Um den Finger gewickelt. Edi Finger

Um den Finger gewickelt - Edi Finger


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Man muss sich vorstellen, wie weh das tut! Das Opfer wusste nicht, wie ihm geschah, und griff sich unter dem versteckten Grinsen der Übeltäter ans gepeinigte Bein. Der Kamm wurde währenddessen heimlich weitergereicht und der üble Scherz ein paar Mal wiederholt, bis das Lachen nicht mehr zurückzuhalten war.

      Aber einmal schnalzte der Kamm mit lautem Geräusch gegen das Bein des neuen Opfers. Es war ein lautes »Klack« zu hören, ohne eine Reaktion hervorzurufen. Noch einmal. Klack! Wieder nichts. Auch eine dritte Attacke mit dem Kamm zeigte keinerlei Wirkung. Die Schmähbrüder waren schmähstad. Es stellte sich später heraus, dass die Zielperson ein Holzbein hatte!

      Heimschicken oder Siegen

      Felix Latzke war meiner Meinung nach nicht der beste Teamchef, aber klug genug, nicht den größten Fehler seines Lebens zu machen.

      Es war 1982 in Spanien. Österreich kämpfte in der Qualifikation gegen Deutschland, Algerien und Chile um den Aufstieg in die erste Runde. Latzke, der seinen Job quasi als Notnagel für den verhinderten Ernst Happel bekommen hatte, nahm seine Aufgabe sehr ernst. Er verlangte von seinen Spielern äußerste Disziplin. Dazu gehörte auch das penible Einhalten der Bettruhe. »Wen ich nach Mitternacht außerhalb seines Zimmers antreffe, den schicke ich sofort nach Hause!«, war seine unmissverständliche Drohung.

      Ich war etwa eine halbe Stunde nach Mitternacht am Strand spazieren und sah im Mondlicht zwei mir bekannte Gestalten. Hans Krankl und Schneckerl Prohaska. Die zwei waren gerade auf dem Rückweg zum Hotel, als ihnen der Trainer begegnete. »Ui!«, dachte ich mir, »wenn der Latzke die beiden heimschickt, schaun wir arm aus.« Doch Latzke ließ die Peitsche in der Tasche und die beiden spielen. Mit den Siegen über Algerien und Chile erwies sich seine Nachsicht als richtig.

      Wenn Sie jetzt berechtigt fragen »Und was war mit dem Spiel gegen Deutschland?«, dann muss ich Ihnen – ungern – über die »Schande von Gijón« erzählen. Deutschland führte eins zu null und mit diesem Ergebnis wären Deutschland UND Österreich weiter. Ab diesem Zeitpunkt schlossen beide Mannschaften eine Art »Nichtangriffspakt« und die restliche Spielzeit war ein einziges Elend an halbherzigen Weitpässen von einer Hälfte in die andere. Von dieser nicht tatsächlich ausgesprochenen Abmachung hatte allerdings einer nichts mitbekommen. Walter Schachner. Zum Entsetzen der Gegner und auch der eigenen Leute drängte er vehement nach einem Gegentor. Sein Einsatz war so engagiert, dass er sogar eine gelbe Karte kassierte. Erst als ihn ein deutscher Gegenspieler im harten Zweikampf anfauchte, dass er endlich zurückstecken sollte, weil ohnehin schon alles klar war, ging Schoko Schachner zur Erleichterung aller ein Licht auf.

      Am Schluss wurde Deutschland WM-Zweiter. Österreich belegte den achtbaren achten Platz.

      Allerdings muss ich sagen, dass da mehr drin gewesen wäre. Wir hatten damals eine Nationalmannschaft – Krankl und Prohaska auf dem Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit, Pezzey, Kreuz, Petzl, einfach lauter begnadete Spieler – besser als Argentinien! Allein mit der Ersatzbank von 1982 könnte man heute locker um die Qualifikation spielen!

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      Schneckerl und der Goleador – beste Freunde

      Wovor der Torwart wirklich Angst hat

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      Michi Konsel – Der Panther von Hütteldorf

      Wovor fürchtet sich ein Torwart? Vor dem Elfmeter? »Blödsinn!«, sagt Michi Konsel. »Als Tormann kannst du nur gewinnen. Keiner ist dir böse, wenn du das Tor kassierst. Aber wenn du den Ball hältst, bist du der Held! Der Schütze muss da viel mehr Angst haben. Wenn er verschießt, ist er der Trottel vom Dienst.«

      Michi Konsel ist für mich sowieso einer der allerbesten Goalies, denen ich in meinem Reporterleben begegnet bin. Wie er mit Andi Herzog Österreich im Qualifikationsspiel gegen Schweden quasi im Alleingang zur WM 1998 nach Frankreich brachte, ist legendär. Keiner hätte sich gewundert, wenn die Schweden trotz des frühen Führungstreffers von Herzog zur Pause mit 5:1 geführt hätten. Sie bombardierten das österreichische Tor ohne Unterlass. Aber Konsel wehrte mit seinen panthergleichen Sprüngen alles ab. Dann der Schock in der 30. Minute. Der Schiri pfiff einen Elfmeter gegen Österreich. Kenneth Anderson, der goldgelbe Schuhe trug, trat an. Für Michi kam es überhaupt nicht in Frage, dass der mit den »gelben Bock« ihm ein Tor schießen würde. Und so war es auch. Der völlig entnervte Anderson ging noch vor dem Pausenpfiff vom Platz.

