Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker Staffel 11 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      Sie legte auf, stopfte das Taschentuch zurück in den Pompadour und sah sehr zufrieden aus.

      »Waters könnte herausfinden, von wo aus angerufen wurde«, warnte Josuah Parker.

      »Na, hoffentlich.« Lady Agatha ließ sich nicht beeindrucken.

      »Er könnte seine Leibwächter aktivieren, Mylady.«

      »Seit wann haben Sie Angst, Mister Parker?« wunderte sich die streitbare Dame. »Lassen Sie sich gefäl-ligst etwas einfallen, wie wir dieses Subjekt auf Trab bringen.«

      »Ich werde mich bemühen, Mylady.«

      »Ich erwarte zündende Ideen, Mister Parker.«

      »Deuten die drei Leibwächter nicht darauf hin, daß er Angst hat?« ließ Kathy Porter sich vernehmen. Sie errötete sanft und wirkte leicht verlegen.

      »Natürlich, Kindchen.« Agatha Simpson freute sich, daß sie verstanden wurde. »Daher ja auch mein An-ruf. Dieser Strolch wird noch auf Knien heranrutschen und darum bitten, daß er mir den Schaden ersetzen darf. Für mich ist das eine Frage des Prinzips!«

      Lady Agatha Simpson reckte sich hoch auf und glich in diesem Moment einer Bühnenheroine aus längst vergangenen Zeiten. Mit einem gewaltigen Speer in der Hand hätte sie aber auch durchaus mit einer Walküre konkurrieren können.

      *

      Stephan Waters war gereizt.

      Er selbst hatte den Anruf angenommen, der einer unverhüllten Drohung glich. Er dachte nicht einen Mo-ment lang daran, diese Lady Simpson zu verdächtigen. Er hatte sie eigentlich schon wieder vergessen. Was hatte er schließlich mit einer alten Frau zu tun, die nun Lady sein mochte oder nicht.

      Nein, Waters dachte selbstverständlich sofort an London. Genauer gesagt, er dachte an seine jüngste Ver-gangenheit. Seine früheren Konkurrenten fühlten sich jetzt wohl stark genug, ihm ihre Rechnung zu präsen-tieren. Es ging da um einen Ritchie Romney, den er aus dem Weg geräumt hatte.

      Artie, sein erster Leibwächter kam zurück.

      »Festgestellt?« fragte Waters. »Von woher kam das Gespräch?«

      »Aus Falmouth.«

      »Falmouth …?«

      »Hotel Atlantik. Mehr war im Moment nicht rauszubekommen.«

      »Dann nichts wie rüber nach Falmouth!« Stephan Waters fühlte wieder das Prickeln im Blut wie in frühe-ren Zeiten. »Spürt den Anrufer auf!«

      »Sollen wir ihn …?« Artie hielt es nicht für nötig, seinen Satz zu beenden. Er konnte davon ausgehen, daß Waters ihn gut verstand.

      »Nein.« Waters schüttelte den Kopf. »Nur kein Aufsehen hier in der Gegend. Erst mal feststellen, wer an-gerufen hat. Und dann ab mit ihm nach London oder Plymouth. Hier in der Gegend sollen keine Leichen rumliegen. Alles klar?«

      Artie nickte und ging.

      Stephan Waters baute sich vor dem dreigeteilten, säulenverzierten Fenster auf und sah auf den Far-Fjord hinunter. Er fragte sich, wie er sich weiter verhalten sollte. Er saß hier an der äußersten Südspitze Englands in einer erstklassig ausgebauten Festung und hatte sich bisher sicher gefühlt. Doch dieser Anruf machte ihn bereits nervös. Waters kannte schließlich die Gegenseite.

      Hatte es einen Sinn, England schleunigst den Rücken zu kehren? Geld hatte er genug, um sich irgendwo in der Welt zu verkriechen. Vielleicht gab es Landstriche und Festungen, die noch sicherer waren als dieses Castle hier.

      Doch Waters verwarf diesen Gedanken.

      Flucht war sinnlos. Das Syndikat würde sich kaum abschütteln lassen. Nein, jetzt und hier mußte die Sa-che durchgestanden werden. Und vielleicht konnte er versuchen, sich mit der aufgebrachten Konkurrenz zu arrangieren. Man mußte es auf einen Versuch ankommen lassen. Waters war nur irritiert, was den Telefonan-ruf betraf.

      Warnungen dieser Art paßten nicht zum Syndikat. Die Vollstrecker von Unterweltsurteilen pflegten un-auffällig und überraschend zu arbeiten. Vorwarnungen hatte es bisher noch nie gegeben.

