Dr. Norden Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
»Seit heute. Du kennst doch Roland Holzapfel?«
»Er hat heute Leon operiert,« Fee wusste genau, von wem die Rede war. »Ich hab Anneka schon gesagt, dass alles gut gelaufen ist.«
»Ein Glück! Da wird sie sich aber gefreut haben.« Daniel bückte sich nach dem Eimer und stellte ihn zurück an seinen Platz unter dem Schreibtisch. »Vor dem Eingriff war Roland heute Mittag bei mir, und wir haben noch einmal ein paar Einzelheiten diskutiert. Nebenbei hat er mir von Golf vorgeschwärmt und gemeint, wir sollten es mal ausprobieren. Bevor er gegangen ist, hat er mir noch diesen Schläger und den Ball hier gelassen. Für Trockenübungen.« Daniel dachte kurz nach. Dann hielt er seiner Frau Schläger und Ball hin. »Hier, willst du auch mal versuchen? Schließlich haben wir in einer halben Stunde ein Schnuppertraining.«
»Wie bitte?« Überrascht schnappte Fee nach Luft. Damit hatte sie nicht gerechnet. »Wieso wir?«
»Na ja, du und ich«, erklärte Daniel arglos.
»Aber ich kann unmöglich. Anneka ist krank, sie braucht mich. Mal abgesehen davon, dass du verletzt bist. Du kannst nicht Golf spielen.« Sie deutete auf seinen bandagierten Knöchel.
Aber Daniel winkte nur lächelnd ab.
»Den Fuß hat Danny wunderbar hingekriegt. Er tut fast nicht mehr weh. Und wegen Anneka solltest du dir keine Sorgen machen. Bei Lenni ist sie in guten Händen. Mal abgesehen davon, dass es nicht so lange dauern wird.« Er schickte seiner Frau einen schmelzenden Blick, dass Fee lachen musste.
Trotzdem war sie noch nicht überzeugt.
»Aber Golf ist so ein elitärer Sport. Das passt doch gar nicht zu uns.«
Doch auch mit diesem Argument kam sie ihrem Mann nicht bei.
»Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute ist das ein Sport wie jeder andere auch. Und obendrein auch noch gesundheitsschonend!« Daniel legte den Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. »Komm schon, Feelein, gib dir einen Ruck. Ich erfülle dir doch auch jeden Wunsch.«
Das war die Wahrheit, der Fee nichts mehr entgegenzusetzen hatte.
»Da hast du allerdings recht«, gab sie sich seufzend geschlagen. »Und wenn du es dir so sehr wünscht …«
»Ja, das tue ich.« Daniel drückte ihr einen Kuss aufs duftende Haar. »Nur Mut, Frau Dr. Norden. Sie werden wie immer beeindruckend sein!«
*
»Pünktlich wie die Eisenbahn!« Roland Holzapfel wartete vor der Halle auf seine Gäste und begrüßte Fee und Daniel freudig. »Freut mich, dass du deinen Mann nicht alleine in die Höhle des Löwen lässt.« Galant beugte er sich über ihre Hand und hauchte einen formvollendeten Kuss darauf.
»Ehrlich gesagt war ich kurz davor«, gestand sie offen und stellte sich auf die Zehenspitzen, um über seine Schulter hinweg einen skeptischen Blick in die Halle zu werfen.
»Keine Angst. Da drin beißt dich niemand«, lächelte Roland Holzapfel beschwichtigend und hielt ihr die Tür auf.
Warme Luft schlug ihnen entgegen, als sie das künstliche Grün betraten. Neben Abschlagplätzen gab es naturgetreue Flächen, auf denen man das Einlochen üben konnte. Offenbar erfreute sich die Halle großer Beliebtheit, denn überall herrschte reges Treiben. Während das Trio auf dem Weg zu seinem Abschlagplatz war, nutzte Roland die Gelegenheit, um von Leons Operation zu berichten.
»Wie wir heute Mittag besprochen haben, habe ich eine endoskopische Operation bei Leon Matthes durchgeführt.«
»Konntest du das ausgetretene Bandscheibengewebe entfernen?«, erkundigte sich Daniel interessiert.
Sein ganzes Leben lang hatte der junge Mann auf alles verzichtet, um Tennisprofi zu werden. Umso dramatischer war die Entscheidung zur Operation gewesen, und Anneka hatte einen entscheidenden Einfluss daran gehabt.
