Delicious 1 - Taste me | Erotischer Roman. Alice White
wenn du wüsstest, wie oft wir es schon in Gedanken getrieben haben, von daher ...«, entgegnete ich gleichermaßen unschuldig. Wir lachten. Offenbar hatte Christian ein ebenso funktionstüchtiges Kopfkino wie ich.
»Wieso hattet ihr noch nie Sex? Schwul ist er nicht, da besteht kein Zweifel. Das hätte ich gemerkt.«
»Ich ficke keine Arbeitskollegen. Erst recht nicht mit meinem Boss«, sagte ich bestimmt. Er drückte seine Zigarette aus und schaute auf die Uhr.
»Zu dumm, na ja, musst du selbst wissen. Wollen wir?« Er reichte mir die Hand und zog mich vom Stuhl hoch.
»Wann kommt die Gesellschaft morgen?«
»Sehr früh ...«
***
Samstagabend. Im Roten Festsaal dröhnte die Musik durch die Lautsprecher. Es war kurz vor Mitternacht. In der Küche bereiteten Frank und Gabi gerade die Eistorte vor. Frank, unser Küchenchef, tupfte sich die Stirn ab. Er war schon Anfang sechzig und auch wenn er jeden fast erschlug, der ihn auf sein rüstiges Alter ansprach, konnte man sehen, wie sehr er sich den Ruhestand herbeisehnte. Gabi wünschte sich das ebenfalls. Sie war schon seit Jahren scharf auf die Küchenleitung. Jedes Mal, wenn Frank freihatte, führte sie ihr straffes Regiment. Mit militärischer Disziplin und akribischer Genauigkeit. Auch sie war Gastronomin aus Leidenschaft und ließ sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Als Frau müsste man grundsätzlich noch einen oben draufsetzen, um sich Respekt zu verdienen. Ich teilte ihre Ansicht zwar nicht, aber ich respektierte ihre Hartnäckigkeit.
»Kann raus«, schrie Frank aus der Küche. Christian holte die Wunderkerzen aus der Schublade unter der Kasse und verschwand hinter der Schwingtür am Pass. Sekunden später kam er wieder heraus und schob den großen Metallwagen samt Torte vor sich her. Ich hielt ihm die Türe zum Roten Saal auf und wieder dröhnte mir die Musik entgegen. Genervt schloss ich sie hinter ihm. Der DJ war grauenhaft. Lauter Müll aus den Neunzigern. Ich bevorzugte Classic Rock der Siebziger und Achtziger. Aber nun ja, wenn es der Braut gefiel, sollte sie es haben. Christian kam mit dem leeren Wagen zurück und brachte ihn wieder an seinen Platz.
»Na, was meinst du, wie lang geht der Spaß heute noch?« Ich setzte mich an den Tresen und strich mir die Waden hinunter. Ich war schon seit Stunden am Rennen und allmählich taten mir die Beine weh.
»Schwer zu sagen. Schaut Ole noch vorbei?« Er nickte.
»Ist schon unterwegs.« Hendrik stieß mit vollem Tablett die Saaltür auf und steuerte die Spülküche an.
»Sag bloß, du kannst nicht mehr?« Bevor ich antworten konnte, verschwand er um die Ecke und ich hörte das Tablett klirren, als er es scheinbar abstellte. Gleich darauf stand er schon hinter der Theke und drückte auf die Kaffeemaschine.
»Noch jemand?« Christian schüttelte den Kopf. Sein Telefon klingelte.
»Ja? Was soll das heißen, du kommst nicht rein? Sekunde, ich gehe raus.« Er richtete das Wort an uns. »Irgendein Penner hat die Einfahrt blockiert. Ich geh mal eben Ole retten.« Christian war kaum zur Tür raus, schon stand Hendrik direkt neben mir und starrte mich wieder unverhohlen an.
»Also, Alex, was machen wir heute Abend noch?« Er stützte sich lässig auf die Theke und zog seine Kaffeetasse zu sich heran. Ich versuchte, ihn nicht anzustarren. Mit wenig Erfolg. Ich blieb immer und immer wieder an seinem Schritt hängen und stellte mir vor, was sich unter dem Stoff verbarg. Egal, wie sehr ich mich bemühte, wegzuschauen.
Vierundvierzig Tage ohne Sex.
»Und? Gefällt dir, was du siehst?«, fragte er mich und grinste, als er meinem Blick zu seinem Schritt gefolgt war. Ich schaute ihm ins Gesicht und versuchte, lässig zu wirken. Ich gucke nun mal gerne. Dass ich dieses Mal so intensiv wegen meiner Entzugserscheinungen starrte, wollte ich mir nicht anmerken lassen.
