Um den Finger gewickelt. Edi Finger

Um den Finger gewickelt - Edi Finger


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und Tritt und Wort für Wort vom KGB überwacht wurden!

      Vor 20, 30 oder 40 Jahren konnte man noch durch die Boxengasse der Formel 1 wandern und mit den Piloten gemütlich plaudern. Man versuche sich nur vorzustellen, mit Michael Schumacher oder Sebastian Vettel auf der Boxenmauer sitzend Schmäh zu führen wie einst mit Jochen Rindt und Niki Lauda. Heute braucht man für jeden Meter in den Formel-1-Kulissen einen eigenen Berechtigungsausweis. Wahrscheinlich würde man einen Grand Prix ohne Fernando Alonso starten, nur weil der seine Platzkarte für die Pole Position im Hotel vergessen hat.

      In Zeiten, da sich die Fußballer noch nicht hinter Laptops, Tablets oder Smartphones versteckt haben und mit Kopfhörern im Ohr zu echten Autisten mutierten, war die Stimmung viel lockerer und wir konnten den Kickern wirklich nahe sein. 1985, zum Beispiel, habe ich alle Europacupspiele von Rapid unter Trainer Otto Barić übertragen. Ich wohnte stets im selben Hotel wie die Spieler und bin gemeinsam mit ihnen zu den Matches gefahren. So durfte ich im Rapid-Bus miterleben, wie Hans Krankl auf dem Weg zum jeweiligen Stadion »Wir san die Hautevolee und haben den Überschmäh« intonierte. Und alle sangen mit. Der Feurer, der Panenka, der Konsel, der Weber, der Pacult, alle. Und ich. Gut, es klang nicht ganz so rund wie bei Rainhard Fendrich, aber es war immerhin schon zu erkennen, dass Krankl einmal eine Karriere als Musiker machen würde. Krankl hob die Stimmung und nahm damit seinen Teamkollegen die Nervosität. Das war Motivation ohne Facebook und ohne Computerspiele. Nach den Spielen wurde gefeiert. Hemmungslos. Aus Freude über die glorreiche Niederlage in Nantes, die für den Aufstieg gereicht hatte, wurde Otto »Maximale« in vollem Gewand in den Pool geworfen. Würde heute Nationaltrainer Marcel Koller im Wasser landen, marschierte wahrscheinlich die Schweizer Armee ein.

      Ich werde auf den folgenden Seiten noch öfter die alte Zeit als die gute hinstellen. Nicht, weil ich schon in Ehren ergraut bin, sondern weil heute leider oft auf den Spaß vergessen wird. Bei aller wirtschaftlichen Bedeutung – Sport ist immer noch Spaß!

      Wie mich ein Affe zum Reporter machte

      Mit acht wurde ich Schauspieler.

      Mit acht entschied ich mich, Reporter zu werden.

      Dazwischen lag nur ein Tag.

      Ich, damals acht Jahre alt, war in sie, damals 15, unsterblich verliebt. Man kann sagen, sie war meine erste große Liebe. Natürlich auf platonische Art und Weise. Da kam es zu der glücklichen Fügung, dass mein Vater, der zu dieser Zeit ein berühmter Sportreporter war, eine Gastrolle in dem Film bekam. Da man noch ein »Zirkuskind« zu besetzen hatte, bekam auch ich meine große Chance und die Gelegenheit, »meiner« Heidi ganz nahzukommen. Es sollte ein schwarzer Tag für die Fingers und die Filmbranche werden.

      Doch zuerst zu meinem Vater. Er spielte einen Conférencier und musste laut Drehbuch auf der Bühne einen Streit mit Hans Moser um das Mikrofon ausfechten. Das vorgetäuschte Gerangel um das Mikro lief etwas aus dem Ruder – der Hans Moser war ja eher klein und mein Vater mit über eins achtzig und gut 120 Kilo im Vergleich zu ihm ein Koloss –, dabei renkte Edi Finger sen. dem beliebten Volksschauspieler die Schulter aus.

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      »Wir Zirkuskinder« – Hans Moser (ganz li.), daneben

      Heidi Brühl, Gerhard Riedmann, Edi 2. Reihe rechts

      Auftritt Edi Finger jun. Eine meiner Aufgaben als Zirkuskind war, dass ich mit einem Schimpansen in die Manege einlaufen sollte. Der Affe musste dann Saltos schlagen und so weiter. Bei der Probe hat alles super funktioniert. Der Affe hat mich offenbar gern gehabt und ging mit mir an der Hand in die Manege, ist dort herumgehüpft und hat seine Kunststückerln gemacht. Perfekt.