»Ja«, gab Roland gerne Auskunft über den gelungenen Eingriff. »Es ist uns gelungen, den eingequetschte Nerv zu befreien.«
»Weiß man schon, ob er in seinen Sport zurückkehren kann?« Das war die alles entscheidende Frage, und zu seiner Erleichterung nickte Roland sofort.
»Durch die minimal-invasive Technik kann der junge Mann schnell mobilisiert werden und schon in wenigen Tagen mit dem Aufbauprogramm beginnen.«
»Das wird Anneka aber freuen!«, entfuhr es Fee, und sie lächelte zuversichtlich.
Wieder einmal war eine Hürde genommen und nun konnte das junge Glück von Sorgen ungetrübt in aller Ruhe wachsen und gedeihen.
»Und wir wollen keine Zeit mehr verlieren.« Inzwischen hatten sie ihren Abschlagplatz erreicht und Roland kehrte mit den Gedanken zu seinem Vorhaben zurück, dem Ehepaar Norden die Faszination des Golfsportes nahezubringen. Er brachte sich in Position. »Ich zeig euch mal einen Abschlag«, erklärte er und fixierte den Ball, schickte den Blick hinaus aufs Grün und holte dann aus. In hohem Bogen flog die kleine weiße Kugel davon.
Begeistert klatschte Fee in die Hände.
»Bravo! Das war ein toller Schlag!«
»Ein Lob aus dem Mund einer so bezaubernden Frau!«, lächelte Roland zufrieden. »Was kann ein Mann sich mehr wünschen.«
»Mit dieser Frau verheiratet zu sein«, bemerkte Daniel augenzwinkernd.
»Stimmt auffallend. Aber das bist du ja schon. Deshalb muss ich mich mit schönen Worten begnügen«, räumte der Bandscheibenspezialist charmant ein und reichte seinem Kollegen den Schläger. »So, jetzt bist du dran.«
»Ich?«
»Natürlich. Wie willst du es sonst lernen?« Roland fasste ihn an den Schultern und zeigte ihm, wie er sich richtig zum Ball stellen musste. »Also, du stellst dich hier hin … So hältst du den Schläger«, korrigierte er Daniels Haltung, während Fee aus sicherer Entfernung zusah. »Und jetzt musst du einfach durchschwingen«, gab Roland Holzapfel eine letzte Anweisung und brachte sich in Sicherheit.
Daniel Norden tat, wie ihm geheißen, und tatsächlich gelang ihm ein passabler Schlag.
»Toll«, nickte Roland anerkennend. »Das war wirklich gut.«
»Anfängerglück«, ertönte da eine Stimme aus dem Hintergrund. »Aber bilden Sie sich bloß nichts darauf ein. Das sagt noch gar nichts.«
Überrascht drehten sich Daniel und Fee um. Nur um Roland Holzapfels Mund spielte ein wissendes Lächeln.
»Mit Ihnen ist aber zur Zeit wirklich nicht gut Kirschen essen, Frau Weiß«, bemerkte er friedfertig. »Dabei wollte ich Ihnen gerade Dr. Daniel Norden und seine Frau Felicitas vorstellen. Herr Dr. Norden führt eine Praxis für Allgemeinmedizin hier in München, und seine Frau ist eine Kollegin in der Klinik. Ich versuche gerade, die beiden von der Faszination des Golfspiels zu überzeugen«, fuhr er leutselig fort und ließ sich auch von Franziskas griesgrämiger Miene nicht einschüchtern. »Das sind also möglicherweise neue Schüler für Sie, die Sie besser nicht vergraulen sollten«, spielte er auf die Szene an, deren Zeuge er geworden war.
»Ich bin froh, dass diese eingebildete Ziege das Weite gesucht hat«, schimpfte Franziska Weiß unbeeindruckt über Frau von Soltenau und maß Fee mit einem abschätzigem Blick. »Wenn Sie genauso drauf sind und sich auf Ihren Beruf was einbilden, können Sie gleich wieder gehen. Solche Snobs brauchen wir hier nicht.«
Völlig verwirrt über den ungerechtfertigten, überraschenden Angriff schnappte Fee nach Luft.
»Ich muss schon sehr bitten …«, setzte sie zu einer Verteidigungsrede an, als sich Franziska abwandte. Ihr nicht zu deutender Blick blieb einen Moment länger als unbedingt nötig an Daniel Norden hängen, ehe sie sich endgültig umdrehte und davon marschierte.
Ungläubig starrte Fee ihr nach, und Roland seufzte tief.
»Früher war Frau Weiß die Liebenswürdigkeit in Person«, erklärte er nachdenklich. »Ich habe bei ihr das Golfspielen gelernt und wir hatten