Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt

Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt - Jacob Burckhardt


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als Sieger mit den höchsten Ehren empfangen, aber nochmals bringt er der höhern Einsicht Diocletians seine Neigung zum Opfer und entsagt der leichten und sichern Eroberung des vordern Persiens, von welchem nur die wertvollern Grenzdistrikte einverleibt werden sollten. Ein Sekretär, Sicorius Probus, wurde an Narses entsandt, welcher sich bis nach Medien zurückgezogen hatte, um Zeit zu gewinnen und Truppen zu sammeln, deren Anblick dem ermüdeten römischen Gesandten einigermassen imponieren sollte. Am Fluss Asprudus erhielt endlich Probus Audienz und schloss einen Vertrag ab, in welchem Narses fünf Provinzen, nämlich das Kurdenland und das ganze obere Tigrisgebiet bis an den Wan-See abtrat194. Damit war den Römern auch ihr älterer Besitz, der obere Euphrat, gesichert und vor das römische Schutzreich Armenien gleichsam ein Wall hingebaut; freilich aus einem Stoff, der vor den parthischen Eroberungen den Armeniern selbst gehört hatte; doch wurde auch ihnen gegen Südosten hin ein nicht unbeträchtliches Stück Land abgetreten und Tiridates nochmals als König eingesetzt. Auch der König von Iberien sollte fortan Vasall der Römer sein, eine wichtige Verfügung, weil dieses rauhe, von Armenien nördlich gelegene Bergland (es entspricht etwa dem jetzigen Georgien) mit seinen kriegerischen Bewohnern eine Vorwacht gegen die Barbaren von jenseits des Kaukasus abgeben konnte195. Auf diesen Friedensabschluss hin erhielt Narses seine bisher in Antiochien verwahrte Familie zurück.

      Es ist oft bemerkt worden, wie sehr dieses sassanidische Wesen an das abendländische Mittelalter wenigstens in einzelnen Zügen erinnert. So schon die klösterliche Abstinenz der Magier; ihre Stellung neben dem Adel als eine Art von Klerus. Es ist nur zu bedauern, dass hierüber nichts Näheres bekannt ist, und dass selbst die Art, wie sie sich in dieser Zeit als Stand fortpflanzten, im Dunkel bleibt. Ganz besonders abendländisch erscheint aber der Adel selbst mit seiner rohen Ritterlichkeit. Zum Könige stand er wahrscheinlich in einem förmlichen Lehnsverhältnis, dessen Hauptleistung in der Kriegspflicht bestand. In den Bildwerken gleichen diese persischen Streiter in ihren Harnischen und gefederten Helmen, mit ihren Lanzen und Schwertern, mit dem prächtigen Geschirr ihrer Pferde durchaus den Rittern unseres Mittelalters. Die Seele ihres Treibens war ganz wie bei diesen das Abenteuer, sei es im Krieg oder in der Liebe, und die Sage hat schon früh eine Gestalt wie Bahram-gur zu einem glänzenden Vorbilde dieser Art umgeschaffen, während sie damals auch ihre Helden aus der mythischen Zeit, einen Rostem und Feridun, bereits hoch in Ehren hielt. Diese Romantik steht im entschiedensten Gegensatz gegen das römische Leben, wie alles Planlose.

      Schauen wir noch auf Armenien zurück. Dieses Land, mit seiner tapfern, bildungsfähigen Nation, hatte bis jetzt immer Einflüssen und Eindrücken von aussen gehorcht, auch eine verhältnismässig nur geringe Kultur zutage gefördert, und bald sollte neue, dauernde Not und Knechtschaft hereinbrechen. Dazwischen liegt als lichte Episode diese Zeit des Tiridates, welche zugleich die Zeit der Bekehrung zum Christentum war; dieses aber sollte, als armenische Kirche gestaltet, einst die Hauptstütze des armenischen Volkstums werden.

      Dieses war der Zustand der befreundeten und der feindlichen Nachbarländer Roms im Osten. Die asiatischen Provinzen des Reiches selbst genossen in der Zeit Diocletians und Constantins eine Ruhe, welche nur kurz durch die grossen Reichskriege unterbrochen wurde. Ein Lebensbild von Syrien und Kleinasien in dieser Zeit würde der Gegenstand einer eigenen, beträchtlichen Forschung sein. Wir beschränken uns, auf einen wunden Fleck hinzuweisen, der Jahrhunderte hindurch dem Körper des Reiches Schande machte, auf das Räuberland Isaurien, welches in allen Geschichten der römischen Kaiserzeit einen stehenden Artikel bildet.


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