter, die sich sorgt?«

      Inka starrt ihn aus rätselhaften Augen an. Dann verzieht sich ihr Mund. Ein grelles Lachen bricht von ihren Lippen.

      »Mutti sorgt sich? Mutti sorgt sich? Das ist ein Witz!«

      Im nächsten Augenblick fühlt sie einen Schlag im Gesicht. Sie verstummt jäh und erbleicht bis in die Lippen.

      Unfaßbar, der Mann, der ihre Mutter geheiratet hat, der sich zwischen sie und Mutter stellt, hat sie geschlagen!

      Sie weicht zurück. Aber sie ist in diesem Augenblick hellwach. Das Gefühl der Benommenheit ist verschwunden. Sie schließt die Augen zu schmalen Schlitzen.

      Jedes Wort, das sie spricht, ist mit Hohn getränkt.

      »Was wißt ihr denn von mir? Nichts, gar nichts. Ihr lebt nur für euch. Lächerlich benehmt ihr euch mit eurem Getue, eurem Turteltaubenleben. Ihr bemerkt mich doch kaum. Ihr seid es ja, die mich eigene Wege gehen laßt. Bisher habt ihr mich nicht danach gefragt, wie und wo ich meine Freizeit verbringe. Weil es euch zu unbequem war. Mutti hat mich in einen Kreis junger Leute geführt und glaubt damit ihrer Mutterpflicht genügt zu haben. Wißt ihr, wonach ich mich sehne? Nein! Das wißt ihr nicht! Ich lebe in einem schönen Haus, besitze ein prachtvoll eingerichtetes Zimmer. Aber was in mir vorgeht, davon habt ihr nicht die geringste Ahnung. Und du willst behaupten, Mutti sorge sich um mich? Ich betone nochmals: Ich finde das lachhaft! Von mir aus kannst du mich noch einmal schlagen.

      Ich hasse dich, jawohl, ich hasse dich, denn du stellst dich zwischen Mutti und mich. Du mißgönnst mir das bißchen Liebe. Brosamen wirft man mir hin, wo ich Anspruch…«

      Hier bricht Inkas Stimme. Tränen machen ihre Augen blind und rollen über die Wangen.

      »Ach, was rede ich da – ihr versteht mich doch nicht«, schluchzt sie heraus und läuft an dem wie erstarrt dastehenden Wendhoff vorbei und die Treppe empor. Er hörte eine Tür zuknallen. Wie zerschlagen läßt er sich wieder nieder.

      Jedes Wort hat er in sich aufgenommen. War das nicht wie ein Hilfeschrei? Und er hat das Mädchen geschlagen? Mein Gott! Weder Inka noch Leonore werden ihm das jemals verzeihen.

      Wie konnte er sich nur so hinreißen lassen?

      Er sieht die schmale, grazile Gestalt vor sich, die unergründlichen Augen, den schönen, schmerzverzogenen Mund. Stöhnend birgt er das Gesicht in den Händen.

      Sie haßt ihn? Dabei hat er ihr bisher nichts in den Weg gelegt. Hat alles geduldet, was sie bisher getan hat. Nur Leonores Besorgnis und Inkas freche Antwort haben ihn zu der Affekthandlung getrieben.

      Er weiß nicht, wie lange er grübelnd verbracht hat. Erst als ein leichter Tritt hinter ihm aufklingt, kehrt er in die Wirklichkeit zurück.

      »Hattest du Streit mit Inka?« fragt Leonore bange. »Das Kind hat sich eingeschlossen. Ich glaube, es weint.«

      Wendhoff blickt zu Boden. »Ich – ich habe sie geschlagen«, würgt er hervor.

      »Mein Gott – Gert, das kann doch nicht möglich sein«, stammelt sie verstört. »Das paßt nicht zu dir. Was hat es gegeben, bitte, erzähle mir alles.«

      Nein! Nichts wird er ihr erzählen, oder nur das Nötigste.

      Er steht langsam auf.

      »Sie war frech – und


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