Time of Lust | Band 4 | Geliebter Schmerz | Roman. Megan Parker
entgegnete er.
»Wieso nicht? Haben wir jetzt auch noch Redeverbot?«, beschwerte ich mich.
Edward lachte. »Nein, entspann dich einfach.«
»Ich will mich nicht entspannen! Bitte, Edward!«
Er seufzte. »Wenn es dir so wichtig ist, dann frag Damian!«
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, ich stand auf und wandte mich an Damian. Und da er in Hörweite von Santiago saß, flüsterte ich ihm meine Bitte ins Ohr. Leider verstrickte ich mich dabei in eine kleine Diskussion, weil er es ebenfalls nicht erlauben wollte und ich mehr als verzweifelt darüber war. Meine Worte wurden schnell lauter. Zuerst erntete ich nur einen bösen Blick von Santiago, doch als ich noch ein Wort sagte, sprang er auf, packte mich an den Händen und schleuderte mich zurück in meinen Sitz, sodass mir kurz die Luft wegblieb.
»Hände runter!«, fauchte er. Er zog den Gurt so fest über meine Arme und meinen Körper, dass ich mich nicht mehr rühren konnte. »Du bleibst sitzen!«, zischte er, fasste an mein Kinn und strafte mich mit einem bitterbösen Blick.
Ich sah, dass sich sein Kiefer bedrohlich nach vorn schob, als wollte er mir ins Gesicht spucken. Doch er tat es nicht. Er ließ mich abrupt los und setzte sich wieder.
Mich schüttelte es innerlich vor Kälte. Hatte Santiago denn nur noch Qualen und Verachtung für mich? Ich hätte meine Hände aus dem Gurt herausziehen können, aber ich traute mich nicht. Nur langsam beruhigte sich mein Atem wieder. Ich fragte mich selbst, warum ich das eben getan hatte. War ich jetzt schon wie Lilienné, dass ich ihn provozieren musste, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen? Ich schloss meine Augen und dachte an Aruba ... Es war tatsächlich dasselbe Hotel. Der schöne Strand. Das Meer. Ronan ... Ich machte mir große Sorgen wegen Ronan. Ich wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er mich sähe. Und ich wusste nicht, wie Santiago reagieren würde.
Ich fürchtete die Begrüßung.
***
Bei unserem Eintreffen im Hotel merkte ich, dass David verstärkt ein Auge auf mich hatte. Es machte mich verrückt, dass ich nicht wusste, woran er sich erinnern konnte. Doch Santiago ließ ihm kaum eine Gelegenheit, sich jemand anderem zu widmen. Er wollte David neben sich haben.
Als wir die schmucke Empfangshalle betraten, war ich dankbar, dass man uns verspiegelte Sonnenbrillen zugestanden hatte. Auf den ersten Blick sah ich nur Angestellte und keine Gäste und sofort fragte ich mich, ob Santiago wohl das ganze Resort gemietet hatte. Unter dem riesigen Strohdach surrten leise die Ventilatoren, all die bequemen Lounge-Möbel schienen verlassen, dafür hatte man viel mehr Glasvasen mit prächtig blühenden Orchideen rundum verteilt.
Die Männer betraten als erstes den mit glänzendem Marmor ausgelegten Bereich der Empfangslounge, Edward hielt sich etwas weiter hinten bei uns Mädchen, und kaum hatte man uns gesehen, war leichte Aufregung an der Rezeption. Eine junge Dame verschwand im Büro, zwei andere arrangierten bunte Cocktails in hohen Gläsern und während ich mich noch umsah, kam Ronan!
Er schritt freudig begeistert auf Santiago zu, als würde er ihn seit Jahren kennen. Aber er schüttelte ihm die Hand und stellte sich höflich vor, wobei er ihn gleichzeitig in einer vertrauten Willkommensgeste am Oberarm berührte.
Genauso herzlich begrüßte er David, und sie wechselten ein paar Worte, bei denen es um die Hochzeit ging und darum, dass es Ronan offenbar leid tat, dass wir alle nicht schon früher hatten Urlaub bei ihm machen können.
Danach ließ er die Cocktails verteilen und setzte seine Begrüßung bei Damian fort. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Ronan strahlte vor Freundlichkeit und Frohsinn. Ich konnte mir kaum erklären, warum ich einst gemeint hatte, er würde Santiago zum Verwechseln ähnlich sehen, denn jetzt fand ich das überhaupt nicht mehr. Er war zwar groß, schlank und dunkelhaarig und verfügte nach wie vor über männlich dominante Züge, die mich faszinierten, aber er wirkte in seinem ganzen Wesen viel entspannter und unbeschwerter. Er strahlte eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus – wie ein Mann, der es verstand, das Leben zu genießen.
