Time of Lust | Band 4 | Geliebter Schmerz | Roman. Megan Parker
abendlichen Ritual erzählt?«, fragte ich ihn.
Er nickte.
»Du weißt also, was sie sich erspart, weil du sie jeden Tag auswählst?«
»Ja«, meinte er und sah mich mitfühlend an.
Unweigerlich traten Tränen in meine Augen. Selten zuvor hatte ich mich Edward so sehr ausgeliefert gefühlt wie in diesem Moment. »Du könntest auch ein anderes Mädchen wählen«, hauchte ich geknickt.
Er nahm mich in seine Arme und streichelte über meinen Rücken.
»Du müsstest ja gar nichts mit mir machen«, schluchzte ich. »Es weiß ja keiner.«
Er seufzte. »Wenn ich dich auswähle, kann ich Lilienné nicht auswählen«, gab er mir zu bedenken.
»Bitte ...«, flehte ich.
»Zahira, ich kann nicht. David hat es verboten. Du darfst das eigentlich nicht wissen, aber er hat Exklusivität für dich angeordnet. Auch Damian darf nicht! Und David selbst verzichtet. Außer Santiago schläft keiner mit dir.«
»Was?« Erschrocken löste ich mich aus seiner Umarmung. »David? ... Wieso tut er das?«
»Ich weiß es nicht«, versicherte Edward.
Er hatte keine Erklärung dafür und wir liefen weiter. Doch von diesem Moment an war mir Davids Verhalten noch viel unerklärlicher.
***
Ich ließ ein paar Tage vergehen und versuchte verzweifelt, mit meinem Schicksal zurechtzukommen, und damit, dass jeden Tag dasselbe mit uns passierte und wir nichts dagegen tun konnten. Man holte uns morgens und abends für die geplanten Rituale. Während wir morgens ausgiebig erregt wurden, wurden wir abends ausgiebig befriedigt, zwischendurch ging Edward mit uns zum Laufen, die gesamte übrige Zeit verbrachten wir einsam in den Verliesen.
Ich begann sogar, die Bücher und Kataloge durchzublättern, die mir Damian gebracht hatte. Immer wieder blieb ich bei Berichten über Bali und die Südsee hängen. Für mich waren es damals die schönsten Plätze auf der Welt und ich musste direkt schmunzeln, wenn mir auffiel, wie wählerisch ich doch war ... anstelle von der Ferne zu träumen, wäre ich doch schon glücklich gewesen, einfach nur nach oben zu dürfen, zu David und Santiago. Aber die beiden waren offensichtlich zu sehr mit ihren eigenen Plänen beschäftigt, um sich mit uns zu befassen.
Wehmütig blätterte ich auch jene Kataloge durch, die mich weniger interessierten. Ich fand einen über Luxushotels in der Karibik, und er weckte plötzlich mein Interesse, als ich auf das Seven Seas stieß. Es war das Resort auf Aruba, in dem ich damals bei meinem Bikini-Model-Shooting untergebracht gewesen war! Ich hatte nicht damit gerechnet, ein Hotel in diesen Katalogen zu finden, in dem ich selbst einmal logiert hatte. Interessiert las ich die Beschreibung und plötzlich entdeckte ich auch ein Bild von Ronan! Offensichtlich hatte er sich, als es darum ging, die Hotelbar ansprechend in Szene zu setzen, selbst als Model zur Verfügung gestellt! Er trug einen dunklen Anzug, saß einsam mit einem Glas Whiskey an der Bar und lächelte charmant. Als ich daneben auch noch ein Bild von der kleinen Strandhütte entdeckte, wo wir uns das erste Mal nähergekommen waren, stiegen mir Tränen in die Augen ... Wie attraktiv er doch war, wie sexy und verführerisch, und wie sehr ich ihn begehrt hatte! Alles hätte damals so schön sein können, wären da nicht die Schatten aus meiner Vergangenheit gewesen, die meiner Unbeschwertheit einen Riegel vorgeschoben hatten. Ich seufzte ... Gleichzeitig fiel die erste Träne auf das Papier ... eine zweite und eine dritte.
Ich musste aufhören an Ronan zu denken! Solange mein Leben mit Santiagos Liebe und Aufmerksamkeit noch ausgefüllt gewesen war, hatten mich Gedanken an Ronan nie belastet, aber heute machten sie mich traurig.
Schweren Herzens schlug ich den Katalog wieder zu und widmete mich einem Bildband über Indonesien.
