Delicious 1 - Taste me | Erotischer Roman. Alice White

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      »Doch. Ich hab Kaffee und Dosen-Ravioli.« Ich trocknete mir im Gehen die Haare und kam zurück ins Wohnzimmer. Bea hatte es sich mit dem Bier auf dem Sofa gemütlich gemacht und schaute sich immer noch fasziniert um. Als wäre sie in einem Museum. »Ich bin ganz hin und weg.«

      »Danke«, sagte ich schlicht und setzte mich zu ihr. »Ich hab leider auch nicht viel da, ich esse meistens auf der Arbeit. Aber ich könnte dir ’ne Tiefkühlpizza anbieten.«

      Gesagt, getan. Eine halbe Stunde später fand die dampfende Pizza ihren Weg zum Elefantentisch.

      »Cello also. Das musst du mir erklären. Ich meine, ich kenne dich zwar nicht, aber allein von der Optik her ...«

      »Ich weiß. Aber wenn ich spiele, sehe ich anders aus. Du glaubst gar nicht, was ein paar Haarnadeln, ’ne halbe Flasche Haarspray und ein kleines Schwarzes alles ausrichten können.« Ich nickte. War mir schon klar, dass sie nicht mit löchriger Jeans auf die Bühne trat.

      »Du hast also auch Auftritte?« Ich konnte mir immer noch nichts Konkretes darunter vorstellen.

      »Ich bin Konzert-Cellistin. Also ja, hin und wieder spiele ich auch vor Publikum«, sagte sie grinsend. Ich war baff. Normalerweise beurteilte ich Menschen nicht allzu schnell nach ihrer Kleidung und ihrem Aussehen. Aber Bea hatte ich binnen Sekunden einen Stempel aufgesetzt. Wie sich herausstellte, den falschen. Sie erzählte mir, dass sie derzeit Musik studierte und schon seit ein paar Jahren hauptberuflich Musikerin war.

      »Es ist nicht so, dass ich nur auf klassische Musik stehe. Ich höre eigentlich recht unterschiedliche Richtungen. Auch aktuelle Stücke eignen sich hervorragend, um sie mit dem Cello zu interpretieren.« Ich hatte mir über klassische Musikinstrumente nie viele Gedanken gemacht, geschweige denn über die Menschen, die dafür Begeisterung aufbrachten. Jetzt wohnte einer davon direkt gegenüber. Schön. Hoffentlich war dieses Ding nicht laut.

      Ich erzählte ihr, was ich beruflich machte. Dass ich mich in meiner Freizeit, wenn ich denn mal welche hatte, mit meinem Bruder traf oder auf Flohmärkten nach neuen Schätzen Ausschau hielt.

      »Funktionieren die alle noch?«, fragte sie und deutete auf meine Sammlung nostalgischer Schreibmaschinen, die ich aus Platzmangel einfach an die Wand geschraubt hatte. Bis auf eine Underwood-Maschine aus dem Jahre 1909, die ich für sage und schreibe siebzehn Euro ergattert hatte, funktionieren noch alle. Insgesamt konnte ich mittlerweile neun teils antike Schreibmaschinen mein Eigen nennen.

      »Beeindruckend. Ich sammle Wählscheibentelefone«, meinte Bea.

      »Echt? Gibt’s ja nicht. Das ist witzig. Warte mal.« Ich stellte meine Bierflasche ab und steuerte das kleine Seitenfenster an. Ich wohnte hier schon seit fast vier Jahren und trotzdem standen unterm Fenster immer noch Kartons herum. Sie fungierten mittlerweile als Fundsachenkisten für nicht sortierbare Sachen. Ich zog eine davon aus der Ecke und kramte einen Augenblick darin herum. Nach einem kurzen Moment des Wühlens holte ich ein etwas verstaubtes orangefarbenes Wählscheibentelefon heraus. Ich hatte es mal vom Flohmarkt mitgebracht und dann aber feststellen müssen, dass ich orange doch nicht so gut leiden konnte.

      »Hier.« Ich reichte ihr das Telefon.

      »Das ist ja supercool.« Ich setzte mich wieder und nahm einen Schluck von meinem Bier.

      »Kannst du behalten. Sieh es als ein Willkommensgeschenk an. Anstelle von Muffins. Im Backen bin ich scheiße.« Bea fiel mir um den Hals. Ihre wilde rote Mähne kitzelte mich im Gesicht. Sie hatte wirklich unglaublich viel Haar. Aber ich musste sagen, dieses Signalrot hatte schon irgendwie was. Und es passte zu ihr. Ihre blasse, zarte Erscheinung bekam dadurch etwas mehr Pepp. Sie trug einen kleinen Stecker in der Nase und hatte ein Tattoo im Nacken, das ich aber noch nicht so richtig hatte erkennen können. Doch da ich mich heute bereits entblößt hatte, jedenfalls teilweise, fand ich, dass es genügend nackte Haut für einen Abend war, und ließ es mir auch nicht mehr zeigen. Wir verabschiedeten uns gegen ein Uhr morgens und ich legte mich zügig hin.

