Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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sind ver­hei­ra­tet. Aber des­halb braucht man sich doch nicht so zu be­ei­len. Wa­rum konn­ten Sie nicht ein biss­chen war­ten, so wie ich? Ich will auch hei­ra­ten, aber erst als al­ter Mann, wenn ich über­all ge­we­sen bin.«

      Im Schutz der Zie­gen­in­sel hol­te er das Se­gel ein, wäh­rend Sa­xon still­sit­zen muss­te, und als das Boot so weit mit der Strö­mung ge­trie­ben war, wie er es für rich­tig hielt, ließ er einen win­zi­gen An­ker fal­len. Dann hol­te er An­gel­schnü­re her­aus und zeig­te Sa­xon, wie sie den aus ge­sal­ze­nen El­rit­zen be­ste­hen­den Kö­der am Ha­ken be­fes­ti­gen soll­te.

      »Sie wer­den schon bald kom­men«, sag­te er er­mu­ti­gend. »Es ist nur zwei­mal vor­ge­kom­men, dass ich hier nicht eine Men­ge ge­fan­gen habe. Was mei­nen Sie, wol­len wir nicht es­sen, wäh­rend wir war­ten?«

      Sie pro­tes­tier­te und sag­te, dass sie nicht hung­rig sei; aber es half ihr nichts. Mit dem für Kna­ben ei­gen­tüm­li­chen Ge­rech­tig­keits­sinn teil­te er sein Früh­stück in zwei gleich­große Tei­le und gab ihr den einen, ein­schließ­lich ei­nes hal­b­en hart­ge­koch­ten Eis und ei­nes hal­b­en großen, ro­ten Ap­fels.

      Aber die Fi­sche woll­ten im­mer noch nicht an­bei­ßen, und so nahm er ein Buch her­aus, das er ach­tern im Boot auf­be­wahrt hat­te.

      »Volks­bi­blio­thek«, er­klär­te er, und dann be­gann er zu le­sen, wäh­rend er mit der einen Hand das Buch auf­ge­schla­gen hielt und mit der an­de­ren den Ruck ab­war­te­te, den das An­bei­ßen der Fi­sche der Schnur mit­tei­len soll­te.

      Sa­xon las den Ti­tel. Er lau­te­te: »Auf dem Floß durch die Wäl­der.«

      »Hö­ren Sie nur«, sag­te er nach ei­ni­gen Mi­nu­ten und las die meh­re­re Sei­ten lan­ge Be­schrei­bung ei­nes großen Ur­wald­flus­ses, auf dem ei­ni­ge Kna­ben mit ei­nem Floß her­um­fuh­ren.

      »Den­ken Sie nur!« schloss er. »Das ist der Ama­zo­nen­strom in Süd­ame­ri­ka bei Hoch­was­ser, und die Welt ist voll von sol­chen Or­ten – über­all – viel­leicht mit Aus­nah­me von Oa­k­land. Aber Oa­k­land ist ein gu­ter Start­platz, glau­be ich. Se­hen Sie, das ist das Aben­teu­er, sage ich Ih­nen. Und den­ken Sie, wel­ches Glück die­se Jun­gen ha­ben! Aber ich gehe doch noch ein­mal über die An­den nach der Quel­le des Ama­zo­nen­stroms, durch das Gum­mi­land und fah­re den Ama­zo­nen­strom vie­le tau­send Mei­len weit hin­auf bis zur Mün­dung, wo er so breit ist, dass man nicht von ei­nem Ufer bis zum an­de­ren se­hen kann, und wo man hun­dert Mei­len vom Land ent­fernt Süß­was­ser aus dem Mee­re schöp­fen kann.«

      Aber Sa­xon hör­te nicht zu. Ein ein­zel­ner Satz hat­te sich in ih­ren Ge­dan­ken fest­ge­setzt und er­hielt eine be­son­de­re Be­deu­tung für sie. Oa­k­land ist ein gu­ter Start­platz. In die­sem Licht hat­te sie die Stadt noch nicht ge­se­hen. Sie hat­te sie als einen Ort be­trach­tet, wo man woh­nen muss­te, als et­was, das Selbst­zweck war. Aber als Start­platz? Ja, warum nicht? War es nicht wie eine Ei­sen­bahn­sta­ti­on oder eine Fähr­stel­le? Wie die Ver­hält­nis­se la­gen, wohn­te es sich wirk­lich nicht gut in Oa­k­land. Der Jun­ge hat­te recht. Es war ein gu­ter Start­platz. Aber wo­hin? Hier wur­den ihre Ge­dan­ken durch einen kräf­ti­gen Ruck und meh­re­re Zu­ckun­gen der Schnur ab­ge­lenkt. Sie be­gann sie schnell und ge­wandt ein­zu­zie­hen, wäh­rend der Jun­ge sie er­mun­ter­te, bis der Ha­ken mit dem Lot und ein großer, nach Luft schnap­pen­der Dorsch zap­pelnd auf den Bo­den des Boo­tes fie­len. Der Fisch wur­de vom Ha­ken ge­nom­men, sie be­fes­tig­te neu­en Kö­der dar­an und warf die Schnur ins Was­ser. Der Jun­ge leg­te ein Le­se­zei­chen in das Buch und schloss es.

      »Sie wer­den bald eben­so schnell an­bei­ßen, wie wir sie ein­zie­hen kön­nen«, sag­te er.

