Der Bergpfarrer 152 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer 152 – Heimatroman - Toni Waidacher


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gab es etwas zu sehen. Die Fensterbilder zeigten Szenen aus der Bibel, in Ecken und Nischen standen geschnitzte Heiligenfiguren, die zum Teil mit Blattgold verziert waren, und auf dem Altar blitzte ein goldener Kelch neben dem Kreuz.

      »Herrlich«, sagte Saskia leise. »Ob man hier fotografieren darf?«

      »Freilich«, nickte Kathi und deutete auf die anderen Besucher, die alleine oder in Gruppen standen, »die tun’s doch auch.«

      An der Wand neben der Tür zur Sakristei, hing ein großes Bild. Es hieß »Gethsemane« und zeigte den Erlöser, am Abend vor der Kreuzigung, im Gebet versunken. Andächtig standen die Madln davor und betrachteten es. Auch wenn Kathi es schon oft gesehen hatte, war sie doch immer wieder von dem Gemälde angetan.

      Gleich daneben war das wertvollste Stück der Kirche zu besichtigen. Eine Madonnenfigur aus Holz geschnitzt und ohne goldene Verzierung. Aber gerade die einfache Anmutigkeit machte sie so prachtvoll. Der unbekannte Schnitzer mußte all seine Liebe und seinen Glauben in das Werk gelegt haben, um so etwas Herrliches zu schaffen.

      Kathi erzählte der Freundin, daß die Madonna schon einmal Opfer einer Bande von Kirchenräubern geworden war. Pfarrer Trenker und seinem Bruder, der Polizist in St. Johann sei, war es aber gelungen, die Täter überführen und die Mutter Gottes wiederzubeschaffen.

      »Bergsteiger, Detektiv«, schmun­zelte Saskia, »euer Pfarrer muß ja wirklich vielseitige Talente haben.«

      »Vor allem ist er unser guter Hirte, der für seine Schäfchen immer ein offenes Ohr hat«, sagte die Bauerntochter ernst. »Für unsren Herrn Pfarrer gibt’s kein Problem, das er net lösen könnt’.«

      »Das ist aber schön, daß du so eine gute Meinung von mir hast«, hörten die beiden Madln plötzlich eine Stimme hinter sich.

      Sie schauten sich um und sahen Sebastian, der unbemerkt hinter sie getreten war.

      »Aber manchmal steh’ auch ich vor einem Rätsel, und es will mir net gelingen, es zu lösen.«

      Kathi war vor Verlegenheit rot geworden. Aber der Geistliche ging darüber hinweg.

      »Das ist also deine Brieffreundin, von der du mir erzählt hast«, sagte er.

      »Ja, das ist Saskia Benthof«, stellte Kathi die Studentin vor. »Endlich hat’s mal geklappt, daß sie mich besuchen kann.«

      »Grüß dich, Saskia«, nickte der Bergpfarrer ihr zu und reichte der Studentin die Hand. »Herzlich willkommen in St. Johann. Ich wünsch’ dir eine schöne Zeit hier.«

      »Dank’ schön, Hochwürden«, antwortete sie. »Es ist wunderschön hier, und Ihre Kirche ist einmalig.«

      »Ja«, lächelte Sebastian, »das sagen alle, die sie zum ersten Mal betreten.«

      »Sie haben net zufällig eine Bergtour geplant?« fragte Kathi. »Wissen S’, die Saskia ist nämlich noch nie aufgestiegen.«

      Saskia hatte ja schon von der Freundin gehört, daß dieser Geistliche etwas ganz Besonderes war. Aber das traf wohl nicht nur für sein Amt zu. Hätte er nicht seine Soutane getragen, würde sie diesen Mann niemals für einen Pfarrer gehalten haben. Mit seinem von vielen Aufenthalten im Freien leicht gebräunten, markanten Gesicht und der durchtrainierten Figur hatte man eher den Eindruck, vor einem prominenten Sportler oder Schauspieler zu stehen.

      Die Studentin war von der Erscheinung sehr beeindruckt.

      »Was? Das müssen wir aber schleunigst nachholen«, sagte Pfarrer Trenker. »Freilich finden wir einen Termin. Wißt ihr was? Kommt morgen nachmittag ins Pfarrhaus, bis dahin hab’ ich schon nachgeschaut, wann’s am besten paßt.«

      »Okay, das machen wir«, nickte die Bauerntochter. »Vielen Dank.«

      »Dafür net. Du weißt doch, daß es mir immer eine Freud’ ist, wenn ich jemandem die Schönheiten unsrer Heimat zeigen kann.«

      Sie sprachen noch ein paar Worte, dann verabschiedeten die Madln sich. Vor ihnen lag noch der Besuch auf dem Burgerhof, und vor allem Saskia konnte es irgendwie gar nicht erwarten, dorthin zu kommen...

      *

      Margret Burger kochte Kaffee und schnitt einen Topfkuchen an. Florians Mutter hatte Kathi und Saskia herzlich begrüßt.

      »Die Männer sind noch unterwegs«, erklärte die Bäuerin. »Aber es dürft’ net mehr lang’ dauern, bis sie heimkommen. Bis dahin machen wir’s uns gemütlich.«

      Sie setzten sich vor das Haus, wo eine Bank, zwei Stühle und ein Tisch standen.

      Alles aus schönem Holz gezimmert. Saskia beantwortete die Fragen, die Margret Burger ihr stellte, und Kathi erzählte, wie die beiden sich seinerzeit kennengelernt hatten.

      »Ich hatte auch mal eine Brieffreundin«, sagte die Bäuerin. »Lange Jahre haben wir uns geschrieben. Aber dann hat die Christel nach England geheiratet, und ich hab’ nix mehr von ihr gehört.«

      »Na, das wird bei uns net so werden«, meinte die Bauerntochter. »Ich bleib’ ohnehin im Wachnertal, und Saskia in Passau, wenn sie erstmal Ärztin ist.«

      »Bloß, daß es bis dahin noch ein langer Weg ist«, seufzte die Studentin.

      Nach einer Weile kam ein Traktor herangefahren. Schon von weitem hörten sie das Tuckern des Motors.

      »Ah, da sind s’ ja«, sagte die Bäuerin und stand auf, um noch zwei Tassen und Kuchenteller zu holen.

      Florian sprang vom Traktor herab und kam an den Tisch. Sein Vater stellte das Gefährt erst einmal in die Scheune.

      »Grüß dich, Spatzl«, sagte der Bauernsohn und gab Kathi einen Kuß.

      Dann lächelte er Saskia an.

      »Grüß dich. Na, wie war euer erster Tag?«

      »Herrlich«, antwortete die Studentin. »Man könnt’ glatt in Versuchung geraten, den Urlaub zu verlängern. Aber leider geht’s net.«

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