PetPlay | Erotischer Ratgeber. Arne Hoffmann
mit anderen Petplayern, die Teilnahme an Online-Spielen oder Selbstbefriedigung. Inzwischen gibt es einen eigenen Ausdruck für das Onanieren, während man sich Folgen der Zeichentrickserie »My Little Pony« anschaut – das »Clopping«. Gerade hier zeigt sich besonders gut, wie unterschiedlich Menschen empfinden: Was für den einen erotisch vollkommen reizlos ist, macht andere megascharf.
Was gefällt vielen so sehr an Petplay?
Für viele Außenstehende wirkt Petplay vermutlich sehr exzentrisch und sie können kaum nachvollziehen, warum viele Menschen durch diese Spielart bis zum Orgasmus erregt werden. Es ist allerdings bei sehr vielen sexuellen Varianten so, dass jemand, der selbst nicht darauf steht, kaum nachvollziehen kann, warum andere sie als derart lustvoll empfinden. Gerade das Petplay liefert durch seine enorme Bandbreite besonders viele Gründe für die große Begeisterung daran:
Den SM-Faktor hatte ich ja bereits angesprochen. Wer sich gern entwürdigen und erniedrigen lässt, für den ist die Vorstellung ideal, als Haustier gehalten zu werden. Elemente wie absolute Unterwerfung, Verfügbarkeit und Fesselungen (zum Beispiel bei Ponygirls) kommen dazu. Petplay kann eine besonders intensive Unterwerfung darstellen, wenn der Mensch dabei zum komplett verfügbaren Objekt gemacht wird.
Für wieder andere ist Petplay in erster Linie unglaublich befreiend. Statt neue Zwänge erdulden zu müssen, genießen sie es, sämtliche Zwänge ablegen zu können, die mit ihrem Mensch-Sein verbunden sind. Der gesamte Alltagsstress (Termine planen, seine Finanzen verwalten, Verantwortung übernehmen) fällt von einem ab. Als Tier dürfen sie Dinge tun, für die man sie sonst mindestens schräg anschauen würde. Sie müssen sich nicht einmal mehr überlegen, was sie sagen sollen, und bekommen ihren Kopf so wunderbar frei, um ihre emotionalen Bedürfnisse spüren und ausleben zu können – ganz ohne Schamgefühle. Insofern überrascht es nicht, dass sich etwa unter den Zehntausenden britischen Petplayern auffallend viele Leute in Führungspositionen befinden.1
Für manche Menschen ist Petplay so entlastend wie für andere Menschen Yoga, Meditation oder Joggen. Etliche Petplayer haben die genannten Methoden ausprobiert, um abzuschalten. Sie funktionieren bei ihnen aber weit weniger gut zum Abschalten, als in die Rolle eines Tiers zu schlüpfen.
Ein Petplayer, den ich mal zu seiner Vorliebe interviewt hatte, erklärte mir dazu: »Mein Kick ist es, möglich tief in die Pet-Rolle zu fallen, zum Beispiel als Hund längere Zeit irgendwo abgelegt zu werden. Dann werden auch die Serotonin-Rezeptoren so weit abgesättigt, dass der Zigarettenbedarf auf Null sinkt.«2 Und das Magazin Joyclub zitiert einen IT-Berater, der sich dem Petplay hingibt, folgendermaßen:
»Sobald ich ein Hund bin, ist das wie ein kleiner Urlaub. Als Hund nehme ich die Welt anders wahr. Alles ist viel einfacher. Während dieser Auszeit vom Mensch-Sein brauche ich nicht vorzuplanen, darf albern und verspielt sein. Ich befinde mich absolut im Hier und Jetzt, wie bei einer Meditation, nur viel aktiver und spaßiger. Im Rudel mit anderen Hunden oder an der Leine des Herrchens kann ich sogar noch tiefer in die Rolle eintauchen. Dazu gehört das Balgen um ein Spielzeug oder das Befehle befolgen meines Herrchens. Auch wenn mir bewusst ist, dass ich als Mensch die Verantwortung dafür besitze, was mit mir passiert, gebe ich in diesem Moment einen Großteil davon ab und werde frei.«3
Mitunter kann die seelische Entlastung, die Petplay für viele bedeutet, eine fast schon therapeutische Wirkung haben. So sind unter den Petplayern in den USA auch viele Kriegsveteranen, die durch die Schrecken, die sie bei ihrem Einsatz im Irak oder in Afghanistan erfahren haben, traumatisiert wurden. Der britische Petplayer Dylan Walker berichtet: »Bevor ich die Petplay-Community kennenlernte, war ich fürchterlich schüchtern. Jetzt bin ich viel selbstbewusster geworden, weil ich unter Leuten bin, die mich verstehen.«4
Das eigene Denken von ganz unterschiedlichen Belastungen zu befreien, erleben viele Menschen offenbar als so lustvoll, dass es von diesem Punkt bis zu sexuellem Vergnügen nicht weit ist.
