Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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Lied, hüp­fend und kit­zelnd. Ihre großen Au­gen wur­den noch grö­ßer. Als sie fer­tig war, sah sie Sa­xon an, als woll­te sie ihre Mei­nung hö­ren.

      »Das ge­fällt mir nicht so gut«, sag­te Sa­xon.

      Mer­ce­des zuck­te die Ach­seln.

      »Je­des zu sei­ner Zeit, klei­ne Frau. Es gibt Zei­ten; da Män­ner mit Wein be­rauscht wer­den müs­sen, es gibt Zei­ten, da Män­ner mit Lie­dern be­rauscht wer­den müs­sen, so selt­sam sie sind. La la, es gibt so vie­le Ar­ten, so vie­le Ar­ten. Auch Ihre fei­ne Wä­sche ge­hört dazu, mein Mä­del­chen. Die ist auch ein Zau­ber. Kein Fi­scher auf der See hat mehr Fi­sche in sei­nem Netz ge­fan­gen als wir Frau­en mit un­serm Putz. Sie sind auf dem rich­ti­gen Wege. Ich habe ge­se­hen, wie Män­ner von Un­ter­wä­sche ge­fan­gen wur­den, die we­der schö­ner noch fei­ner war als die, wel­che Sie zum Trock­nen auf­ge­hängt ha­ben.

      Ich sag­te, dass das Wa­schen von fei­nen Din­gen eine Kunst sei. Aber nur als Zweck. Die größ­te al­ler Küns­te ist, Män­ner zu er­obern. Lie­be ist die Sum­me al­ler Küns­te und die Exis­tenz­be­rech­ti­gung je­der Kunst. Hö­ren Sie mich an! Zu al­len Zei­ten, in al­len Zeit­al­tern hat es große, klu­ge Frau­en ge­ge­ben. Es war nicht nö­tig, dass sie schön wa­ren. Ihre Klug­heit war mehr wert als Frau­en­schön­heit. Die Fürs­ten und Mäch­ti­gen der Erde beug­ten sich vor ih­nen. Völ­ker kämpf­ten, Rei­che gin­gen un­ter um ih­ret­wil­len. Re­li­gio­nen er­stan­den um sie. Aphro­di­te, Astar­te, Göt­tin­nen der Nacht – hö­ren Sie von ih­nen, klei­ne Frau, hö­ren Sie von den großen Frau­en, die Wel­ten von Män­nern er­ober­ten.«

      Und Sa­xon lausch­te vol­ler Ver­wun­de­rung auf die­ses Wirr­warr, des­sen selt­sa­mer, zu­wei­len sinn­lo­ser In­halt mit un­kla­rer, ge­heim­nis­vol­ler Be­deu­tung ge­la­den war. Es war, als fing sie einen Schim­mer von Ab­grün­den, die von un­sag­ba­rem, un­nenn­ba­rem Wis­sen von ge­setz­lo­sen, schreck­li­chen Din­gen er­zähl­ten. Die Rede der al­ten Frau, heiß und bren­nend, war wie ein La­va­strom, und eine tie­fe Röte er­goss sich über Sa­x­ons Wan­gen, Stirn und Hals. Sie zit­ter­te vor Angst, einen Au­gen­blick wur­de ihr schlecht und sie glaub­te, ohn­mäch­tig zu wer­den; es war, als gin­ge ihr Hirn durch. Aber los­zu­rei­ßen ver­moch­te sie sich nicht. Das Näh­zeug sank in ih­ren Schoß, und sie starr­te ver­lo­ren, wie un­ter ei­nem furcht­ba­ren Alp, vor sich hin. Als sie end­lich fühl­te, dass sie es nicht mehr er­tra­gen konn­te, als sie sich schon die tro­ckenen Lip­pen be­feuch­tet hat­te, um es her­aus­zu­schrei­en, hielt Mer­ce­des inne.

      »Und hier en­det die ers­te Stun­de«, sag­te sie voll­kom­men ru­hig. Und im sel­ben Au­gen­blick brach sie in ein La­chen aus, das Sa­xon schmerz­te. »Was gibt es? Habe ich Sie er­schreckt?«

      »Ich fürch­te mich«, stam­mel­te Sa­xon, der die Trä­nen im Hal­se sa­ßen. »Sie ma­chen mir ban­ge. Ich bin sehr dumm. Ich weiß so we­nig, und ich habe mir nie et­was hier­von träu­men las­sen.«

      Mer­ce­des nick­te ver­ständ­nis­voll.

      »Ja, da kann man sich auch fürch­ten«, sag­te sie. »Es ist fei­er­lich; es ist schreck­lich; es ist groß­ar­tig!«

      *

      Sa­xon war im­mer klar­sich­tig ge­we­sen, wenn ihr Ho­ri­zont auch be­grenzt ge­we­sen war. Klar­sich­tig war sie ge­we­sen seit den Kin­der­jah­ren, die sie bei dem Gast­wirt Cady und sei­ner gut­mü­ti­gen, aber un­mo­ra­li­schen Frau ver­bracht hat­te, sie hat­te vie­les be­ob­ach­tet und spä­ter eine ge­wis­se all­ge­mei­ne Leh­re von dem Ver­hält­nis zwi­schen Mann und Frau dar­aus ge­zo­gen. Sie kann­te das Pro­blem, das nach der Ehe ent­steht – näm­lich: sich die Lie­be des Man­nes zu be­wah­ren – das nur we­ni­ge Frau­en, gleich­gül­tig wel­cher Klas­se, ken­nen, und sie kann­te auch das Pro­blem, das der Ehe vor­aus­geht, das Pro­blem, sich einen Mann zu wäh­len, wie nur we­ni­ge jun­ge Mäd­chen der ar­bei­ten­den Klas­se es kann­ten.

