Total Compensation. Frank Maschmann
wird davon ausgegangen, dass es auch nach Inkrafttreten des VorstAG ausreiche, wenn sich das Plenum in seinen Beratungen auf die wesentlichen Vergütungselemente beschränkt.18 Ob es darüber hinaus möglich ist, den Aufsichtsrat auch insoweit zu entlasten, dass das Plenum nur über die wesentlichen vergütungsrelevanten Regelungen beschließt, der Personalausschuss jedoch weiterhin sonstige Vergütungsentscheidungen (etwa zur D&O-Versicherung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Sachbezüge) trifft, bleibt Gegenstand der Diskussion.19 Relevant wird die Frage beispielsweise auch bei der mitbestimmten und drittelmitbestimmten AG, da weder § 103 Abs. 3 AktG noch DrittelbG oder MitbestG eine Regelung dazu enthalten, wie der Personalausschuss zu besetzen ist. Das Plenum kann jedoch Ausschüsse mit einfacher Mehrheit einsetzen. Nicht notwendig sind deshalb Arbeitnehmervertreter im selben Ausmaß im Personalausschuss repräsentiert wie im Aufsichtsratsplenum. Es besteht kein Anspruch auf Besetzung entsprechend der Verhältnisse im Plenum, vielmehr bildet die Untergrenze das Urteil des BGH v. 17.5.1993:20 Der völlige Ausschluss der Arbeitnehmervertreter aus erledigenden Ausschüssen ohne sachlichen Grund stellt eine unzulässige Diskriminierung dar.
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Die sichere Vorgehensweise dürfte sein, das Aufsichtsratsplenum über alle vergütungsrelevanten Regelungen des Dienstvertrags und von Nebenabreden, einschließlich etwa auch jährlicher Zielvereinbarungen, beschließen zu lassen.21 Hierfür spricht, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG „deutlich über die Empfehlung des [DCGK] hinaus[gehen]“ wollte,22 und es, etwa auch entgegen der Stellungnahme des Deutschen Anwaltsvereins, der unter Hinweis auf Kapazitätsgrenzen und einen möglichen Autoritätsverlust des Aufsichtsrats eine Begrenzung des Plenumsvorbehalts zumindest auf den Regelungsgehalt des DCGK gefordert hatte, abgelehnt hat, den § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG einzuschränken.23 Da gemäß § 116 i.V.m. § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG die Beweislast für die Angemessenheit der Vorstandsvergütung das Aufsichtsratsmitglied trifft, empfiehlt sich überdies die (gerichtsfeste) Dokumentation der Befassung und Begründung der individuellen Vorstandsvergütung. Regelungen des Dienstvertrages oder von Nebenabreden ohne Vergütungsrelevanz können nach wie vor vom Personalausschuss abgeschlossen werden, da sich der Verweis des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG auf § 87 AktG gerade nicht auf § 84 Abs. 3 Satz 5 AktG erstreckt.24 Ebenso kann dem Personalausschuss die Ausführung der Beschlüsse des Plenums zu vergütungsrelevanten Regelungen überlassen bleiben, soweit sich dies etwa auf Berechnungen der Höhe beschränkt, nicht aber eigenen Entscheidungsspielraum belässt.25
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Auch Änderungen vergütungsrelevanter Regelungen sind damit grundsätzlich vom Plenum zu beschließen.26 Aufgrund der umfassenden Verweisung des § 107 Abs. 3 Satz 3 AktG auf § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG dürfte dies für Klauseln zu sämtlichen Bestandteilen der weit gefassten „Gesamtbezüge“ gelten (vgl. zum Begriff Gesamtbezüge Rn. 15 ff.).27
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Bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung kommt dem Aufsichtsrat ein weites Ermessen zu.28
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Die Hauptversammlung der börsennotierten Aktiengesellschaft kann gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 AktG zwar über die Billigung des Systems der Vorstandsvergütung Beschluss fassen („say on pay“), Rechte und Pflichten erwachsen hieraus jedoch nicht, § 120 Abs. 4 Satz 2 AktG. Es bleibt bei der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des Vorstands gemäß § 87 Abs. 1 AktG.29