***
Inzwischen hatte ich mich an das Frühstücksritual zumindest soweit gewöhnt, dass ich neben der intimen Stimulation auch essen und den Gesprächen der Männer folgen konnte. Ich spitzte jedes Mal meine Ohren, wenn es um die Hochzeit ging. In Etappen fand ich heraus, dass sie auf einer Insel heiraten und einen erlesenen Kreis von maximal zehn Personen einladen wollten. Und auch wir Mädchen dürften mitkommen! Santiago überlegte sogar, Natalie für die Tage der Feierlichkeiten von Los Angeles einfliegen zu lassen, weil er eine Anzahl von drei Mädchen als zu gering, unausgeglichen und nicht standesgemäß empfand. Gegen Jana oder Amanda verwehrte sich David.
Bloß über die Destination war man sich noch nicht im Klaren. Hawaii, Fidschi und Bora Bora standen zur Diskussion. Der Klang der Südseeinseln in meinen Ohren ließ mein Herz sofort höher schlagen und ich hatte direkt Probleme, meinen Atem in diesem engen Bustier zu regulieren. Aber sie erwogen auch Santiagos Stammhotel auf den Bahamas, wo die Anreise weit kürzer und alles schon auf Santiago abgestimmt war. David meinte, jedes neue Hotel wäre ein Risiko, da man sich bei Santiagos Allüren nie sicher sein konnte, dass der Urlaub dort nicht in einem Fiasko enden würde.
Andere Einzelheiten über Kleidung, Gästeliste oder den Termin konnte ich nicht herausfinden. Ich wusste auch nicht, ob ein Hochzeitsplaner beauftragt worden war. Ich hatte das Gefühl, jedes Mal, wenn es interessant wurde, war unsere begrenzte Zeit auch schon vorüber und man schickte uns in den Keller, wo sich die leidigen Sitten und Rituale fortsetzten.
Ich beneidete Lilienné. Sie hatte wenigstens Edward, an den sie denken konnte und von dem sie jeden Abend wieder abgeholt werden würde. Vermutlich hätte ich ahnen sollen, dass man Edward derzeit nicht vertrauen konnte. Es war leichtsinnig gewesen, eine Bitte an ihn zu richten ... Aber das wurde mir erst in der letzten Woche vor unserer Abreise bewusst ...
Neunzig Minuten
Es war mitten in der Nacht, als sich die Schiebetür zu meinem Verlies unerwartet öffnete. Damian flüsterte mir zu, ich solle aufstehen und ihm eilig folgen. Gemeinsam schritten wir den Flur entlang zu einem etwas abgelegenen Verlies, das ich bis dahin noch nie gesehen hatte. Es war gut doppelt so groß wie alle anderen, aber genauso leer und auf den ersten Blick ohne jegliche Einrichtung.
»Hier, deine Schuhe. Zieh sie an!«, meinte Damian leise.
Er gab mir die High Heels und auch hübsche weiße Spitzendessous, die ich gegen mein Nachthemd tauschen sollte.
Schlaftrunken wechselte ich die Kleidung. Als die kleinen Schlösser an den Riemen meiner Schuhe eingerastet waren und ich mich wieder erhoben hatte, war Damian verschwunden.
Nervös ging ich ein paar Schritte auf und ab und kämmte mit den Fingern durch meine langen Haare. Würde ich jetzt Santiago sehen? High Heels und hübsche Dessous – das waren doch Zeichen. Hatte Edward nicht gesagt, außer Santiago würde keiner mit mir schlafen? War es jetzt soweit? Hatte er sich an mich erinnert? Hatte er Sehnsucht nach mir? Unweigerlich ging mein Atem plötzlich schneller, ich konnte kaum sagen, ob vor Nervosität oder Vorfreude. Mit dem Kopf voller Hirngespinsten bemerkte ich auch erst nach ein paar Minuten die Besonderheiten in diesem Raum, die meine sentimentalen Wunschträume leicht irritierten ...
In der Mitte des Pflastersteinbodens gab es einen ungewöhnlich großen Abfluss – eine kreisrunde Öffnung von der Größe eines Fußballs – und der Wasserstand darin war kurz vor dem Überlaufen. Aber das war nicht das Einzige. Etwas weiter hinten im Raum entdeckte ich einen dünnen durchsichtigen Schlauch, der nicht weit über dem Boden aus der Wand ragte. An seinem Ende hing ein kleiner Trichter. Würde hier das Wasser rauskommen?
Leicht verunsichert überlegte ich, wozu man bei einem so dünnen Schlauch einen solch riesigen Abfluss brauchte ... doch dann ertönte das vertraute elektronische Summen der Schiebetür, sie öffnete sich, und mein Blick fiel auf gleich drei unserer Männer! Edward, Damian und Santiago!
»Lass das Video in Zahiras Verlies in einer Schleife laufen«, beorderte Santiago Damian. »Es wird David nicht auffallen, die letzten zwei Wochen bieten genügend Material. Und lösch das hier!« Er zeigte auf die Kamera über ihm im Flur. »Das Frühstück für die Mädchen ist für die nächsten drei Tage gecancelt. Sie dürfen sich erholen«, fügte er gönnerhaft hinzu.
Damian