Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman - Leni Behrendt


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eintrat. »Warum denn heute so früh?«

      »Weil ich es vor Sehnsucht nach dir nicht länger aushalten konnte«, ließ er sich schmunzelnd auf den Bettrand

      nieder. »Wie geht’s, geliebte Gertraude?«

      »Unverschämt gut, geliebtes Dickerchen. Steck die gestrenge Miene weg, meine Respektlosigkeit hört ja keiner. Rück lieber mit deinem Anliegen heraus.«

      »Wer sagt dir denn, daß ich eins habe?«

      »Mein sechster Sinn, Schwagerherz. Schieß los!«

      So sprach er denn über das, was er von anderen gehört und selbst beobachtet hatte. Sprach rückhaltlos, weil er wußte, daß er dieser Frau voll und ganz vertrauen konnte. Aufmerksam hörte sie zu und wischte sich, als er schwieg, über die nassen Augen.

      »Gott, so ein armes Wurm! Also los, ein Bett her, an die gegenüberliegende Wand gestellt, und dann hinein mit der kleinen Frau! Nun ab mit dir, schaff dein Sorgenkind her!«

      Eine halbe Stunde später wurde dann Lenore umgebettet, höchstpersönlich von der Oberschwester und dem Professor. Wenig später erschien dann auch sein Assistent Doktor Wilmar Hörse und fragte verschmitzt: »Gnädige Frau, ist das nun ein fürstliches Aufgebot oder nicht?«

      »Wenn Sie dabei sind, immer«, gab sie schlagfertig zurück.

      Doch dann nahm sie mal erst ihren »Zuwachs« in Augenschein und war nicht wenig überrascht. Sie griff nach Block nebst Drehstift, die auf dem Nachttisch lagen, und schrieb im Telegrammstil, während die anderen um die Kranke bemüht waren: Der kleinen Frau schon einmal begegnet. Anfang November. Saß auf dem Bahnhof im Wartesaal verschüchtert und weinend. Eine Woche verheiratet, wartete auf den Gatten. Hatte Hunger, gab ihr eine Schnitte ab. Wurde dann zutraulich, die übrigens bildhübsche Kleine, lachte sogar. Gerade da erschien der Herr Gemahl. Sprach von Gewissensbissen, weil er sie so lange warten ließ. Leider mußte ich fort zum Zug – aus!

      Diesen Zettel steckte Gertraude verstohlen dem Schwager zu, der ihn in die Kitteltasche gleiten ließ, Später las er ihn dann gemeinsam mit der Oberschwester und dem Assistenten, und dann sahen sie sich erst einmal betroffen an.

      »Au Backe!« sprach Wilmar als erster. »Ein Geheimnis umhüllt uns mit dunstigem Nebel.«

      »Durch den meine Schwägerin schon ihr Geisteslicht dringen lassen wird«, spann der Chef trockenen Tones den Faden weiter. »Außerdem werde ich dem guten Ralf, sofern ich seiner ansichtig werde, mal ein wenig die Daumenschrauben ansetzen.«

      *

      Es war am nächsten Tag gegen Abend, als es wieder an der Tür zum Allerheiligsten klopfte, wie die Zimmer des Professors; nebst dem der Oberschwester von der ganzen Belegschaft betitelt wurden. In der Annahme, daß es »Agathchen« wäre, denn kein anderer Sterblicher hätte es sich erlauben dürfen, unangemeldet ins Allerheiligste zu dringen, rief er sein kräftiges: Herein!

      Doch nicht die rundliche Gestalt mit dem Häubchen auf dem glattgescheitelten Haar trat durch die aufgehende Tür, sondern ein hochgewachsener Mann.

      »Ach, Sie sind es, Herr Doktor Skörsen«, sagte der Chef gedehnt, und der junge Arzt zuckte bei der formellen Anrede zusammen. »Ist gut, daß Sie da sind, ich habe mit Ihnen zu sprechen.«

      »Nicht mehr erforderlich, Herr Professor«, winkte der andere müde ab. »Ich bin von dem, was Sie mir sagen wollen, bereits unterrichtet.«

      »Wer tat es?«

      »Mein Hauswirt.«

      »Aha! Und was haben Sie zu Ihrer Entschuldigung vorzubringen?«

      »Nichts, Herr Professor.«

      Sehr bequem, wollte er unwirsch werden. Als er jedoch in das aufgewühlte Gesicht, in die schmerzverdunkelten Augen sah, da hielt er mit seiner schroffen Bemerkung zurück.

      »Nehmen Sie Platz!«

      Ralf tat’s. Lehnte sich in dem tiefen Sessel zurück und schloß die Augen. Sein hartgeschnittener Mund zuckte.

