Die Jobsiade: Ein komisches Heldengedicht in drei Teilen. Karl Arnold Kortum
wir wollen uns hieran nicht kehren,
Die Zukunft wird die Bedeutung wol lehren,
Wenn das Kind zu seinen Jahren wächst.
Ich schreite nun wieder zum Text.
22.
Die Mutter legte nun Windel und Hemder
Zurechte, und am dreißigsten September
Wurde dieselbe zu rechter Zeit
Durch die Geburt eines Knäbleins erfreut.
23.
Welch ein Vergnügen gab dies dem Vater!
Himmel! wie freute sich der Senater!
Und wie sprang er nicht, als er da
Das artige Büblein zur Welt sah.
Drittes Kapitel.
Wie Frau Kindbetterin Jobsen einen Besuch von ihren Freundinnen bekam, und was Frau Gevatterin Schnepperle dem Kinde geprophezeit hat.
1.
Frau Jobsen war also, wie eben gesprochen,
Mit dem jungen Jöbslein in den Wochen,
Er selbst lag eingewickelt neben ihr da,
Schlief, und wußt’ nicht, wie ihm geschah.
2.
Wie voll Jubel Alles im Hause gewesen,
Das läßt sich nicht Alles genau lesen;
Verwandte und Nachbarn nahmen am Heil
Auch, wie leicht zu erachten ist, Theil.
3.
Täglich war in der Wochenstube Lärmen,
Als wenn im Maimonate Bienen schwärmen
Und es ging immer sum, sum, sum
Ums Wochenbette lustig herum.
4.
Es waren jetzt genau drei Tage,
Seitdem die Mutter im Wochenbette lage,
Als zum Kaffee auf den Nachmittag,
Ein ganzer Schwarm Frauen ihr zusprach.
5.
Und zwaren von allen diesen Madamen,
Die auf den Kaffee zu Frau Jobsen kamen,
Zeichnete sich bei dem braunen Schmaus
Frau Schnepperle durch Beredsamkeit aus.
6.
Der Vater des Jöbschens war ihr Vetter;
Zuerst sprach die Gesellschaft vom Wetter
Und von dergleichen Sachen mehr,
Die wichtig sind in das Kreuz und die Quer.
7.
Darauf forschte man, wie sich Frau Kindbetterin befinde?
Erkundigte sich auch nach dem jungen Kinde:
Ob’s mit Appetit den Futterbrei
Genösse und fein stille sei?
8.
Man that ihm hierauf nach der Reih’ die Ehre,
Hob es auf, rühmte seine Größe und Schwere,
Und bewunderte einmüthig weit und breit
Seine mehr als gemeine Artigkeit.
9.
„Meine hochgeehrte Frau Base!“
Schnatterte Frau Schnepperle, etwas durch die Nase,
„Das Kind wird wahrlich ein gelehrter Mann,
Ich seh’s ihm an seinem Gesichte an.
10.
Habe neulich ein schönes Buch gelesen,
Als ich auf der Rathsbibliothek gewesen,
Welches von der Kunst Physiognomei
Handelt, und was davon zu halten sei;
11.
Darin stunden schrecklich viele Gesichter,
Gelehrte, dumme, fromme Bösewichter,
Silhouetten von feiner und schlimmer Gestalt,
Auch Köpfe von Thieren, jung und alt.
12.
Wenn ich etwa nicht unrecht gesehen,
So glaub’ ich daraus zu verstehen,
Daß ein solches verkehrtes Gesicht
Viel zukünftiges Genie verspricht.
13.
Und wollte schier gewiß versichern:
Das Kind geht einst um mit Büchern;
Und ist wol gar zum Pfarrer bestimmt,
Wenn es künftig zu Jahren kümmt.
14.
Seine starke Stimme scheint es anzuzeigen,
Daß es einst werde die Kanzel besteigen.“
(Notabene: Der kleine Jobs schrie hier just,
Gerade als wenn er es hätte gewußt.)
15.
Die Frau Schnepperle sprach noch viel Worte,
Sie gehören aber nicht an diesen Orte.
Alle Frauen fielen mit großem Geschrei
Der Rede der klugen Frau Schnepperle bei.
16.
Nachdem nun die Visite war zu Ende,
Reichten sie alle der Frau Jobsen die Hände,
Dankten für alle genossene Ehr’
Und gingen hin, wo sie gekommen her.
17.
Die Wöchnerin bekam zwar vom Lärm Kopfschmerzen,
Nahm aber die Rede der Frau Schnepperle zu Herzen;
Zumal da diese im Ruf stand,
Als wäre ihr was von der Magie bekannt.
Viertes Kapitel.
Wie das Kindlein getauft ward, und wie es Hieronimus genannt ward.
1.
Als noch einige Tage waren vergangen,
Schien das Kind die Taufe zu verlangen,
Indem es immer erbärmlich schrie
Und seiner Mutter machte viel Müh’.
2.
Es half davor weder Brust noch Süppchen
Noch ein im Munde gestecktes Zuckerpüppchen,
Sondern es rief in einem fort,
Daß Niemand hören konnt’ sein eigen Wort.
3.