      Wenn nicht vor dem Elfmeter, wovor fürchtet sich nun ein Tormann vom Kaliber eines Konsel? Vor Einbrechern?

      Damals in Rom, als Michi für den AS Roma spielte, bezogen er und seine Frau Tina ein nettes Häuschen im Grünen in der Nähe von Trigoria, wo der Club sein Trainingslager hatte. Die Gegend war sehr ruhig. Zu ruhig für Tinas Geschmack. Die einzigen Häuser in der Nachbarschaft waren unbewohnt. Tina war viel allein im Haus und begann sich zu fürchten, vor allem in der Nacht.

      In einer der wenigen Nächte, in denen Michi nicht im Trainingscamp, sondern zuhause schlafen durfte, schreckte er hoch, als die Tür zum Schlafzimmer aufging. Er konnte nur die Umrisse einer Gestalt ausmachen und sprang sofort mit einem drohenden Schrei aus dem Bett. Die Gestalt flüchtete. Michi hinter ihm her. Im Adamskostüm. Michi bewaffnete sich mit einer Schere, doch der Eindringling war in der Dunkelheit verschwunden. Tina hatte inzwischen die Polizei zu Hilfe gerufen. Die war so schnell da, dass Michi nicht einmal dazu kam, sich etwas anzuziehen. Als es an der Türe läutete, stand er den verdutzten Carabinieri nur mit einem Handtuch um die Hüften und mit der Schere noch immer zur Attacke bereit gegenüber.

      Offenbar fürchtet sich jemand wie Konsel vor gar nichts. Insider allerdings glauben seine geheime Angst zu kennen: Geld ausgeben. Schmunzelnd wird ihm nachgesagt, dass er einen Euro so fest hält, bis die Münze vor Schmerz zu quietschen beginnt. Im Wiener Jargon würde man sagen, er hat einen Igel in der Hosentasche, wo das Geld drinnen ist. Wenn er in die Tasche greift, zuckt er zusammen und zieht die leere Hand blitzschnell wieder raus.

      Wovor der Torwart wirklich Angst hat, erzählte der belgische Spitzen-Goalie Bobby Dekeyser. Bei seinem ersten Spiel für den FC Bayern 1986 fühlte er kurz vor dem Anpfiff, dass seine Hose zu locker saß. Also schnürte er sie noch mal fest zu und … das Band riss! Und das unmittelbar vor dem Anpfiff! Er schrie, so laut er konnte, in Richtung Betreuerbank, aber im Stadion war es so laut, dass ihn niemand hörte. In seiner Verzweiflung fuchtelte er wild herum, um sich irgendwie bemerkbar zu machen. Aber alle haben wohl geglaubt, er wärmte sich auf!

      Das Spiel begann und Bobby rutschte dauernd die Hose runter. Die ganze erste Halbzeit war er damit beschäftigt, mit einer Hand die Hose festzuhalten, während er zwischen den Torpfosten hin und her lief. Zum Glück kam kein gefährlicher Schuss auf sein Tor.

      Vor zigtausend Zuschauern die Hose zu verlieren, während man nach einem Ball springt, DAS ist die größte Angst des Tormanns!

      Robert »Bobby« Dekeyser, geboren 1964 in Leuven, Belgien, wurde mit Bayern München 1987 Deutscher Meister.

      Aschyl Happel

      Europacup-Finale, 25. Mai 1983 in Athen – HSV gegen Juventus. Obwohl die Hamburger unter Trainer Ernst Happel eine in der Bundesliga beispiellose Serie an Spielen ohne Niederlage hinlegten und auf Kurs zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft waren, wurden sie als klare Außenseiter gehandelt. Juve war haushoher Favorit. Die Mannschaft bestand aus mehreren Nationalspielern, die im Jahr zuvor in Spanien den Weltmeistertitel geholt hatten, und außerdem spielten der französische Fußball-Gott Michel Platini und der polnische Superstürmer Zbigniew Boniek in den Reihen der Italiener. Dann die Sensation: Felix Magath brachte die Deutschen in der achten Minute 1:0 in Führung. Mit Happels kluger Taktik hielten seine Mannen das Ergebnis bis zum Schluss. Der HSV feierte im Olympiastadion von Athen den größten Erfolg der Vereinsgeschichte. Deutschland bebte vor Euphorie und Trainer Ernst Happel war der Mann der Stunde.

      Nach


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