Heiße Wüstennächte in Kairo | Erotischer SM-Roman. Tara Silver
sie zur Schule ging. Tagsüber hatte sie Wasser in Plastikeimern auf ihrem Kopf zur Hütte geschleppt, erst vom fünfzehn Minuten entfernten Ufer des Blauen Nils und später vom Haus des Bürgermeisters, dem ein Freund aus Europa einen Wasserhahn an die Wand des Hauses montiert hatte.
Layla war wie die meisten Frauen im Dorf mit dem Wasserhahn nicht zurechtgekommen und hatte ihn meistens laufen lassen, wenn ihr Eimer voll war. Wem schadete es, wenn das Wasser in den Sand lief? Der Fluss strömte doch ebenfalls freigiebig den ganzen Tag. Doch der Bürgermeister, dieser Geizhals, schimpfte jedes Mal, wenn er einen dabei erwischte, und drehte die Quelle zu, so fest, er konnte. Dann musste die nächste Frau damit kämpfen, das Wasser wieder zum Fließen zu bringen, wobei sich der metallene Knauf schmerzhaft in ihre Hände bohrte. Natürlich ließ sie das Wasser dann wieder fließen, aus Rücksicht auf die nächste Frau, die sich diesen Kampf nicht antun sollte. Auf diese Weise führten die Frauen des Dorfes einen stillen, aber erbitterten Kampf mit dem Bürgermeister und senkten bescheiden den Blick, sobald er sie deswegen ausschimpfte.
Layla war ein stilles Mädchen gewesen und hatte auf ihren täglichen Wegen nie mit den Jungen des Dorfes geschäkert. Möglicherweise, nur vielleicht, hatte sie in ihren Träumen die Welt bereist und aufregende Abenteuer erlebt, aber davon hatte sie niemandem etwas verraten. Die Welt war schließlich für Männer und nicht für junge Mädchen gemacht, deren Sphäre die heimische Hütte zu bleiben hatte.
Einmal in der Woche hatte Layla mit ihren Freundinnen im Fluss gebadet und sie hatten sich gegenseitig die Haare gewaschen und neue Zöpfe geflochten. An diesen Tagen lachten sie miteinander, im sicheren Bewusstsein, dass die Männer sich fernzuhalten hatten, spritzten sich gegenseitig nass und erzählten sich von den Ungerechtigkeiten ihrer Mütter und den Jungen, in die sie verliebt waren. Doch selbst dabei hatte Layla sich zurückgehalten, den anderen zugehört und eigene Geschichten vermieden. Sie war immer ein braves Mädchen gewesen und hatte sich an die Regeln guten Benehmens gehalten.
Bis zu dem Tag, an dem der Fremde in ihr Dorf gekommen war.
Layla hatte immer schon heimlich davon geträumt, eines Tages die große weite Welt zu erforschen. Jamal hatte sie einmal mit ins Kino genommen, das einmal im Monat im Gebäude der Schule veranstaltet wurde. Es war nur ein Raum, in dem alle sich an die am Boden festgeschraubten Schultische quetschten und auf ein schmutziges Laken schauten, auf das ein Film projiziert wurde, aber für Layla war es Magie gewesen. An die Seite ihres großen Lieblingsbruders geschmiegt und vor allem Bösen beschützt, gab sie sich dem Zauber hin und vergaß den Rest der Welt um sich herum.
Ein weißes Mädchen vom Land, gehüllt in enge und glänzende Kleidung, wie Layla sie noch nie zuvor gesehen hatte, reiste in eine große Stadt. Hier war alles voller Glitzer und Licht. Autos fuhren über Wege, die grau und fest waren und wirbelten keinen Staub auf. Überall war Musik. Alle Menschen waren glücklich und ihre Gesichter schimmerten blass und mit rosigen Wange. Die junge Frau fand eine Bar, in der sie als Sängerin auftrat. Layla verstand nicht die ganze Geschichte, aber sie sah, dass manche Menschen die Frau beneideten und ein reicher, junger Mann sich in ihre Stimme und ihr Lächeln verliebte. Er war reich, und am Ende fragte er sie, ob sie ihn heiraten würde.
Layla wusste, dass auch sie eine schöne Stimme hatte und singen konnte. Vielleicht würde ihr eines Tages das Gleiche passieren?
Sie verbarg diesen Traum tief in ihrem Herzen und senkte den Blick noch bescheidener als früher. Es schien unmöglich, dass ein Dorfmädchen aus dem Sudan wie sie eines Tages das gleiche Wunder erleben und die große weite Welt erobern würde. Aber die Frau aus dem Kino war ebenfalls aus einem Dorf gekommen, auch wenn das Dorf sauberer und reicher schien als das, in dem Layla lebte. Sie hatte es geschafft. Warum sollte Layla es nicht ebenfalls schaffen? War sie etwa weniger wert, nur weil ihre Haut dunkel und ihre Nase breiter war?
Sie blieb schüchtern und ignorierte scheinbar die Neckereien der jungen Männer, die das Erblühen ihres jungen Körpers mit Pfiffen und Neckereien kommentierten und ihr auf diese Weise versicherten, dass sie schön genug war, um mehr als einem zu gefallen. Doch jeden Tag, wenn sie mit gebeugtem Kopf Körner mahlte oder mit hocherhobenem Kinn Wasser nach Hause trug, sang sie leise vor sich hin und träumte von dem Wunder, das ihr eines Tages widerfahren würde.