      Stephan Waters verließ sein Zimmer und wanderte durch das Castle. Es war ein langer Weg, bis er alle Räume kontrolliert hatte. Er prüfte die Sicherheitsvorkehrungen, die er hatte einbauen lassen. Als er wieder in seinem großen Arbeitszimmer war, hatte er zum ersten Mal in seinem Hiersein das Gefühl, ein Gefangener zu sein in einem luxuriösen, goldenen Käfig.

      *

      Josuah Parker hielt sich in der Halle des »Atlantik« auf und beobachtete über den Rand der Zeitung hin-weg die ein- und ausgehenden Hotelgäste. Er hatte sich von seiner Herrin beurlauben lassen. Er ging von der Vermutung aus, daß früher oder später hier im Hotel ein junger Mann erschien, der sich durch ein leicht dümmliches Gesicht auszeichnete. Nach dem Anruf im Schloß hatte Waters gewiß feststellen lassen, von wo aus angerufen worden war.

      Parkers Zeitplan war fast perfekt.

      Mit einer Verspätung von sechs Minuten erschien der bewußte junge Mann.

      Man hatte also herausgefunden, daß im »Atlantik« der geheimnisvolle Anrufer wohnte. Nun ging es da-rum, wer es war. Waters reagierte schnell. Der Anruf schien ihm nicht sonderlich behagt zu haben.

      Der junge Mann wies sich an der Rezeption aus. Wahrscheinlich arbeitete er mit einem gefälschtem Aus-weis. Der Chefportier ließ sich prompt düpieren und kam sogar aus seiner Empfangsloge hervor. Er führte den jungen Mann in einen schmalen Korridor und geleitete ihn zur Telefonvermittlung.

      Josuah Parker erhob sich aus dem Sessel und schritt gemessen zum Hoteleingang. Von hier aus beobachte-te! er den unscheinbar aussehenden Minicooper, der rechts auf einem Parkplatz stand. Ein zweiter junger Mann mit ebenfalls dümmlichem Gesicht saß am Steuer und rauchte.

      Josuah Parker ahnte, was kommen würde. Daher ging er zurück in die Hotelhalle und begab sich in eine der drei Telefonzellen. Er wählte die mittlere und schaute durch den Glaseinsatz der Tür hinüber zur Rezep-tion.

      Der junge Mann erschien schon wieder auf der Bildfläche. Sein dümmliches Gesicht zeigte einen zusätzli-chen, verwirrten Ausdruck. Der Mann hatte wohl gerade erfahren, daß eine gewisse Lady Agatha Simpson seinen Herrn und Meister angerufen hatte.

      Der Profi trabte auf die Telefonzellen zu, genau wie Parker es erwartet hatte. Er wollte jetzt wohl Waters informieren und sich neue Instruktionen holen.

      Parker hatte vorgesorgt.

      Nachdem der junge Mann rechts von ihm in der Zelle verschwunden war, schaltete der Butler den kleinen Verstärker ein. Er preßte die Membrane eines Stethoskops gegen die Trennwand und den Ohrclip in seinen Gehörgang. Mit einem kleinen Knopf regulierte er die Lautstärke des Geräts, das eine klare und unverzerrte Übertragung lieferte.

      Der junge Mann wählte eine Telefonnummer und bekam seine Verbindung.

      »Artie hier«, meldete er sich, »ich hab’ ’ne tolle Überraschung für Sie. Wissen Sie, wer angerufen hat? Diese Lady Simpson. Ja, ganz klarer Fall. Bestimmt, sie ist es gewesen. Irrtum ausgeschlossen. Was sollen wir jetzt machen?«

      Der junge Mann legte eine Pause ein und ließ sich instruieren.

      »In Ordnung«, sagte er, als er wieder an der Reihe war. »Wir stauchen sie also leicht zusammen. Nein, nein, wir passen schon auf. Nur ’n kleiner Schock für das alte Mädchen, damit sie schleunigst abrauscht. Na-türlich, Chef! Doch, sie ist wirklich ’ne Lady. Der Chefportier kennt sie. Irrtum ausgeschlossen.«

      Nun war Waters wieder an der Reihe.

      »Ich ruf in zehn Minuten zurück«, schloß dann der junge Mann, »die Sache ist so gut wie erledigt. Ende!«

      Artie verließ die Telefonzelle und sah sich einem Butler gegenüber, den er völlig übersah. Der junge Profi kam überhaupt nicht auf den Gedanken, dieser Butler könnte jener Mann sein, der diese ältere Lady zum Castle begleitet hatte.

      Als ihm das


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