Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz

Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz


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verstehen konnte: »Ich nehme Gott, Euch, erhabene Frau, und die ganze Ritterschaft dieses Landes zu Zeugen, daß ich schuldlos bin an dem Blute, welches vergossen werden wird.«

      Bei diesen Worten des Kreuzritters, die Zeugnis dafür ablegten, wie sicher sich dieser seines Sieges fühlte, krampften sich aller Herzen aufs neue vor Schrecken zusammen. Zbyszko aber wandte sich in seiner schlichten Art unverweilt zu dem Böhmen und sagte: »Widerlich mutet mich der Hochmut des Kreuzritters an, der wohl nach meinem Tode berechtigt wäre, nicht aber solange ich lebe. Jener Prahlhans aber trägt zudem Pfauenbüsche auf dem Helme, und ich habe nicht nur gelobt, mich dreier solcher zu bemächtigen, sondern so vieler als ich Finger an den Händen habe. Gott gebe seinen Segen dazu!«

      »O Herr!« ließ sich hierauf Hlawa fragend vernehmen, während er sich niederbeugte und ein wenig von der auf den Schnee gestreuten Asche in die Hände nahm, damit ihm das Schwert nicht so leicht entgleite, »o Herr, kann es nicht Christus gewähren, daß ich rasch mit diesem preußischen Klepper fertig werde? Und steht es mir dann nicht frei, diesem Kreuzritter, wenn ich ihn vielleicht auch nicht angreifen darf, den Stiel der Streitaxt zwischen die Beine zu stoßen und ihn dadurch zu Falle zu bringen?«

      »Gott schütze Dich!« rief Zbyszko lebhaft, »mit Schande würdest Du mich und Dich bedecken!«

      Jetzt erklang der dritte Trompetenstoß. Kaum hatten ihn die Knappen vernommen, so eilten sie voll wildem Eifer aufeinander zu, die Ritter jedoch traten sich langsam und bedächtig entgegen, gerade als ob ihnen für den ersten Zusammenprall Würde und Anstand ganz besonders ans Herz gelegt worden wäre.

      Nur wenige achteten auf die Knappen, die aber von den erfahrenen Mannen und von dem Gesinde, welche auf jene schauten, begriffen sofort, daß sich in diesem Kampfe die Wagschale zu Gunsten Hlawas neigen werde. Nur mühsam führte der Deutsche die Streitaxt, und die Art, wie er seinen Schild gebrauchte, hatte etwas Schlaffes. Unter dem runden Schilde kamen seine langen aber dünnen Beine zum Vorschein, während die kraftvollen Beine des Böhmen durch die enganschließende Gewandung so recht in die Augen fielen. Hlawa ging auch so ungestüm vor, daß van Krist vom ersten Augenblicke an zurückweichen mußte. Die Beobachter verstanden sofort, daß der eine von diesen Widersachern den andern wie ein Sturmwind, wie ein Blitzstrahl mit uneindämmbarem Feuereifer überfalle, und daß dieser andere nur kämpfe, um solange wie möglich den gefürchteten Augenblick von sich fernzuhalten, der ihm, seinem eigenen Gefühle nach, den Tod bringen mußte. Und so war es auch in der That, der Prahlhans, welcher sich überhaupt nur zum Kampfe stellte, wenn er ihm nicht ausweichen konnte, erkannte gleich, daß die kecken, unbedachtsamen Worte ihm einen Gegner zugeführt hatten, dessen Streiche Verderben bedeuteten. Sein Mut sank daher immer mehr, denn von einem jeden Schlag fürchtete er, zu Tode getroffen zu werden. Umsonst rief er es sich ins Gedächtnis zurück, daß es nicht genüge, die Hiebe mit dem Schilde aufzufangen, daß man Hiebe austeilen müsse. Beständig sah er die Streitaxt über seinem Haupte blinken, stets glaubte er, nun sei es mit ihm zu Ende. Den Schild vorhaltend, blinzelte er unwillkürlich mit den Augen voll Angst und Verzweiflung, ob er sie noch öffnen könne. Dann und wann holte er auch selbst zu einem Schlage aus, ohne indessen die Hoffnung zu hegen, seinen Widersacher zu treffen, und immer höher und höher hielt er den Schild in dem Glauben empor, sich dadurch besser schützen zu können.

      Schließlich ward er matter und matter, und der Böhme schlug immer kräftiger auf ihn ein. Aehnlich wie von einem Fichtenstamme unter der Axt des Bauern mächtige Späne abspringen, so lösten sich unter den Streichen des Böhmen Plättchen auf Plättchen von der Rüstung des deutschen Knappen ab. Der breite Rand des Schildes bog sich und wurde brüchig, das Schulterblech am rechten Arme fiel zusammen mit dem durchhauenen und ganz mit Blut getränkten Lederwerk zur Erde. Van Krists Haare sträubten sich auf dem Haupte – Todesangst erfaßte ihn. Ein-, zweimal schlug er noch mit Aufbietung all seiner Kraft auf des Böhmen Schild. Schließlich jedoch sah er entsetzt ein, daß er gegen die erstaunliche Stärke seines Widersachers nicht aufzukommen vermöge, daß er sich nur durch irgend eine außergewöhnliche That retten könne, und so warf er sich plötzlich in seiner ganzen Schwere gegen die Beine von Hlawa.

