Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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und sie hat­te ihr auch er­zählt, dass die Kom­mo­de ur­sprüng­lich mit ih­rer Fa­mi­lie aus Eng­land ge­kom­men war, und zwar zu ei­ner Zeit, die vor der Ge­burt Ge­or­ge Wa­shing­tons lag.

      Sa­xon mach­te Mie­ne, ih­ren Hut ab­zu­neh­men, statt­des­sen aber setz­te sie sich auf das Bett. Sie wein­te lei­se, da­mit nie­mand es hö­ren soll­te, aber die schlechts­chlie­ßen­de Tür ging ge­räusch­los auf, und beim Klang der Stim­me ih­rer Schwä­ge­rin fuhr Sa­xon zu­sam­men.

      »Was ist jetzt wie­der mit dir los? Wenn die Boh­nen dir nicht schmeck­ten –«

      »Nein, nein«, er­klär­te Sa­xon schnell. »Ich bin nur müde, das ist al­les, und die Füße tun mir weh. Ich hat­te kei­nen Hun­ger, Sa­rah. Ich bin nur so er­schöpft.«

      »Wenn du das gan­ze Haus zu be­sor­gen hät­test«, lau­te­te die Ant­wort, »und ko­chen und ba­cken und wa­schen soll­test und so viel um die Ohren hät­test wie ich – dann hät­test du einen Grund, er­schöpft zu sein. Du kannst la­chen! Aber war­te nur.« Sa­rah hielt einen Au­gen­blick inne und grins­te bos­haft. »War­te nur, sage ich, denn ei­nes schö­nen Ta­ges bist du schon dumm ge­nug, zu hei­ra­ten wie ich, und dann kommst du an die Rei­he. Kin­der kom­men, Kin­der und Kin­der und Kin­der – und kei­ne Bäl­le mit Sei­den­st­rümp­fen und drei Paar Schu­hen auf ein­mal. Du hast es wie der Dot­ter im Ei – an kei­nen zu den­ken als an dein ei­ge­nes teu­res Ich – und da­bei all die Laf­fen, die um dich her­um­schwän­zeln und dir von dei­nen schö­nen Au­gen er­zäh­len. Huh! Ei­nes schö­nen Ta­ges hängst du dich an einen von ih­nen, und dann wirst du viel­leicht zur Ab­wechs­lung Ge­le­gen­heit ha­ben, mit ein paar blau­en Au­gen her­um­zu­lau­fen.«

      »Sag das nicht, Sa­rah«, pro­tes­tier­te Sa­xon. »Mein Bru­der hat dich nie ge­schla­gen, das weißt du gut.«

      »Nein, was tut er über­haupt? Er hat nie Grüt­ze im Kopf ge­habt, aber er ist nun auch viel bes­ser als das Pack, mit dem du her­um­läufst, wenn er auch nicht ge­nug ver­dient, um or­dent­lich zu le­ben und sei­ner Frau drei Paar Schu­he zu kau­fen. Vi­el­leicht sind die Mäd­chen heut­zu­ta­ge klü­ger, was weiß ich? Aber das weiß ich je­den­falls, dass es ei­nem jun­gen Mäd­chen mit drei Paar Schu­hen, das nur an ihr Ver­gnü­gen denkt, ein­mal schlecht ge­hen wird, das kann ich dir er­zäh­len. In mei­ner Ju­gend war es an­ders. Mei­ne Mut­ter hät­te mich schön beim Schla­fitt­chen ge­nom­men, wenn ich es ge­macht hät­te wie du, und sie hat­te recht, das ist so si­cher, wie heu­te al­les in der Welt ver­kehrt ist. Sieh dei­nen Bru­der an – zu So­zia­lis­ten­ver­samm­lun­gen ren­nen und all den Quatsch an­hö­ren, das kann er, und all die Ex­tra­aus­ga­ben für ihre Ge­werk­schaf­ten, die den Kin­dern nur das Brot aus dem Mun­de neh­men, statt da­für zu sor­gen, gut mit sei­nen Vor­ge­setz­ten zu ste­hen. Für das Geld, das er für all das aus­gibt, könn­te er mir leicht sieb­zehn Paar Schu­he jähr­lich ge­ben, wenn ich dumm ge­nug wäre, mir et­was dar­aus zu ma­chen. Aber ei­nes schö­nen Ta­ges, ja, du wirst se­hen, kommt er ins Loch, und was sol­len wir dann tun? Wie soll ich fünf Mäu­ler fül­len, wenn nichts da ist?«

      Sie hielt inne, um Luft zu schöp­fen, war aber of­fen­bar bis zum Ran­de mit neu­en Ti­ra­den ge­füllt.

      »Ach, Sa­rah, könn­test du nicht die Tür schlie­ßen?« bat Sa­xon.

      Die Tür schlug mit ei­nem Krach zu, und wäh­rend Sa­xon sich wie­der wei­nend aufs Bett setz­te, hör­te sie ihre Schwä­ge­rin in der Kü­che her­um­ru­mo­ren und lau­te Selbst­ge­sprä­che füh­ren.