      Und da war es dem ihm gegenübersitzenden Mann, als ob er die warnende Stimme der Oberschwester hörte: Ei, Herr Professor, erst hören und dann, wenn mit Recht, verurteilen.

      »Kognak?« fragte er kurz.

      »Bitte.«

      »So, mehr gibt’s nicht«, erklärte Hollgart energisch, nachdem Ralf drei Glas des scharfen Getränks hinuntergestürzt hatte. Er brachte die Flasche in Sicherheit und betrachtete den anderen kopfschüttelnd.

      »Sie scheinen mir nicht zu knapp durcheinander zu sein, mein lieber Freund. Ich kann mir nicht helfen, ich finde mich in Ihnen einfach nicht zurecht. Sie sind doch sonst ein scharfsinniger Mensch, wie konnten Sie sich da bloß von zwei – äh, hm – so unverantwortlich blenden lassen? Hat die Gattin denn nie Klage über ihre Peiniger …«

      Bei dem Wort zuckte der junge Arzt zusammen, als hätte man ihm eine Ohrfeige versetzt. Hollgart, der es bemerkte, murmelte verlegen: »Entschuldigen Sie, bitte!«

      »Nichts zu entschuldigen, Sie haben ja recht«, kam es endlich bitter von den schmalen Männerlippen. »Daß ich meine Verblendung büßen muß, ist nur gerecht. Aber daß meine Frau so unsagbar darunter leiden mußte, das ist es, was mich fast wahnsinnig werden läßt.«

      Aufstöhnend beugte er sich vor, dabei die Fäuste in die Augen pressend. Und da hatte der Professor das Gefühl, als stülpe sich ihm der Magen um.

      »Aber, aber«, würgte er hervor. »Wie kann man nur? Sie sind doch ein Mann.«

      »Aber was für einer!« lachte Ralf hart auf. »Nämlich einer, der sich von zwei raffinierten Weiblichkeiten blauen Dunst vormachen läßt, wie Herr Warteck mir voller Empörung entgegenschrie. Ich kann dem Mann noch nicht einmal gram sein, er sprach die Wahrheit – eine grausame Wahrheit.«

      »Ralf, nun reißen Sie sich mal gefälligst zusammen! Ich kann Ihre Selbstvorwürfe ja verstehen, aber sie dürfen nicht in Verzweiflung ausarten. Ihre Frau lebt ja und wird gewiß nicht unversöhnlich sein.«

      »Doch, sie verachtet mich.«

      »Hat sie Ihnen das gesagt?«

      »Ja.«

      »Bei welcher Gelegenheit?«

      »Herr Professor, bitte!«

      »Nichts da, mein Lieber!« wurde der andere unwirsch. »Sie sind doch Arzt und müssen daher wissen, daß es Wunden gibt, bei denen man beherzt die Sonde ansetzen muß, wenn man sie zum Heilen bringen will. Also?«

      Da sprach der Mann mit müder, schleppender Stimme. Sagte alles, verschwieg auch das kleinste nicht. Als alles gesagt war, meinte Hollgart achselzuckend: »Da wundern Sie sich etwa noch darüber, daß Ihre Gattin Sie verachtet?«

      »Nein, jetzt nicht mehr, nachdem mir die Binde von den Augen gerissen wurde, die ich Trottel mir so arglos vertrauend umbinden ließ. Wie soll ich wohl Achtung von meiner Frau verlangen, der ich mich selbst verachten muß?«

      »Na ja, gewiß.« Der Professor räusperte sich, dem es aber auch gar nicht wohl in seiner Haut war. »Fehler macht ja schließlich jeder, sonst wären wir ja keine fehlerhaften Menschen. Wie heißt es im Horaz: Niemand wird ohne Fehler geboren, der Beste ist, den die kleinsten drücken.«

      »Nun, klein sind die meinen doch wahrlich nicht.«

      »Aber auch nicht unverzeihlich.«

      »Gebe Gott, daß meine Frau genauso denkt oder wenigstens mit der Zeit denken lernt.«

      »Wird sie schon, sie ist ja noch so jung. Und nun mal eine Frage: Wußten Sie wirklich nicht, daß Ihre Gattin sich – äh, hm – in gesegneten Umständen befand?«

      »Nein. Ich konnte mich ja gerade in letzter Zeit so wenig um sie kümmern, weil ich beruflich so völlig in Anspruch genommen war. Und dennoch … Ach, was soll man noch viel darüber reden, verpfuscht bleibt verpfuscht.«

      »Hören


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