Gesammelte Werke. Джек Лондон
sein. Nun ja! Aber es ist nun doch komisch, dass ich nicht einschlafen kann. Ich wünschte, das verfluchte Ding hielte das Maul. Ich möchte wissen, ob es eine Klapperschlange ist.«
»Nein, das kann es unmöglich sein«, sagte Saxon bestimmt. »Alle Klapperschlangen sind längst totgeschlagen.«
»Aber wo hat Bosco seine denn her?« fragte Billy mit unangreifbarer Logik. »Und warum schläfst du nicht ein?«
»Das kommt wohl, weil alles so neu ist«, lautete die Antwort. »Siehst du, ich habe noch nie im Leben unter freiem Himmel geschlafen.«
»Ich auch nicht. Und ich habe immer geglaubt, es sei ein reines Vergnügen.« Er wechselte die Lage, aber der Sand blieb hart, wie er sich auch wandte und drehte. Er seufzte tief. »Mit der Zeit können wir uns wohl auch daran gewöhnen. Was andere Menschen können, das können wir auch, und es gibt eine Menge Menschen, die unter freiem Himmel geschlafen haben. Es ist etwas sehr Gutes. Wir sind so frei wie die Vögel in der Luft, wir haben keine Miete zu bezahlen und sind unsere eigenen Herren.«
Er hielt plötzlich inne. Irgendwo im Gebüsch ertönte ein warnendes Rascheln. Als sie herauszufinden versuchten, wo es herkam, hörte es ganz unerklärlicherweise wieder auf, aber jedes Mal, wenn sie schläfrig wurden, begann das geheimnisvolle Rascheln wieder.
»Das klingt, als wolle sich jemand an uns anschleichen«, sagte Saxon und schmiegte sich enger an Billy.
»Nun ja, jedenfalls keine Indianer, das wissen wir doch«, war das einzige, womit er sie trösten konnte. Dann gähnte er. »Ach was! Was haben wir zu befürchten? Denk an das, was die Pioniere durchmachen mussten.« Einige Minuten später begannen seine Schultern zu zittern, und Saxon wusste, dass er lachte.
»Mir fiel eine Geschichte ein, die mein Vater mir so oft erzählt hat«, erklärte er. »Von der alten Susan Kleghorn – einer der Pionierinnen in Oregon. Die blinde Susan nannte man sie – aber sie konnte schießen, dass keiner es ihr nachmachte. In der Prärie wurde einmal der Wagenzug, in dem sie sich befand, von Indianern überfallen. Alle Wagen wurden im Kreise aufgestellt, und alle Menschen und Ochsen standen innerhalb des Kreises, und sie trieben die Indianer in die Flucht und töteten eine Menge von ihnen. Sie waren zu stark, als dass die Indianer ihnen auf die Art beikommen konnten, aber da kamen sie auf die Idee, zwei Mädchen, die sie in einem anderen Lager gefangen hatten, zu holen und zu foltern, um die anderen ins Freie zu locken. Sie stellten sie eben außer Schussweite auf, aber so, dass alle es sehen konnten. Ihr Gedanke war, dass die Weißen es nicht ertragen könnten und auf sie losgehen würden, und dann hatten die Indianer sie in der Falle.
Die Weißen konnten nichts machen. Wenn sie hinausgingen, um die Mädchen zu retten, waren sie erledigt, denn dann gingen die Indianer auf die Wagen los. Es war der gewisse Tod für sie alle. Aber die alte Susan, sie nimmt eine alte Kentuckybüchse mit einem langen Lauf. Sie tut ungefähr dreimal so viel Pulver hinein, wie zu einem gewöhnlichen Schuss gehört, zielt auf einen großen Indianer, der sich besonders eifrig damit abgibt, die Mädchen zu foltern, und knallt los. Als der Schuss losging, fiel sie hintenüber, und sie war ganz lahm in der Schulter, bis sie nach Oregon kamen, aber sie traf doch den großen Indianer, dass er für diesmal fertig war. Er bekam nie Zeit darüber nachzudenken, was an ihm entzwei gegangen war.