14 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 17.3.2009, BT-Drs. 16/12278, S. 6. 15 Vgl. v. Schenck-Gittermann, § 6 Rn. 124. 16 Ebenso Marsch-Barner/Schäfer-Arnold/Günter, Handbuch börsennotierte AG, § 20 Rn. 20 m.w.N. 17 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 17.3.2009, BT-Drs. 16/12278, S. 6. 18 Vgl. etwa Fleischer, NZG 2009, 801, 804. 19 Vgl. hierzu ausführlich Wettich, AG 2013, 374, 378 ff. m.w.N. Dafür wohl Hölters-Hambloch-Gesinn, § 107 Rn. 100 m.w.N. („Es erscheint jedoch ausreichend, wenn das Plenum die wesentlichen wirtschaftlichen Eckdaten diskutiert und beschließt.“); van Kann/Keiluweit, DStR 2009, 1587, 1590; a.A. Spindler/Stilz-Spindler, § 107 Rn. 126; MüKoAktG-Habersack, § 107 Rn. 150 m.w.N.; Beiner/Braun, Der Vorstandsvertrag, Rn. 257. 20 BGH 17.5.1993, II ZR 89/92, NJW 1993, 2307, 2311. 21 So auch Wettich, AG 2013, 374, 378; MüKoAktG-Habersack, § 107 Rn. 150 m.w.N. (umfassende Zuständigkeit des Plenums); Spindler/Stilz-Spindler, § 107 Rn. 126 (umfassende Zuständigkeit des Plenums, einschließlich hinsichtlich sog. appreciation awards und lediglich Delegation bloßer Ausführungshandlungen ohne Entscheidungsspielraum). 22 Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 17.3.2009, BT-Drs. 16/12278, S. 6. 23 Vgl. die Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Handelsrechtsausschuss zum Entwurf eines Gesetzes zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG), Stellungnahme 32/2009, April 2009, Rn. 23 f., abrufbar unter anwaltverein.de. 24 Vgl. Spindler/Stilz-Spindler, § 107 Rn. 127; MüKoAktG-Habersack, § 107 Rn. 150. 25 Vgl. MüKoAktG-Habersack, § 107 Rn. 150; Hölters-Hambloch-Gesinn, § 107 Rn. 100; Annuß/Theusinger, BB 2009, 2434, 2439. 26 Vgl. Wettich, AG 2013, 374, 374. 27 Zu Fragen des Bestandsschutzes vgl. Ihrig/Wandt/Wittgens, ZIP 2012, Beilage zu Heft 40, 1, 6f. m.w.N. 28 BGH, Urt. v. 21.12.2005, 3 StR 470/04, NJW 2006, 522, 523: „[...] beinhaltet nicht jede Vergütungsentscheidung des Präsidiums, die im Ergebnis zu einer Schädigung der Aktiengesellschaft führt, eine Pflichtverletzung. Denn auch hierbei handelt es sich um unternehmerische Führungs- und Gestaltungsaufgaben, für die in der Regel ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum eröffnet ist. Die Anerkennung eines solchen weiten Handlungsspielraums findet ihre Rechtfertigung darin, dass unternehmerische Entscheidungen regelmäßig auf Grund einer zukunftsbezogenen Gesamtabwägung von Chancen und Risiken getroffen werden müssen, die wegen ihres Prognosecharakters die Gefahr erst nachträglich erkennbarer Fehlbeurteilungen enthält. Deshalb ist eine Pflichtverletzung nicht gegeben, solange die Grenzen, in denen sich ein von Verantwortungsbewusstsein getragenes, ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln bewegen muss, nicht überschritten sind.“ 29 Näher zu Hintergrund und Zweck der Einführung des § 120 Abs. 4 AktG durch das VorstAG vgl. Fleischer, NZG 2009, 801, 805 m.w.N.
III. Inhaltliche Vorgaben für die Vorstandsvergütung
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Vorstandsvergütung muss angemessen (s. Rn. 11 ff.), nachhaltig (s. Rn. 34 ff.) und transparent (s. Rn. 73 ff.) sein.
1. Das Gebot der Angemessenheit
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Das Gebot der Angemessenheit ist in § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG normiert. Danach hat der Aufsichtsrat bei der Festsetzung der „Gesamtbezüge“ dafür zu sorgen, dass diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und