Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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trägt die Schuld, sondern Leonore und er. Inka hat recht. Sie haben ihr eigenes Leben geführt und Inka dabei vergessen.

      »Laß uns schlafen gehen, Leonore«, sagt er gequält. »Morgen ist auch ein Tag.«

      Wendhoff findet in dieser Nacht keine Ruhe. Die samtenen, erschrockenen Augen Inkas lassen ihn nicht schlafen.

      *

      Am nächsten Morgen hat Inka, wie immer, pünktlich das Haus verlassen, um in das Geschäft zu fahren.

      Wendhoff betritt, nachdem sie fort ist, den Wintergarten, wo Doris den Frühstückstisch gedeckt hat.

      »Ist Inka schon weg?« erkundigt er sich wie nebenbei.

      »Jawohl, Herr Wendhoff, wie immer. Ich wundere mich nur, wie das Mädchen mit so wenig Schlaf auskommt.«

      »Haben Sie auch bemerkt, daß Inka sehr spät heimkommt?«

      Doris macht sich am Tisch zu schaffen. Es ist ihr unangenehm, Inka irgendwie anklagen zu müssen. So lenkt sie ab. »Jugend braucht nicht viel Schlaf.«

      Wendhoff dreht sich auf dem Absatz herum. »Ganz im Gegenteil, Doris. Jugend braucht Schlaf sehr nötig.«

      »Aber bisher waren Sie doch einverstanden, daß Inka ihre Freizeit mit ihren Freunden verbringt?«

      Wendhoff wirft die Zigarette in den Aschenbecher. Sie schmeckt ihm nicht mehr. »Wir haben uns viel zu wenig um das Mädel gekümmert. Wir wissen kaum, wo Inka sich aufhält, falls sie nicht gerade einmal im Hause ist.«

      Sehr richtig – setzt Doris in Gedanken hinzu – keiner im Hause hat sich groß um Inka gekümmert. Sie reißt die Augen auf. »Sie glauben doch nicht etwa, daß Inka etwas Unrechtes tut?«

      Er mußte über ihren Eifer lächeln. »N – ein, das glaube ich nicht.«

      Nach dem Mittagessen, das Leonore und Wendhoff schweigend einnahmen, verschwindet Wendhoff in seinem Arbeitszimmer. Er arbeitet an einem neuen Plan.

      Unschlüssig bleibt Leonore zurück. Sie kämpft eine Weile mit sich, dann sucht sie den Gatten auf. Sie legt ihre Hand auf seine Schulter und fühlt, wie er zusammenzuckt.

      »Hast du dich erschrocken?« fragt sie sanft.

      Er lächelt ihr zu, aber es ist nicht das liebevolle Lächeln. Etwas Gequältes liegt darin.

      »Du bist so merkwürdig, Gert. Hast du etwas?«

      »Nein – was soll ich denn haben?« wehrt er kühl ab und neigt sich über seine Arbeit.

      »Störe ich dich?«

      »Nein, du störst mich nicht.«

      Das klingt wie auswendig gelernt. Sonst hat er sie immer an sich gezogen und gebeten, neben ihm Platz zu nehmen. Ihre Nähe hat ihn angeregt. Heute macht sie ihn unruhig, und sie fühlt es. Nach kurzer Zeit steht sie auch auf.

      »Ich habe noch einiges mit Doris zu besprechen«, entschuldigt sie sich. Er sieht hinter ihr her. Seit heute nacht ist alles anders geworden – denkt er – ich bin befangen. Leonore ist unsicher. Alles wegen Inka!

      Wäre es nicht besser, er würde sich mit Leonore aussprechen? Jedes Wort, das Inka ihm vorgeworfen hat, entspricht der Wahrheit. Sie haben das Mädchen neben sich irgendwie verkümmern lassen. Darüber hilft selbst ein sorgloses Leben nicht hinweg. Ein junger Mensch braucht einen Halt, braucht Liebe. Braucht einen Menschen, der ihm Verständnis entgegenbringt.

      Freilich, ihm ist Inka stets mit Mißtrauen begegnet, und gestern hat sie ihm unverhüllt ihren Haß entgegengeschleudert.

      Aber so können sie nicht zusammenleben.

      Kurz vor Arbeitsschluß fährt er in die Stadt. Leonore hat sich hingelegt, da sie sich nicht wohl fühlt. Vor dem Juweliergeschäft mit den vier großen Schaufenstern parkt er und wartet.