      *

      Sie be­zahl­ten jede ihre Ein­tritts­kar­te am Ein­gang zum Wea­sel-Park, und bei­de wa­ren sich ganz klar dar­über, wie viel Stück Fein­wä­sche der hal­be Dol­lar, den es kos­te­te, dar­stell­te. Es war noch früh am Tage, so­dass die Leu­te erst spär­lich ka­men, aber die Mau­rer rück­ten schon mit ih­ren Fa­mi­li­en an, mit mäch­ti­gen Früh­stücks­kör­ben und ei­ner gan­zen Schar klei­ner Kin­der be­la­den – eine ge­sun­de, un­kul­ti­vier­te Ras­se von Ar­bei­tern, gut ge­lohnt und kräf­tig er­nährt. Auch Groß­vä­ter und Groß­müt­ter sah man un­ter ih­nen, leicht kennt­lich in der Men­ge trotz ih­rer gu­ten ame­ri­ka­ni­schen Klei­dung. Sie wa­ren auch lan­ge nicht so gut ge­nährt, und es war leicht zu se­hen, dass das nicht vom Al­ter al­lein kam, son­dern von schwe­ren Zei­ten und viel­jäh­ri­ger, müh­se­li­ger Ar­beit im al­ten Ir­land, wo sie das Licht der Welt er­blickt hat­ten. Zufrie­den­heit und Stolz stan­den in ih­ren Ge­sich­tern zu le­sen, wie sie ne­ben ih­rer kräf­ti­gen Nach­kom­men­schaft da­hin­hum­pel­ten, die mit kräf­ti­ge­rer Kost er­nährt war.

      Es wa­ren nicht die­se Men­schen, zu de­nen Mary und Sa­xon ge­hör­ten. Sie kann­ten sie nicht und hat­ten kei­ne Freun­de un­ter ih­nen. Ih­nen war gleich­gül­tig, wer Fes­te fei­er­te, Ir­län­der, Deut­sche, Sla­wo­nen; Mau­rer, Brau­er, Schläch­ter – für sie kam al­les auf eins hin­aus. Sie, die Mäd­chen, ge­hör­ten zu dem tan­zen­den Pub­li­kum, das der Kas­se einen ge­wis­sen Pro­zent­satz zu­führ­te, mit dem man bei al­len Fes­ten rech­ne­te.

      Sie schlen­der­ten zwi­schen den Bu­den um­her, wo es aus An­lass des Ta­ges ge­rös­te­te Af­fen­nüs­se und ge­mah­le­ne Mais­kör­ner gab, und gin­gen dann, um den Tanz­bo­den in Au­gen­schein zu neh­men. Sa­xon klam­mer­te sich an einen ein­ge­bil­de­ten Ka­va­lier und ver­such­te ein paar Wal­zer­schrit­te. Mary klatsch­te in die Hän­de.

      »Gott!« rief sie. »Du bist di­rekt groß­ar­tig. Und die St­rümp­fe sind fein!«

      Sa­xon lä­chel­te zu­frie­den und streck­te den Fuß vor – sie trug klei­ne Samt­schu­he mit ho­hen Ku­ba­ner Ab­sät­zen – hob ein we­nig das enge schwar­ze Kleid und zeig­te eine rei­zen­de Fes­sel und eine fein­ge­run­de­te Wade, de­ren wei­ße Haut durch die al­ler­dünns­ten und durch­sich­tigs­ten schwar­zen Sei­den­st­rümp­fe zu fünf­zig Cent das Paar leuch­te­te. Sie war schlank, nicht groß, hat­te aber aus­ge­prägt weib­lich run­de For­men. Auf ih­rer wei­ßen Blu­se trug sie ein plis­sier­tes Ja­bot aus bil­li­ger Spit­ze, über der Blu­se ein fe­sches klei­nes Jackett und dazu imi­tier­te Wild­le­der­hand­schu­he. Echt wa­ren hin­ge­gen die Lo­cken, die, ganz un­be­kannt mit der Brenn­sche­re, un­ter dem ko­ket­ten klei­nen schwar­zen Samt­hut her­vor­guck­ten, der ihre Au­gen be­schat­te­te. Die dunklen Au­gen Ma­rys fun­kel­ten vor Freu­de. Mit ei­nem ra­schen klei­nen An­lauf schlang sie die Arme um die Freun­din, press­te sie an sich und küss­te sie. Dann ließ sie sie wie­der los, über ihre ei­ge­ne Tor­heit er­rö­tend.

      »Du siehst glän­zend aus«, rief sie, wie um sich zu ent­schul­di­gen. »Wenn ich ein Mann wäre, könn­te ich die Hän­de nicht von dir las­sen. Ich wür­de dich fres­sen, ganz be­stimmt.«

      Hand in Hand ver­lie­ßen sie den Tanz­bo­den und schlen­der­ten durch den Son­nen­schein. Vor lau­ter Ver­gnü­gen schwan­gen sie die Hän­de und re­van­chier­ten sich reich­lich für die ver­nich­ten­de Qual der Wo­che. Sie lehn­ten sich über das Ge­län­der des Bä­renzwin­gers, schau­der­ten beim An­blick des ge­wal­ti­gen ein­sa­men Gas­tes und lach­ten zehn Mi­nu­ten lang vor dem Af­fen­kä­fig. Dann gin­gen sie über die Ra­sen­flä­che und guck­ten un­ter­wegs in die klei­ne Are­na hin­ab, die auf dem Grun­de ei­nes na­tür­li­chen Am­phi­thea­ters lag, wo die Kampf­spie­le des Nach­mit­tags statt­fin­den soll­ten. Dann mach­ten sie Ent­de­ckungs­rei­sen zwi­schen den La­by­rin­then und Pfa­den des Par­kes, wo sie be­stän­dig auf neue


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