       3

      »Hendrik, hi.« Er kam gerade aus der Umkleide und stand mir im Weg. Ich blieb äußerlich cool, innerlich hüpfte ich auf und ab. Dreiundvierzig Tage ohne Sex. Ich versuchte, mich an ihm vorbeizuschlängeln. Dabei berührten sich unsere Körper und ich spürte, wie es mir eiskalt den Rücken runterlief.

      »Ich könnte dich jetzt einfach küssen, weil ich weiß, wie sehr es dir gefallen würde«, sagte er und grinste mich selbstgefällig an.

      »Du bist ganz schön vorlaut. Bist du dir deiner Sache so sicher? Vielleicht küsst du ja ganz furchtbar. Kann doch sein.« Ich drückte mich an ihm vorbei, was er mir absichtlich schwermachte.

      »Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden«, bemerkte er grinsend, während er mir wieder unverhohlen auf den Busen starrte.

      »Augen nach oben«, mahnte ich ihn und ging zurück ins Restaurant. Auch wenn ich wenig Verständnis für den Zickenalarm hatte, den meine Exkolleginnen veranstaltet hatten, so konnte ich doch mittlerweile ihre Intention nachvollziehen. Sex am Arbeitsplatz hatte doch einen gewissen Reiz. Ich hatte noch nie etwas mit einem Kollegen gehabt. Hatte aber schon ein paarmal davon fantasiert. Aber so richtig gewollt, hatte ich es bisher nicht. Das war jetzt anders. Ich begehrte ihn. Ich wollte spielen und würde es tun.

      »Na, was macht die Hand? Hab gesehen, dass ich Sonntag freihabe. Vielen Dank dafür.« Marlon lief mit diversen Akten in der Hand an mir vorbei und sah mal wieder ziemlich gestresst aus. Er und Herr Krause, ein Mitarbeiter vom Hotelmanagement, saßen schon seit Tagen an der Planung der Veranstaltungen in diesem Frühjahr. Er pendelte fast täglich zwischen Hotel, Büro und Restaurant hin und her, was ihm wohl tierisch auf die Nerven ging.

      »Nicht jetzt. Hab zu tun.« Ich nickte. »Und gern geschehen«, rief er mir hinterher, bevor er regelrecht davonrauschte.

      Das Mittagsgeschäft war fast durch. Nur noch zwei Tische waren belegt, aber nicht in meinem Bereich. Unser Speisesaal hatte, wie ich fand, seinen ganz eigenen Charme. Überall im Raum zog sich das Pferdemotto durch. Alte Kutschenräder an den Wänden, Kunstwerke aus dem Pferdesport, Hufeisen über jeder Tür und Gestecke aus Korn. Im Roten Festsaal stand sogar eine ganze Kutsche. Bei den meisten Anlässen wurde sie als Ablage für die Geschenke genutzt.

      Ich ging an einen meiner Tische, räumte das restliche Geschirr ab und deckte ihn neu ein. Als ich mit der Arbeit fertig war, gönnte ich mir eine kleine Pause und gesellte mich zu Christian nach draußen. Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke hoch und vergrub mein Gesicht weitestgehend im Kragen.

      »Ruhiger Tag bisher?« Ich nickte. Heute hatte ich noch nicht viel zu tun gehabt. In den Letzten anderthalb Stunden waren meine Tische nur mäßig belegt gewesen.

      »Wir feiern nächsten Monat Oles Geburtstag, schreib dir das Wochenende schon mal auf, damit du dir rechtzeitig freinehmen kannst.« Ich nickte dankend.

      »Habt ihr euch schon an die neuen Umstände gewöhnt?« Ich schaute in sein hageres Gesicht. Er hatte leicht eingefallene Wangen, sah aber nicht kränklich aus, eher markant. Seine Augenfarbe war undefinierbar, je nachdem, von wo das Licht kam. Keine Ahnung, braun war es nicht.

      »Wir kommen zurecht. Der Arbeitsweg ist etwas länger und die Verbindungen hierher sind echt scheiße. Aber im Großen und Ganzen kann ich mich nicht beschweren. Hast du was geplant fürs Wochenende? Hab gehört, du hast dir unverhohlen den Sonntag ergaunert. Eigentlich hatte ich frei, du Miststück.« Er schaute mich tadelnd an. Grinste dann aber. »Schon gut, Marlon sagte mir, er schulde dir was. Und Schulden sollte man begleichen.« Ich lächelte.

      »Gott, danke, dass du ein Kerl bist.« Ich klopfte ihm auf die Schulter. Christian war so unkompliziert. So einfach. Ich war in diesem Moment einmal mehr froh, nur männliche Kollegen zu haben.

      »Um ehrlich zu sein, kann ich Marlon einfach nicht widersprechen. Jedes Mal, wenn er den Mund aufmacht, ziehe ich ihm in Gedanken das Hemd aus.« Christians Blick schweifte ins Leere, während er sich über die Lippen leckte.

      »Und du nennst mich Miststück? Du Luder.« Ich schubste ihn halb von seinem Stuhl und grinste schelmisch.


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