      Sofort stürzten beide zu Boden. In dem Bestreben eines jeden, die Oberhand über den andern zu gewinnen, umfaßten sie sich und wälzten sich auf dem Schnee. Nach geraumer Zeit gelang es indessen dem Böhmen, seinen Oberkörper freizumachen. Wohl ward er noch eine Weile lang durch die verzweiflungsvollen Anstrengungen seines Gegners darnieder gehalten, dann aber setzte er das Knie auf dessen mit einem Panzerhemd bedeckten Leib und riß das kurze, dreikantige Misericordia aus dem Gürtel.

      »Gnade!« flüsterte van Krist leise, indem er die Augen zu dem Böhmen erhob.

      Ohne indessen eine Antwort zu erteilen, beugte sich jener über den Besiegten, damit er leichter dessen Hals erreichen konnte, zerschnitt hierauf den Lederriemen des Helmes unter dem Kinn und stieß dem Gegner den unheilbringenden Dolch zweimal so tief in die Kehle, daß die nach unten gerichtete Spitze sogar in die Brust eindrang.

      Van Krists Augen sanken tief in die Höhlen. Mit Armen und Beinen schlug er auf den Schnee, als ob er diesen von der Asche reinigen wolle, dann zuckte sein ganzer Körper zusammen und noch war keine Minute vergangen, so lag er unbeweglich, starr dahingestreckt auf der weißen Decke. Rotgefärbter Schaum trat auf seine Lippen, er war über und über mit Blut befleckt.

      Nun erhob sich der Böhme. Er reinigte das Misericordia an der Gewandung des Deutschen, ergriff seine Streitaxt und sich darauf stützend beobachtete er unverwandt den erbitterten und hartnäckigen Kampf seines Ritters mit Bruder Rotgier.

      Die Ritter aus dem Westen waren schon längst an ein bequemes, üppiges Leben gewöhnt, während die »Erben« in Kleinpolen und Großpolen, sowie in Masovien noch immer ein hartes, schweres Dasein führten, infolgedessen freilich aber auch ihre Körperkraft und ihre Ausdauer im Ertragen aller Art von Fährlichkeiten bei Fremden, ja sogar bei Uebelwollenden Bewunderung erregte. So zeigte es sich zwar auch jetzt, daß Zbyszko ebenso sehr den Kreuzritter an Kraft überragte, wie dies bei dem Böhmen dem Knappen van Krist gegenüber der Fall gewesen war, allein es erwies sich gleichzeitig, daß der junge Kämpe nicht nur an Alter, sondern auch in den ritterlichen Uebungen hinter dem Ordensbruder zurückstand.

      Für Zbyszko war es daher gewissermaßen günstig, daß der Kampf mit der Streitaxt geführt ward, da von Entfaltung einer Fechtkunst mit dieser Waffe nicht die Rede sein konnte. Hätte er mit dem kurzen oder mit dem langen Schwerte kämpfen müssen, wobei es hauptsächlich darauf ankam, jeden Ausfall, jeden Stoß zu berechnen, jeden Hieb abzuweisen, würde der Deutsche ein erhebliches Uebergewicht über ihn gewonnen haben. Aber auch die Art, wie der Ordensbruder sich jetzt bewegte, wie er den Schild handhabte, machte es nicht nur Zbyszko selbst, sondern auch den Zuschauern klar, daß sie einen erfahrenen, nicht zu verachtenden Streiter vor sich hatten, der offenbar nicht zum erstenmale in solcher Weise kämpfte. Sobald Zbyszko zum Schlage ausholte, hielt Rotgier den Schild vor, im Augenblicke des Zuschlagens aber zog er ihn durch eine kleine Schwenkung unmerklich zurück. Dadurch verloren selbst die wuchtigsten Hiebe an Kraft, dadurch vermochten sie weder den Schild zu zertrümmern, noch dessen glatte Oberfläche zu zermalmen. Bald zog sich der Kreuzritter zurück, bald ging er vor, das eine Mal that er dies aber mit einer solchen Ruhe, das andere Mal wieder so rasch, daß das Auge seinen Bewegungen kaum zu folgen vermochte. Des Fürsten Herz ward allmählich von Angst um Zbyszko erfüllt, die Gesichtszüge der Mannen verdüsterten sich, dünkte doch allen, der Deutsche treibe ein absichtliches Spiel mit seinem Gegner. Oft hielt er den Schild gar nicht mehr vor, sobald indessen Zbyszko zuschlug, sprang er in der Weise zur Seite, daß die Schneide des Beiles in die Luft fuhr. Dies war um so gefährlicher, weil Zbyszko dabei leicht das Gleichgewicht verlieren und stürzen konnte, wodurch er unrettbar verloren gewesen wäre. All dies beobachtete der Böhme, an der Leiche van Krists stehend, sehr wohl. Voll Schrecken dachte er daher bei sich: »Gott schütze mich, wenn mein Herr stürzt, schlage ich dem Deutschen mit dem Beile zwischen die Schulterblätter und bringe ihn auch zu Fall.«

      Zbyszko kam indessen nicht zu Fall. Er besaß eine solche Kraft in den Beinen, die er weit ausgespreizt hielt, daß er trotz der Schwere seines Körpers, trotz der fortwährenden Schwankungen fest standhielt.

      Rotgier ward dies sofort klar, und die Zuschauer irrten sich in ihrer Annahme, er achte


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