Tom Jones. Генри Филдинг

Tom Jones - Генри Филдинг


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weiblichen Versammlung gegenwärtig war, befragte sie eine von ihren Nachbarinnen, ob sie nichts Neues von Hannchen Jones gehört hätte, worauf sie verneinend antwortete; worauf die andere mit einem Lächeln versetzte: das Kirchspiel sei ihr viel Dank schuldig, dafür, daß sie das Mädchen, so wie sie gethan, fortgejagt hätte.

      Frau Rebhuhn, deren Eifersucht, wie der Leser recht gut weiß, längst vertrieben war und die keine andere Klage über ihre Magd gehabt hatte, antwortete ganz keck: sie wisse nicht, was sie damit sagen wollte; ihr sei das Kirchspiel dafür nichts schuldig, denn Hannchen hätte schwerlich, wie sie glaubte, ihresgleichen hinter sich gelassen.

      »Nein, gewiß nicht,« sagte Trine Gevatterin, »ich hoffe nicht! Doch, denk' ich, hätten wir Schlumpen noch genug! Sie hat also noch nicht gehört, dünkt mich, daß die Dirne mit zwei Wechselbälgern niedergekommen ist? Doch was geht's uns an, sagt mein lieber Mann und der andere Kirchen-Jurat; da sie hier nicht geboren sind, haben wir's nicht nötig, sie zu füttern.«

      »Zwei Wechselbälger!« antwortete Frau Rebhuhn hastig. »Sie macht mich erstaunen. Ob sie hier aufgefüttert werden müssen, weiß ich nicht; aber das weiß ich, daß sie das Mensch hier aufgesackt haben muß, denn sie ist noch keine neun Monate von hier weg.«

      Nichts kann so schnell und plötzlich sein, als das Geschäft der Phantasie, besonders wenn Hoffnung oder Furcht, oder Eifersucht, bei welcher die beiden vorigen nur als Handlanger arbeiten, solche in Gang setzt. Es fiel ihr augenblicks ein, daß Hannchen fast niemals aus dem Hause gegangen wäre, so lange sie bei ihr gedient. Das Lehnen über dem Stuhle, das plötzliche Aufspringen, das Latein beim Essen, das Lächeln, das Rotwerden und viele andere Dinge drängten sich auf einmal in ihr Gehirn. Die Zufriedenheit, die ihr Mann über Hannchens Entlassung bezeigte, kam ihr jetzt als bloße Verstellung vor, in dem Augenblick aber wieder als wahr, und doch wieder, um ihre Eifersucht zu bekräftigen, als wäre solche aus Sättigung entstanden und aus hundert andern schlimmen Ursachen mehr. Mit einem Wort, sie war überzeugt von ihres Mannes Verbrechen und verließ augenblicklich voller Verwirrung die gesprächige Versammlung.

      So wie der schöne Kater Murner, welcher, obgleich der jüngste vom Geschlecht der mausenden Löwen, dennoch nicht ausartet von der Wildheit des ältern Zweiges ihres Hauses, und, obgleich geringer an Stärke, doch gleich bleibt an Blutgier dem edlen Tiger selbst; wenn ein kleines Mäuslein, das er lange spielend gequält, seinen Krallen für ein Weilchen entwischt, herumspringt, das Haar sträubt, einen hohen Buckel macht und schreit und kratzt; wenn aber der Koffer oder Kasten, wohinter sich das Mäuslein verkrochen hatte, weggenommen wird, wie in Blitz auf seine Beute schießt, sie packt, und mit vergifteter Wut beißt, quetscht und das arme Tierchen in Stücke zerreißt:

      So, mit nicht geringerer Wut schoß Frau Rebhuhn auf den Pädagogen! Ihre Zunge, Zähne und Hände fielen alle zugleich über ihn her. Seine Perücke war in einem Hui! vom Kopfe; sein Hemd in Fetzen vom Leibe, und seinem Angesichte entflossen fünf blutige Ströme und bezeichneten die Zahl der Krallen, womit die Natur unglücklicherweise seinen Feind bewaffnet hatte.

      Rebhuhn focht einige Zeit bloß verteidigungsweise, und strebte wirklich nur, sein Angesicht mit seinen Händen zu schützen; da er aber fand, daß seine Widersacherin von ihrer Wut nicht nachließ, so dachte er, er könne wenigstens suchen, sie zu überflügeln oder ihre Flügel unthätig zu machen. Da er also ihre Arme packte, verlor sie im Ringen ihr Kopfzeug; und ihr Haar, das zu kurz war, die Schultern zu erreichen, sträubte sich auf ihrem Kopfe empor; ihr Schnürleib, das nur unten durch ein Loch befestigt war, barst auf, und ihr Busen, woran sie weit mehr Vorrat hatte, als an Haaren, fiel bis unter den Gürtel herab; auch ihr Gesicht war befleckt mit dem Blute ihres Bettgenossen; ihre Zähne knirschten vor Wut; und Feuer, wie es vom Amboß eines Grobschmieds sprühet, schoß ihr aus den Augen, so daß alles zusammengenommen diese amazonische Heldin einem weit kühneren Manne, als Rebhuhn war, ein Gegenstand des Schreckens hätte werden können. Er hatte endlich das Glück, durch den Besitz ihrer Arme die Waffen, welche sie am Ende ihrer Finger trug, unbrauchbar zu machen; welches sie nicht so bald merkte, als die wässerige Weichheit ihres Geschlechts das Feuer ihres Zorns löschte und sie plötzlich in Thränen zerschmolz; worauf denn bald eine Ohnmacht die Schlacht endigte.