Als der Fremde ins Dorf kam, schien sich ihr Traum zu erfüllen. Er war charmant und brachte mit seinem Lächeln alte und junge Frauen dazu, ihn anzuhimmeln, doch sein Blick wanderte immer wieder zu Layla. Es schien, als bestünde zwischen ihren Augen ein geheimes Einverständnis, das ihr Blut in Wallung brachte, wie es nie zuvor gelodert hatte. Und als man ihn fragte, woher er käme, sagte er, dass er seine Familie besucht hatte, um ihr Geld zu bringen – und jetzt wieder auf dem Weg in die Stadt war, um mehr zu verdienen!
Laylas Herz pochte wie verrückt.
Der Fremde wurde als Gast in die Hütte des Dorfältesten eingeladen, wo seine beiden Frauen sich darum stritten, wer ihm das Essen servieren durfte. Abends saßen die Männer auf dem Dorfplatz, redeten über Politik und Ernte und wichtige Dinge, bei denen die Frauen zu schweigen hatten, bis sie später in der Nacht ihre Ehemänner in der Verschwiegenheit des Ehelagers beraten durften.
Layla hatte beim Kochen geholfen und schaffte es, beim Servieren scheinbar zufällig die Finger des Fremden zu berühren, als sie ihm ein Trinkgefäß reichte. Es fühlte sich an, als würde ein elektrischer Blitz ihre Finger durchzucken und die Knospen ihrer zarten, mädchenhaften Brüste zum Erblühen bringen. Wieder trafen sich ihre Blicke und erfüllten Layla mit ahnungsvoller Erwartung. Der Fremde sah stolz und verwegen aus. Beinah wie ein König aus vergangenen Zeiten, von denen die Großmutter früher abends erzählt hatte.
An diesem Abend erzählten die Männer in ihrem Kreis in der Mitte des Dorfes Geschichten. Die Frauen blieben außerhalb davon und lauschten ebenfalls, auch wenn sie ständig in Bereitschaft blieben, ob einer der Männer sein Trinkgefäß hob und nachgefüllt bekommen wollte. Sie machten bewundernd »Ah« und »Oh«, als der Fremde erzählte, wie viel Geld er in der Stadt verdiente und jeden Monat an seine alte Mutter schicken konnte – und wie sehr es ihn schmerzte, dass er in der Stadt allein in seiner luxuriösen Wohnung leben musste, weil die Mutter in ihrem Dorf bei den Schwestern und Freundinnen bleiben wollte.
Laylas Herz pochte noch schneller, als er das erzählte. Eine ganze Wohnung für sich allein – in ihrer Vorstellung war eine Wohnung eine Hütte, die noch größer war als die des Bürgermeisters, und in der so luxuriöse Möbel standen wie aus dem Film mit der weißen Frau – war mehr, als sie sich vorstellen konnte.
In ihrer Vorstellung betrat sie das Haus des Fremden, das viel mehr Zimmer hatte als die kleine Hütte, in der sie mit ihren Eltern und Geschwistern lebte und schlief. Der Boden bestand nicht aus festgestampftem Lehm, sondern aus glänzendem Holz oder Steinen, oder er war mit einem Teppich bedeckt, der aussah wie Fell. Jeder Schritt darüber bereitete den Fußsohlen sinnliches Vergnügen. Fenster mit riesigen Glasscheiben und schweren, leuchtenden Vorhängen sperrten die Außenwelt aus. Sie mussten nicht auf Kissen auf dem Boden sitzen, sondern besaßen kunstvolle Stühle und Tische, an denen das Essen aus dem dünnen, bemalten Geschirr gleich dreimal so viel Freude bereitete.
Und sie selbst hätte nichts weiter zu tun, als den ganzen Tag all die Herrlichkeiten zu putzen, zu polieren, sich daran zu erfreuen und abends ihren Mann willkommen zu heißen.
Wenn er nach Hause kam, würde sie ihn liebevoll umarmen und von ihm zu einem leidenschaftlichen Kuss gezwungen werden, der das Feuer anfachte, das sich während eines Tages voller Glück in ihr aufgestaut hatte. Er würde ihren Körper streicheln, ihre Brüste, ihren Hintern und irgendwann vielleicht sogar die Stelle zwischen ihren Beinen, die nur für den Ehemann gedacht war.
Wie glücklich sie als Frau eines solchen Mannes sein würde! Jeder Tag wäre erfüllt von Freude und Dankbarkeit, und sie würde ihm statt ihrer Schwiegermutter die Füße massieren, um zu zeigen, wie sehr sie ihn für die Chance dankte, die er ihr ermöglicht hatte.
Und irgendwann würde sie eine Bar finden, in der sie einfach auf die Bühne ging und zu singen begann – wie die Frau aus dem Film. Und dann …
Weiter als bis zu diesem Punkt konnte sie nicht träumen. Ihr fiel nicht ein, wie es weitergehen könnte.
Wenn