      Aber die großen Fisch­men­gen ka­men nicht gleich.

      »Ha­ben Sie je etwa Ka­pi­tän May­ne Reid ge­le­sen?« frag­te er. »Oder von Ka­pi­tän Mar­ryatt? Oder von Ballan­ty­ne?«

      Sie schüt­tel­te den Kopf.

      »Ich sage Ih­nen, es gibt Mas­sen da­von in der Volks­bi­blio­thek. Ich habe zwei Kar­ten, eine für mei­ne Mut­ter und eine für mich selbst, und ich hole sie im­mer nach der Schu­le, ehe ich die Zei­tun­gen aus­tra­ge. Ein­mal, als ich bei der Zwei­ten und der Mar­ke­stra­ße Zei­tun­gen aus­trug – es sind schreck­li­che But­jers dort – ge­riet ich in eine Prü­ge­lei mit dem An­füh­rer ei­ner Ban­de. Er schlug auf mich los, um mir die Luft zu neh­men, und hieb mit der Faust ge­ra­de auf mein Buch. Sie hät­ten sein Ge­sicht se­hen sol­len! Und dann ging ich auf ihn los. Und da woll­ten alle an­de­ren über mich her­fal­len, aber ein paar For­mer ka­men dazu und pass­ten auf, dass al­les rich­tig zu­ging. Ich gab ih­nen die Bü­cher zu hal­ten.«

      »Und wer sieg­te?« frag­te Sa­xon.

      »Kei­ner«, gab der Kna­be wi­der­stre­bend zu. »Ich glau­be, ich hät­te ihn ver­mö­belt, aber die For­mer sag­ten, es sei un­ent­schie­den, denn die Po­li­zei kam da­zwi­schen.«

      Er un­ter­brach sich plötz­lich und be­gann, die Schnur ein­zu­zie­hen. Sa­xon zog auch ihre Schnur ein, und in den nächs­ten zwei Stun­den fin­gen sie ge­mein­sam zwan­zig Pfund Fi­sche.

      Abends, lan­ge nach Ein­bruch der Dun­kel­heit, fuhr die klei­ne Jol­le mit dem Halb­deck in das Oa­k­lan­der Del­ta ein. Der Wind war gut, aber nicht sehr stark, und das Boot be­weg­te sich nur lang­sam. Im Kiel­was­ser schlepp­ten sie einen großen Pfahl, den der Jun­ge auf­ge­fischt hat­te. Die Wel­len glit­ten gleich­mä­ßig im Schein des Voll­monds da­hin, und Sa­xon er­kann­te die ein­zel­nen Punk­te, an de­nen sie vor­bei­ka­men – die Fähr­stel­le, San­dy Be­ach, die Werf­ten. Der Jun­ge lenk­te die Jol­le an einen ver­fal­le­nen Kai, wo Schu­ten mit ih­rer Last aus Sand und Kies in ei­ner lan­gen Rei­he an Land ge­zo­gen wa­ren. Er woll­te durch­aus, dass sie die Fi­sche teil­ten, weil Sa­xon ihm beim Fang ge­hol­fen hat­te, gleich­zei­tig aber er­klär­te er ihr aus­führ­lich die Ge­set­ze für Wrack­gut, um ihr zu be­wei­sen, dass der Pfahl ihm al­lein ge­hör­te.

      An der Ecke trenn­ten sie sich, und Sa­xon ging al­lein mit ih­ren Fi­schen heim. Ob­wohl sie müde nach dem lan­gen Tage war, hat­te sie doch ein merk­wür­di­ges Ge­fühl von Wohl­be­fin­den, und nach­dem sie die Fi­sche ge­putzt hat­te, schlief sie ein. Noch im letz­ten Au­gen­blick dach­te sie, ob sie wohl, wenn bes­se­re Zei­ten ka­men, Bil­ly über­re­den könn­te, ei­nes Sonn­tags ein Boot zu mie­ten und mit ihr hin­aus­zu­se­geln, wie sie heu­te drau­ßen ge­we­sen war.

      *

      Sie schlief die gan­ze Nacht, ohne sich zu rüh­ren, ohne zu träu­men, und er­wach­te ganz nor­mal und zum ers­ten Mal seit vie­len Wo­chen von ih­rem Schlaf er­frischt. Sie hat­te das Ge­fühl, als sei eine schwe­re Last von ih­ren Schul­tern ge­nom­men oder ein Schat­ten ent­fernt wor­den, der zwi­schen ihr und der Son­ne ge­stan­den hat­te. Ihr Kopf war klar. Der ei­ser­ne Reif, der ihn so hart um­presst hat­te, war ver­schwun­den. Sie war froh und hei­ter. Sie er­tapp­te sich so­gar da­bei, wie sie laut träl­ler­te, wäh­rend sie die Fi­sche in drei Por­tio­nen teil­te – eine für Frau Ol­sen, eine für Mag­gie Do­na­hue und eine für sich. Sie freu­te sich auf die Un­ter­hal­tung mit ih­nen, und als sie wie­der heim­kam, be­gann sie in gu­ter Lau­ne in ih­rem ver­nach­läs­sig­ten Haus Ord­nung zu schaf­fen. Sie sang bei der Ar­beit, und die gan­ze Zeit tanz­te das Zau­ber­wort des Jun­gen wie ein fun­keln­der Ein­schlag zwi­schen den Tö­nen: Oa­k­land ist ein gu­ter Start­platz.

      Al­les


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