      Jetzt konnte gedreht werden. Wir waren alle ein bisschen angespannt, denn alles musste auf Anhieb passen. Das Filmmaterial war teuer und das Budget ließ keine mehrmaligen Wiederholungen der Szenen zu. Der »Unfall« zwischen meinem Vater und Hans Moser hatte schon genug Zeit gekostet. Die Filmcrew war nervös, ich war nervös und offenbar der Affe – von der allgemeinen Nervosität angesteckt – auch.

      Alle auf Position. Und Action! Der Affe will nicht gehen. Fünfmal hat er bei der Probe wie selbstverständlich meine Hand genommen und ist mit mir hineinspaziert. Jetzt, beim sechsten Mal, da wo es ernst war, machte er keine Anstalten, sich zu bewegen. Ich, in meiner Panik – ich wollte ja nicht schuld an einer verpatzten Szene sein –, zog mit aller Kraft an seinem Arm. Völlig sinnlos. Ein kleiner Bub hat gegen einen Schimpansen keine Chance. Noch einmal versuchte ich den störrischen Kerl am Arm mitzureißen. Das wurde ihm zu blöd und er biss mich in die Hand. Na, grüß Gott! Wie der Biss von einem Schäferhund!

      Ich wurde sofort verarztet – zum Glück war die Verletzung nicht so groß wie der Schock. Der Dompteur hat den Affen dann einiges anschauen lassen. Ich will als überzeugter Tierfreund lieber nicht darüber schreiben. Der Affe hat mir die Schuld für die Bestrafung zugeschoben und mich so böse angesehen, dass ich mich nicht mehr in seine Nähe wagte. Ich war sicher, er würde mich noch mal beißen! Damit waren die Szene und meine hoffnungsvolle Schauspielkarriere gestorben. Ich habe mich damals entschlossen, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten und Sportreporter zu werden. Schuld war der Affe.

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      Junior-Reporter auf der Hohen Warte 1955

      Film Und Fußball

      Franz Antel war von meiner Kindheit an das Bindeglied zwischen meinen beiden großen Leidenschaften: Film und Fußball. Zwar war mein erster Schritt in die Schauspielerei wie zuvor beschrieben auch gleichzeitig mein letzter. Aber Antel war nicht nachtragend und so durfte ich immer wieder bei Dreharbeiten zusehen. Mein Vater bekam trotz seiner Attacke auf Hans Moser immer wieder kleine Nebenrollen und ich war nach Möglichkeit dabei.

      »Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett« hätte eigentlich »Ich möchte am Sonntag mit dir angeln gehen«, nach dem Lied von Gus Backus, einem der Hauptdarsteller, heißen sollen. Doch während der Dreharbeiten wurde Bill Ramseys soeben veröffentlichtes Lied über die Mimi, die ohne Krimi nie ins Bett geht, zur Nummer drei der Schlagerparade. Der Film wurde kurzerhand umgetitelt. Backus war enttäuscht, Antel war happy, denn der Film wurde ein Hit wie Ramseys Schlager. Für mich war das ganze Filmbusiness eine faszinierende Welt. Ein Film bekam einfach einen anderen Titel, spielte in Italien, wurde aber im jugoslawischen, heute kroatischen, Rovinj gedreht, die Schauspielerin Ann Smyrner sprach nur Dänisch und im Kino, wie durch ein Wunder, plötzlich akzentfrei Deutsch.

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      Promis im Fußballfieber (v.l.n.r.): Franz Antel, Ernst Waldbrunn,

      großer und kleiner Finger, Oskar Sima, Gunther Philipp

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      Ball-Schani beim Promi-Match des FC Antel –

      mit Volksschauspieler Oskar Sima

      Ich durfte die meisten Größen des österreichischen und deutschen Films wie Peter Vogel, Harald Juhnke, Heinz Erhardt, Karin Dor, Trude Herr oder Hans Moser und viele mehr hautnah kennenlernen. Am Set und auch am Fußballplatz. Denn Antel machte es zur Tradition, dass die Schauspieler zu seinen von ihm veranstalteten Prominenten-Matches


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