      Sie hat­te sich auf ei­ge­ne Faust eine au­ßer­or­dent­lich ver­nünf­ti­ge Theo­rie über die Lie­be ge­bil­det. In­stink­tiv und doch halb be­wusst hat­te sie die Ge­fah­ren ge­mie­den, die ent­ste­hen, so­bald et­was ge­wohn­heits­mä­ßig und all­täg­lich wird. Nie hat­te Bil­ly sie in den Wo­chen, die ihre Ehe jetzt dau­er­te, nach­läs­sig ge­klei­det oder ver­drieß­lich ge­se­hen. Und sie hat­te be­wusst da­für ge­sorgt, dass die At­mo­sphä­re von Küh­le, Fri­sche und Gleich­ge­wicht, die über ihr sel­ber lag, sich auch auf das gan­ze Heim ver­brei­te­te. Es hat­te ihr auch nicht an Ver­ständ­nis für den Wert von Be­grif­fen wie Über­ra­schung und An­mut ge­fehlt. Ihre Fan­ta­sie hat­te nicht ge­schla­fen, und sie war von der Na­tur mit Klug­heit be­gna­det. Sie hat­te das große Los in der Lot­te­rie ge­zo­gen, als sie Bil­lys Lie­be ge­wann, und sie wuss­te es. Sie wuss­te, dass er ein star­ker Lieb­ha­ber war, und dar­auf war sie stolz. Sei­ne Frei­ge­big­keit, sein Wunsch, ihr das Bes­te von al­lem zu ver­schaf­fen, sei­ne per­sön­li­che Sau­ber­keit und Zu­ver­läs­sig­keit er­ho­ben ihn weit über das üb­li­che Maß. Er war nie plump. Er be­geg­ne­te Fein­ge­fühl mit Fein­ge­fühl, wenn ihr auch ein­leuch­te­te, dass die Ini­tia­ti­ve in al­len die­sen Punk­ten im­mer von ihr aus­ge­hen muss­te.

      Aber ob­gleich sie im­mer eine kla­re Vor­stel­lung da­von ge­habt hat­te, wie sie sich Bil­ly am bes­ten als Lieb­ha­ber be­wah­ren konn­te, war es doch ein weit grö­ße­res Pa­n­ora­ma, das Mer­ce­des Higg­ins vor ih­ren Au­gen auf­ge­rollt hat­te. Die alte Frau hat­te ihre ei­ge­nen Schlüs­se be­stä­tigt, hat­te ihr neue Ide­en ge­schenkt, hat­te alte Vor­stel­lun­gen be­stä­tigt und so­gar mit großer Lei­den­schaft die trau­ri­ge Be­deu­tung des gan­zen Pro­blems nach­ge­wie­sen. Sa­xon er­in­ner­te sich vie­ler Ein­zel­hei­ten aus die­ser wahn­sin­ni­gen Pre­digt. Wenn auch vie­les aus Man­gel an Er­fah­rung und Ver­ständ­nis über sie hin­weg­ge­gan­gen war, so er­riet und fühl­te sie doch vie­les, und das half ihr, sich eine noch grö­ße­re und stär­ke­re Theo­rie von der Lie­be zu bil­den.

      Mit er­neu­tem Ei­fer stürz­te Sa­xon sich auf ihre Haus­ar­beit, ihre hüb­schen Din­ge und al­les an­de­re, wo­mit sie Bil­ly ge­win­nen konn­te. Sie mach­te ihre Ein­käu­fe in dem le­ben­di­gen Ge­fühl, dass es galt, das Bes­te zu fin­den, wenn sie auch an­de­rer­seits die Spar­sam­keit nicht aus den Au­gen ließ. Aus den Sonn­tags­bei­la­gen und den Frau­en­zeit­schrif­ten in der Volks­bi­blio­thek hat­te sie al­ler­hand ge­lernt, wie sie sich ihre Schön­heit be­wah­ren konn­te. Sie trieb Gym­nas­tik, und ge­wis­se Stun­den des Ta­ges ver­wand­te sie stets zu Ge­sichts­mas­sa­ge und ähn­li­chem, um sich ihre fes­ten run­den Li­ni­en und fri­schen Far­ben zu be­wah­ren. Da­von wuss­te Bil­ly nichts. Die­se Toi­let­ten­ge­heim­nis­se gin­gen ihn nichts an. Nur die Er­geb­nis­se wa­ren für ihn be­rech­net.

      Sie stu­dier­te oft die Schau­fens­ter der Kon­fek­ti­ons­ge­schäf­te in den fei­ne­ren Stadt­tei­len und war nicht dar­über er­ha­ben, wenn sie ir­gend­ei­ne Klei­nig­keit kauf­te, die La­den­ti­sche mit der hand­ge­stick­ten Wä­sche zu un­ter­su­chen. Sie hat­te so­gar eine Zeit lang Plä­ne, sich hand­ge­mal­tes Por­zel­lan zu kau­fen, gab es aber wie­der auf, als sie hör­te, wie teu­er es war.

      All­mäh­lich er­setz­te sie die be­schei­de­ne Wä­sche aus ih­rer Jung­mäd­chen­zeit durch bes­se­re Stücke, die, wenn auch im­mer noch be­schei­den, doch mit schö­ner fran­zö­si­scher Sti­cke­rei, mit Spit­zen und


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