Nun küsste er Liliennés Hand und zauberte damit ein verzücktes Lächeln in ihr Gesicht, woraufhin Santiago ihn, leicht genervt, von jeder weiteren Begrüßung abhielt und ihn selbst in ein Gespräch verwickelte. Und nun passierte es zum ersten Mal, dass Ronan mich bewusst ansah. Er sprach mit Santiago, aber zwischendurch fiel sein Blick mehrmals auf mich, und es bestand kein Zweifel, dass er mich trotz der Sonnenbrille erkannte ... Doch ich erschauderte, als ich merkte, dass sein Lächeln dabei zusehends aus seinem Gesicht verschwand – dass er für mich offensichtlich kein Lächeln hatte und ich auch nicht wusste, wie ich seine ernste Miene zu verstehen hatte.
Ich war direkt erleichtert, als eine junge Frau kam, die uns zu den Unterkünften begleiten sollte, während die Männer noch weiter redeten. Einzig Edward blieb bei uns. Wie sich später herausstellte, sollte er während des gesamten Aufenthalts die Verantwortung für uns Mädchen tragen.
Zu fünft folgten wir der Angestellten quer durch die Anlage, vorbei an der Poollandschaft und auch an der kleinen Strohhütte mit den Massageliegen ... Beiläufig fiel mir auf, dass wir doch nicht die einzigen Gäste waren. Unser Weg führte uns aber in einen ruhigen, abgelegenen Teil der Anlage, wo keine anderen Leute mehr hinkamen. Sogar der Sandstrand erstreckte sich hier als eigene kleine Badebucht getrennt vom Rest des Resorts. Und als wir die letzten Büsche und Palmen hinter uns gelassen hatten, lag die pompöse Villa vor uns, in der Santiago für die nächsten Tage logieren sollte.
Sie war riesig und modern, aus edlem Holz und Bambus, viel Glas und Chrom. Die Konstruktion stand auf Stelzen, halb am Ufer und zur Hälfte ins Meer hineingebaut. Ich vermutete einen Pool auf der Vorderseite, aber man konnte von außen nicht viel sehen. Neben der Villa gab es noch zwei weitere Bungalows, die viel kleiner waren. Edward erklärte uns, dass wir vorerst hier bleiben und erst bei der Anreise der Hochzeitsgäste zu Santiago in die Villa übersiedeln würden. Alice und ich sollten uns ein Zimmer teilen, genau wie Natalie und Lilienné.
In unserem Bungalow erhielten wir eine kurze Führung und Einweisung von der netten Hotelangestellten, danach verpasste uns Edward Ausgangsverbot und ließ uns allein, um die anderen beiden Mädchen in ihr Zimmer zu begleiten.
Mein Blick fiel als erstes auf das Sofa im Wohnbereich und ich fragte mich, ob Edward in der Nacht hier schlafen würde. Für Alice und mich war wohl das große Himmelbett im Nebenzimmer gedacht. Ich mochte den Stil der Möbel.
Plötzlich rief mich Alice zum Fenster und wir beobachteten, wie Ronan unsere Männer, eskortiert von einigen Angestellten, zur großen Villa führte. Offenbar legte er Wert darauf, Santiago persönlich seine Unterkunft zu zeigen.
»Ich hüpf schnell unter die Dusche«, informierte ich Alice, denn ich wollte mir den Stress und die Anstrengung der Reise vom Leib waschen. Alice öffnete inzwischen unser Gepäck und begann auszuräumen. Irgendjemand hatte auf Ivory in weiser Voraussicht, dass wir jeweils zu zweit in einem Zimmer schlafen würden, einen Koffer für uns gepackt. Die ganze Kleidung darin war doppelt, wie für Zwillinge.
Als ich wiederkam, hatte sie bereits alles sortiert und Edward war noch nicht zurück, also schlüpfte ich in einen weißen Bikini, während Alice sich ins Bad zurückzog. Vermutlich war es uns nicht mal erlaubt, eigenmächtig zu duschen, dachte ich. Mit einem flauen Gefühl im Magen und einem Anflug von schlechtem Gewissen setzte ich mich auf unser Bett. Ich sah eine Speisekarte, eine Fernbedienung und ein Telefon auf meinem Nachttisch ... als es an unserer Tür klopfte.
Alice war zuerst dort, sie hatte schnell ein weißes Handtuch übergeworfen, vermutlich in der Annahme, es wäre Edward ... doch es war Ronan.
»Hi«, raunte er freundlich. »Ich wollte nur sehen, ob alles in Ordnung ist ...«
»Ja«, entgegnete Alice, leicht erschrocken, und trat einen Schritt zur Seite.
Daraufhin kam er herein. »Wir hatten noch nicht das Vergnügen«, schmeichelte er, küsste angedeutet ihre Hand und bedachte sie mit einem gewinnenden Lächeln.
Mit dem gleichen gewinnenden Lächeln kam er anschließend auf mich zu. Ich hatte Angst, er könnte jetzt vielleicht einen