      Er kennt sie alle, die Angestellten. Er wartet jedoch auf Inka. Endlich kommt sie. Sie ist geschmackvoll gekleidet. Ihr Rock wippt bei jedem Schritt. Ihr dunkellockiges Haar umgibt den schmalen Kopf wie eine Kappe. Erstmals bemerkt er, wie schön Inka eigentlich ist.

      »Hallo, Inka«, ruft er aus dem Wagen. Sie will gerade auf Jürgen Berger zugehen, als Gerts Stimme sie erreicht. Sie blickt kurz zu ihm hin, wechselt mit Bergen einige Worte und kommt dann widerwillig an seinen Wagen heran.

      Ihre Augen blicken ihn voller Feindseligkeit an.

      »Wünschst du etwas von mir?« fragt sie gleichgültig.

      Wendhoff sieht nur den jungen gutaussehenden Mann, der auf Inka gewartet hat, und ihn befällt ein unangenehmes Gefühl.

      »Ich wollte dich abholen«, sagt er schroff. Sie hebt nur leicht die Schultern. »Tut mir leid, ich bin mit meinem Freund verabredet.«

      Wendhoff will schon aufbrausen, da denkt er daran, daß er etwas gutzumachen hat.

      »Ist das der junge Mann dort?« fragt er. Es klingt spöttisch und treibt Inka eine glühende Röte ins Gesicht.

      »Ja, das ist Jürgen Bergen. Wir wollen ins Kino gehen.«

      Sekundenlang betrachtet er den abseits stehenden Jürgen Bergen, dann wendet er sich Inka wieder zu.

      »Wenn du deiner Mutter eine Freude machen willst, dann komme lieber mit heim. Der junge Mann kann ja mitkommen.«

      Inka überlegt kurz und geht auf Jürgen zu.

      Sie spricht kurz mit ihm, und er nickt. Gemeinsam kommen sie auf den Wagen zu.

      »Gert Wendhoff«, stellt Inka vor und setzt mit einem kühlen Lächeln hinzu, das etwas Verletzendes hat: »Der Mann meiner Mutter. Und das ist Jürgen Bergen.«

      Die Herren begrüßen sich, und Wendhoff öffnet den Schlag. »Bitte!«

      Jürgen klettert auf den hinteren Sitz, während Inka sich neben Wendhoff schwingt. Sie zupft ihren Rock zurecht und lehnt sich mit verschlossenem, ja, hochmütigem Gesichtsausdruck zurück.

      Einmal nimmt Wendhoff eine Kurve zu scharf. Inka wird gegen ihn geschleudert. Sekunden nur spürt er ihren weichen Körper. Dann sitzt sie schon wieder steif neben ihm.

      Wendhoff möchte ein Gespräch in Gang bringen, aber die Nähe des jungen Mannes irritiert ihn. Er möchte Inka um Verzeihung bitten für den Schlag ins Gesicht, aber der Zeitpunkt ist durch Jürgens Anwesenheit ungünstig gewählt.

      Leonore sieht erstaunt drein, als Gert mit den beiden jungen Leuten erscheint.

      »Du hast Inka geholt?«

      Sie strahlt ihn an und hält es für ein gutes Zeichen. Herzlich begrüßt sie Jürgen Bergen, den sie schon lange kennt.

      »Dann wollen wir es uns recht bequem und gemütlich machen«, sagt sie gutgelaunt und läßt ein viertes Gedeck bringen. Sie hat den Tisch mit aller Sorgfalt gedeckt.

      Nach dem Essen, bei dem nur die beiden Herren die Unterhaltung geführt haben und die beiden Damen zuhörten, räumt Doris schnell ab. Leonore richtet den kleinen Tisch in der Couchecke her, und Inka hilft ihr dabei.

      Wendhoff bietet erst seiner Frau eine Zigarette an, dann Inka, doch diese verneint schroff.

      »Rauchst du überhaupt nicht?« fragt er ungläubig.

      »Nein – ich rauche nicht. Ist das so außergewöhnlich?«

      Inkas Worte sind angriffslustig, und Leonores Blicke gehen beunruhigt zwischen den beiden Menschen, die ihr am nächsten stehen und die sie über alles liebt, hin und her. Sie werden sich doch nicht streiten? Doch Inka denkt nicht daran.

      »Willst du meine neueste Schallplatte hören?« wendet sie sich gelassen an Jürgen, und sofort erhebt er sich und folgt ihr ins Nebenzimmer.

      Nachdenklich zieht Wendhoff an seiner Zigarette, dabei blickt er auf das junge Paar, das Kopf an Kopf am Boden hockt und Schallplatten auswählt.

      Wer ist eigentlich das junge Mädchen Inka,


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