»Durchaus. Sehr ansehnlich.«
»Na, so was. Hast du gerade etwas Nettes zu mir gesagt, ohne mir gleichzeitig einen Korb zu geben? Alex, du lässt nach.« Er hatte recht. Ich wollte ins Bett. Eigentlich wollte ich in sein Bett und offenbar hatte er das bemerkt. Er beugte sich zu mir hinab und flüsterte mir ins Ohr: »Ich glaube, ich nehme dich heute mit zu mir nach Hause.«
Seine Stimme kitzelte mich und verschaffte mir Gänsehaut am ganzen Körper. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und stellte mir seinen nackten Oberkörper auf meinem vor. Wie es sich anfühlen würde, seine warme Haut auf meiner zu spüren. Widerwillig riss ich mich von der Tagträumerei los und richtete mich mühevoll auf. Mein Kopf war gerade so vernebelt, dass mir als Antwort nichts Besseres einfiel als ein plattes: »Das werden wir noch sehen.« Dahin war meine Schlagfertigkeit. Schon wieder.
»Hey, Alex. Na, alles klar?« Ole und Christian kamen im richtigen Augenblick durch die Tür. Hendrik begrüßte kurz Ole und machte sich dann wieder an die Arbeit. Im Vorbeigehen strich er mir mit seinem Finger zärtlich über die Wange und zwinkerte mir zu, bevor er im Roten Saal verschwand. Es knisterte. Ich bemühte mich, mir meine Erregung nicht anmerken zu lassen, und verkrümelte mich hinter die Bar, um etwas Ordnung zu schaffen.
Es war fast drei Uhr morgens, als Marlon uns ein Zeichen gab, Schluss zu machen. Ein kleiner Teil der Gesellschaft war noch immer am Feiern. Freddy und Kai hatten Getränkeausschank an der mobilen Bar im Festsaal. Der Rest konnte endlich durchatmen. Wir setzten uns gemeinsam auf die Terrasse, sanken erschöpft auf die Liegestühle und begossen den wohlverdienten Feierabend. Ich ließ meine Blicke erschöpft durch den Rosengarten streifen. Von unserer Position aus hatte man einen direkten Blick auf den Teich, auf dem gerade die Wasserspiele aufleuchteten.
»Was für ein Abend. Eine wirklich gruselige Gesellschaft.« Ich nickte und trank meinen Drink in einem Zug aus.
»Sag mal, Ole, du brauchst nicht rein zufällig einen Job?« Marlon rutschte mit seinem Stuhl dicht an die beiden heran. Da Hendrik eigentlich nur als Aushilfe eingestellt war, brauchten wir bald einen festen Mitarbeiter im Team. Marlon dachte offensichtlich an Ole.
»Auf keinen Fall. Wir haben mal zusammen gearbeitet, das hätte uns fast auseinandergebracht«, meinte Christian und bekam ein zustimmendes Kopfnicken von seinem Partner.
»Arbeit und Privates sind Dinge, die man schwer unter einen Hut bekommt. Wenn man sich jeden Tag permanent sieht, ist das nicht gesund.«
»Außerdem bin ich viel zu gern Barmann, als dass ich noch mal zurück in den Service wollen würde«, beteuerte Ole und Marlon nickte verstehend. Hendrik stand vom Tisch auf und fragte, ob er jemandem etwas zu trinken mitbringen sollte. Ich hatte meine Flasche Martini noch auf dem Tisch stehen, da ich keine Lust hatte, ständig rein zu rennen. Ich schenkte mir noch einen ein und leerte das Glas ebenso schnell wie das davor. Hendrik ging in Richtung Küche. Marlon saß mittlerweile zwischen Ole und Christian. Sie unterhielten sich angeregt über die Vorzüge des Barkeeperjobs. Sie waren beschäftigt und sahen vermutlich nicht, wie Hendrik mir zunickte, bevor er in der Tür verschwand. Ich empfand das als Einladung und stand auf. Ich brauchte keine Ausrede zu erfinden, wohin ich gehen würde. Die drei waren so vertieft, dass sie Hendriks Verschwinden offenbar schon nicht mehr mitbekommen hatten.
Die Lichter im Restaurant waren allesamt erloschen. Nur die Bar war schwach beleuchtet. Aus Richtung des Festsaals hörte ich leises Gemurmel. Hendrik stand hinter der Theke und mixte sich einen neuen Drink. Irgendeinen von diesen bunten Cocktails, bei denen man es am nächsten Tag bitter bereute, dass man ihn getrunken hatte. Nach den Zutaten zu urteilen, tippte ich auf einen Swimmingpool.
»Willst du auch einen?«, fragte er und fixierte mich schon wieder unnötig lang mit seinem Blick.
»Hab genug für heute. Wenn ich noch mehr trinke, hab ich mich nicht mehr unter Kontrolle«, log ich und lehnte mich an die Schrankwand direkt neben ihm. Ich beobachtete, wie er mit gekonnten Griffen die Zutaten zusammenschüttete, ohne seine Aufmerksamkeit von mir abzuwenden.
»Klingt aufregend. Was passiert denn, wenn du außer Kontrolle gerätst?« Ich beugte mich zu ihm rüber und hauchte ihm ins Ohr.
»Willst du das wirklich wissen?« Er nickte. »Ich werde triebgesteuert. Wenn ich einen gewissen Pegel erreicht