Nun, die Geschichte wollte ich eigentlich nicht erzählen. Aber die alte Susan hatte eine mächtige Schwäche für Whisky. Sobald sie eine Gelegenheit fand, trank sie sich von Sinnen. Und ihre Söhne und Töchter und der Alte mussten tüchtig aufpassen, dass sie nichts stehen ließen, sodass sie es zu fassen kriegte. Aber eines Tages mussten sie alle irgend etwas besorgen – irgendwo in der Nähe von etwas, das Bodega hieß, wo sie sich nach ihrer Ankunft aus Oregon niedergelassen hatten. Und die alte Susan behauptete, die Gicht plagte sie so, dass sie nicht mitgehen könnte. Aber die Familie war ebenso klug. Sie sagten, sie sollte tun, was sie wollte, und ehe sie gingen, musste einer der Enkel in einen großen Baum bei der Scheune im Hof klettern und das Fass sechzig Fuß über der Erde festbinden. Als sie aber am Abend heimkamen, lag doch die alte Susan vollkommen betrunken in der Küche.«
»Da war sie also auf den Baum geklettert«, meinte Saxon, als Billy keine Miene machte, fortzufahren.
»Nein, das hatte sie nicht getan«, sagte er mit einem triumphierenden Lachen. »Sie stellte einfach einen Waschzober auf die Erde, gerade unter dem Whiskyfass, dann nahm sie ihre alte Büchse und schoss das Fass in Stücke, dass sie nur den Whisky aus dem Zober auszulecken brauchte.«
Saxon wollte gerade wieder einschlafen, als das Rascheln von neuem ertönte, diesmal näher. In ihrer Fantasie hatte das Geräusch etwas Schleichendes, und sie bildete sich ein, dass es ein Raubtier sei, das sie überfallen wollte.
»Billy«, flüsterte sie.
»Ja, ich lausche«, lautete seine Antwort – er war auch wach.
»Meinst du nicht, dass das ein Panther sein kann, oder vielleicht eine Wildkatze?« –
»Das ist unmöglich. Das Zeugs ist alles längst totgeschlagen. Hier ist friedliches Ackerland.«
Ein verirrter Windhauch bewegte seufzend die Zweige der Bäume, und Saxon zitterte. Das Zirpen der Grille hörte mit verdächtiger Plötzlichkeit auf. Dann wurde das raschelnde Geräusch von einem dumpfen, schweren Klopfen abgelöst, das Saxon sowohl wie Billy sich in ihren Decken aufsetzen ließ. Dann hörte man nichts mehr, und sie legten sich wieder nieder, obwohl jetzt die Stille selbst unheilverkündend schien.
»Hm«, murmelte Billy erleichtert. »Jetzt weiß ich doch, was es war. Ein Kaninchen. Ich habe zahme Kaninchen genau ebenso mit den Hinterbeinen auf die Erde trommeln hören.«
Saxon versuchte vergebens, einzuschlafen. Mit der Zeit wurde der Sand immer härter. Ihr ganzer Körper schmerzte bei der bloßen Berührung. Und wenn auch ihr gesunder Menschenverstand jeder Möglichkeit einer Gefahr hier im Freien spottete, so wurde ihre Fantasie doch nie müde, sie sich auszumalen. Da kam ein neues Geräusch. Es war weder Rascheln noch Klopfen, aber es klang fast, als bewegte sich ein großer Körper durch das Gebüsch. Sie konnten Zweige knicken und brechen hören, und einmal hörten sie, wie die Zweige im Gebüsch beiseite gebogen wurden und wieder zurücksprangen.
»Wenn das etwas anderes als ein Panther ist, dann ist es ein Elefant«, war Billys wenig erheiternde Auffassung der Situation. »Das ist ein mächtiger Teufel. Hör nur! Und er kommt immer näher!«
Häufige Pausen traten ein, aber jedes Mal begann das Geräusch wieder, immer lauter und immer näher. Billy setzte sich wieder auf, den einen Arm um Saxon geschlungen, die sich gleichfalls