Das Mondschaf steht auf weiter Flur. Christian Morgenstern

Das Mondschaf steht auf weiter Flur - Christian Morgenstern


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      womit eine Horde von Menschenbütteln

      sich angemaßt habe, sie zu begaben.

      Doch wie sich befreien, wie sich erretten

      aus diesen widerwärtigen Ketten?

      Ihr Westküsten, fing eine an zu spotten,

      gedenkt ihr den Menschen etwan auszurotten?

      Und wenn schon! rief eine andre schrill.

      Wenn ich seine Magd nicht mehr heißen will? –

      Dann blieben aber immer noch die Atlanten –

      meinte eine von den asiatischen Tanten.

      Schließlich, wie immer in solchen Fällen,

      tat man eine Resolution aufstellen.

      Fünfhundert Tintenfische wurden aufgetrieben,

      und mit ihnen wurde folgendes geschrieben:

      Wir Westküsten erklären hiermit einstimmig,

      daß es uns nicht gibt, und zeichnen hochachtungsvoll:

      Die vereinigten Westküsten der Erde. –

      Und nun wollte man, daß dies verbreitet werde.

      Sie riefen den Walfisch, doch er tat’s nicht achten;

      sie riefen die Möwen, doch die Möwen lachten;

      sie riefen die Wolke, doch die Wolke vernahm nicht;

      sie riefen ich weiß nicht was, doch ich weiß nicht was kam nicht.

      Ja, wieso denn, wieso? schrie die Küste von Ecuador:

      Wärst du etwa kein Walfisch, du grober Tor?

      Sehr richtig, sagte der Walfisch mit vollkommener Ruh:

      Dein Denken, liebe Küste, dein Denken macht mich erst dazu.

      Da war’s den Küsten, als säh’n sie sich im Spiegel;

      ganz seltsam erschien ihnen plötzlich ihr Gewiegel.

      Still schwammen sie heim, eine jede nach ihrem Land.

      Und die Resolution, die blieb unversandt.

       Unter Zeiten

      Das Perfekt und das Imperfekt

      tranken Sekt.

      Sie stießen aufs Futurum an

      (was man wohl gelten lassen kann).

      Plusquamper und Exaktfutur

      blinzten nur.

       Unter Schwarzkünstlern

      Eines Mittags las man:

      »Pfiffe zu mieten gesucht!

      Hundertweis, zu jedem Preis!

      Victor Emanuel Wasmann!«

      Um sechs Uhr kam der erste Pfiff

      von einem alten Kohlenschiff.

      Um acht Uhr waren’s tausend schon.

      Um neun Uhr eine halbe Million.

      Victor Emanuel Wasmann schlug

      die Türe zu: Nun ist’s genug!

      Hört zu, ihr Pfiffe!

      Ich habe einen Feind (hört! hört!),

      der mir des nachts die Ruhe stört, –

      auf den sollt ihr marschieren!

      Er hat Gelächter angestellt,

      die schickt er nachts mir an mein Bett,

      da hocken sie auf der Decke,

      mit Flügeln weiß und Flügeln rot,

      und krähn und flattern mich zu Tod. –

      Doch alles hat sein Ende.

      Die Pfiffe pfiffen wie e i n Mann;

      empfingen ihren Sold sodann.

      (Ein Schusterjungenpfiff sogar

      bot Wasmann sich als Bravo dar.)

      Drauf ließ er sie durchs Ofenloch …

      Doch lange stand er brütend noch,

      schrieb Zeichen, hob die Hand und schwur,

      ein schwarzer Meister der Natur …

      Bald nach diesem ging

      ein Herr Axel Ring

      kurzerhand

      außer Land. –

      Wasmann hatte gesiegt.

       Der Traum der Magd

      Am Morgen spricht die Magd ganz wild:

      »Ich hab heut nacht ein Kind gestillt –

      ein Kind mit einem Käs als Kopf –

      und einem Horn am Hinterschopf!

      Das Horn, o denkt euch, war aus Salz

      und ging zu essen, und dann –«

      »Halt’s –

      halt’s Maul!« so spricht die Frau, »und geh

      an deinen Dienst, Zä-zi-li-e!«

       Das Nasobēm

      Auf seinen Nasen schreitet

      einher das Nasobēm,

      von seinem Kind begleitet.

      Es steht noch nicht im Brehm.

      Es steht noch nicht im Meyer.

      Und auch im Brockhaus nicht.

      Es trat aus meiner Leyer

      zum ersten Mal ans Licht.

      Auf seinen Nasen schreitet

      (wie schon gesagt) seitdem,

      von seinem Kind begleitet,

      einher das Nasobēm.

       Anto-logie

      Im Anfang lebte, wie bekannt,

      als größter Säuger derG i g-ant.

      Wobei gig eine Zahl ist, die

      es nicht mehr gibt, – so groß war sie!

      Doch jene Größe schwand wie Rauch.

      Zeit gab’s genug – und Zahlen auch.

      Bis eines Tags, ein winzig Ding,

      derZ w ö l e f-ant das Reich empfing.

      Wo blieb sein Reich? Wo blieb er selb? –

      Sein Bein wird im Museum gelb.

      Zwar gab die gütige Natur

      denE l e f-anten uns dafür.

      Doch ach, der Pulverpavian,

      der Mensch, voll Gier nach seinem Zahn,

      erschießt ihn, statt ihm Zeit zu lassen,

      zumZ e h e n-anten zu verblassen.


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