      Das bißchen Besinnung, welche Rebhuhn während dieses Auftritts, von dessen Anlaß er kein Wort wußte, noch übrig behalten hatte, verließ ihn nunmehr noch völlig. Er lief augenblicklich auf die Straße und schrie aus: seine Frau läge in Todesnöten, und flehete die Nachbarn an, sie möchten ihr doch aufs eiligste zu Hilfe kommen! Verschiedene gute Weiber thaten sein Begehren, gingen in sein Haus, brauchten die in solchen Fällen gewöhnlichen Mittel, und Frau Rebhuhn ward zur innigsten Freude ihres Mannes wieder zu sich selbst gebracht. Sobald sie ihre Lebensgeister ein wenig wieder gesammelt und durch ein herzstärkendes Gläschen wieder etwas beruhiget hatte, begann sie die Gesellschaft von den mancherlei Beleidigungen, die sie von ihrem Manne erfahren hätte, zu benachrichtigen. Er begnügte sich nicht damit, sagte sie, ihr eigenes Ehebette zu beflecken, sondern als sie ihm das vorgeworfen, habe er sie noch dazu auf die entsetzlichste Weise, die man sich nur erdenken könnte, gemißhandelt; habe ihr das Kopfzeug und die Haare vom Kopfe gerauft, habe ihr die Schnürbrust vom Leibe gerissen und zu gleicher Zeit ihr einige Stöße und Schläge versetzt, davon sie die Mäler wohl mit in ihr Grab nehmen würde.

      Der arme Mann, welcher in seinem Gesichte mehr sichtbare Merkzeichen des ausbrechenden Aergers seiner Frau aufzuweisen hatte, stand da im stillen Erstaunen über diese Anklage, welche, wie ihm hoffentlich der Leser bezeugen wird, weit über die Schranken der Wahrheit hinausging; denn in der That, er hatte ihr nicht einen einzigen Schlag gegeben. Da aber sein Stillschweigen von der ganzen Gerichtsbank als ein Geständnis des Verbrechens angesehen ward, so begannen sie alle una voce ihn herunterzumachen und auszuhunzen, wobei oft wiederholt ward, nur eine feige Memme könne ein Weib schlagen.

      Rebhuhn ertrug alles mit Geduld, als aber seine Frau sich auf das Blut in ihrem Gesichte als auf einen Zeugen seiner Grausamkeit berief, da konnte er nicht umhin, das Eigentum seines Blutes zu reklamieren (wir wissen, daß es sein war), weil er es für unnatürlich hielt, daß sein eigenes Blut wider ihn selbst um Rache schreien sollte, wiewohl ehemals das Blut der Erschlagenen gegen ihre Mörder gethan haben und noch thun soll.

      Auf diese Reklamation gaben die Weiber keine andere Antwort, als: es wäre schade, daß das Blut nicht aus seinem Herzen wäre, anstatt aus seinem Gesichte, und alle erklärten dabei, daß, sollten ihre Ehemänner nur eine Hand gegen sie aufheben, sie ihnen das Blut aus dem Herzen abzapfen wollten.

      Nach manchem Verweise, wegen des Vergangenen, und mancher Vermahnung, die dem armen Rebhuhn wegen seiner künftigen Aufführung gegeben worden, ging endlich die Gesellschaft auseinander und ließ Mann und Weib zu einer persönlichen Konferenz bei einander, worin Rebhuhn sehr bald die Ursache aller seiner Leiden erfuhr.

      Enthält viel Materie, woran der Leser sein Urteil und sein Nachdenken üben kann.

      Ich glaube, es ist eine wahre Bemerkung, daß wenige Geheimnisse nur einer Person mitgeteilt werden; aber wahrlich, es würde einem Wunderwerke sehr nahe kommen, wenn eine Begebenheit von dieser Art einem ganzen Kirchspiele bekannt sein und sich gar nicht weiter verbreiten sollte.

      Und wirklich waren nur wenige Tage vergangen, als die Gegend umher über den Schulmeister vom kleinen Baddington, um mich eines Volksausdrucks zu bedienen, die Schandglocke zog und von ihm sagte, er habe seine Frau entsetzlich geprügelt. An einigen Orten ward sogar ausgesprengt, er habe sie ermordet, an andern, er habe ihr die Arme gebrochen, wieder an andern, er habe ihr die Beine entzwei geschlagen; kurz, es ließ sich kaum eine Beschädigung erdenken, die einem menschlichen Körper zugefügt werden kann, die nicht hie und da versichert wurde, Frau Rebhuhn habe solche von ihrem Manne erlitten. Die Ursache des Streits ward gleichfalls gar verschieden erzählt, denn wie einige Leute sagten, Frau Rebhuhn habe ihren Mann mit der Magd im Bette ertappt, so wandelten auch andere Ursachen von verschiedenem Inhalt umher; ja einige übertrugen die Verschuldung auf die Frau, und auf den Mann die Eifersucht.

      Jungfer Wilkins hatte längst schon von diesem Zwist gehört, da aber eine andere Ursache desselben, als die wahre, zu ihren Ohren gelangte, so hielt sie für ratsam, davon


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