Manche Petplayer wollen und genießen geradezu die Aufmerksamkeit, die sie mit ihrer Rolle auf sich ziehen. Das ist eine bestimmte Form von Exhibitionismus.
Nicht jeder mag Sex in Form des klassischen Geschlechtsverkehrs – beispielsweise weil er Erektions- oder Orgasmusprobleme oder ähnliche Störungen hat oder weil es ihm einfach nicht so viel Spaß macht. Petplay ist ein erotischer Genuss, der ohne diese Form von Verkehr auskommen kann, weil er sich auf Streicheln und Im-Arm-Halten begrenzen lässt, wenn man das so möchte.
Sich einem anderen Menschen als dessen Haustier komplett zu überantworten, kann einen ganz besonderen Vertrauensbeweis darstellen, der die gegenseitige Zuneigung verstärkt.
Ein bisschen hat Petplay für viele denselben Reiz wie Karneval – nur dass man eben statt in die Rolle einer Prinzessin oder eines Piraten in die Tierrolle schlüpfen kann, die einen anspricht. Auf diese Weise gewinnt man vielleicht Zugang zu Teilen der eigenen Persönlichkeit, die man sonst kaum wahrnimmt, geschweige denn aktiv zum Vorschein kommen lässt.
Für andere wiederum hat Petplay eine fast schon spirituelle Rolle – vergleichbar mit Schamanen, die ein Tier als Totem wählen, um sich mit seiner speziellen Kraft verbunden zu fühlen.
Wenn ein Pet »dressiert« oder »abgerichtet« wird, hat es ständig neue Herausforderungen vor sich und darf sich über seine Erfolge freuen.
Während es allzu viel Aufmerksamkeit auf sich zöge, als Dobermann verkleidet durch die Fußgängerzone zu tollen, kann man in der Öffentlichkeit zurückhaltendes Petplay – beispielsweise Kraulen hinter dem Ohr – unbeobachteter durchführen als viele anderen sexuellen Aktionen.
Auch der Einstieg ins Petplay ist sehr leicht, es gibt keine Schwelle, die man erst überwinden müsste. Auf dem einfachsten Level braucht man beim Petplay überhaupt nichts zu beherrschen – im Gegensatz etwa zu den Fesselkünsten und Schlagtechniken, die man bei SM-Aktionen draufhaben sollte.
Gelegentlich sind die Kostüme, in die Petplayer schlüpfen, mit einem gewissen Fetisch verbunden, beispielsweise für Kleidung aus Leder, Latex und Gummi.
Auch für diejenigen, die das »Herrchen« eines Tieres spielen, hat Petplay vielfache Reize:
Sie können einen geliebten oder begehrten Menschen noch mehr »besitzen«, als wenn er ihnen als Sklave zur Verfügung stünde. Ein Haustier »gehört« einem ja wirklich, und man kann damit anstellen, was immer man möchte. Außerdem widerspricht es nicht und erfordert nur ein Minimum an Aufwand: Notfalls reicht es, dem Pet etwas zu fressen zu geben und einen Ort, wo es die Nacht verbringen kann.
Auch für den Herrn eines Haustiers können Aspekte reizvoll sein, die sich sonst in SM-Aktionen finden, also seinen Partner zu beherrschen, zu »dressieren« und gegebenenfalls zu bestrafen. Dabei ist die Kontrolle beispielsweise durch Zügel und Zaumzeug oder auch ein Elektro-Halsband besonders stark.
Menschen, die Tiere spielen, sind oft fast so niedlich wie die Tiere selbst, insbesondere wenn es sich um Tiere wie Hündchen, Kätzchen, Häschen oder Ponys handelt. Fast automatisch werden dadurch viel sanftere und liebevollere Gefühle wach, als wenn man jemandem gegenüberstünde, der sich wie ein erwachsener Mensch verhält.
Manchmal wirken Menschen in ihrer Rolle als Pet besonders attraktiv und besitzen eine starke erotische Ausstrahlung, weshalb man ihnen gern zusieht. Das gilt insbesondere für Ponygirls, die ja oft besonders aufreizend präsentiert werden.
Wie du siehst, hängt es stark vom eigenen Naturell und den eigenen Bedürfnissen ab, welchen emotionalen Gewinn man aus dem Petplay ziehen kann. Man muss in keiner Weise gestört sein, um Petplay reizvoll zu finden. Im Gegenteil: Es knüpft an ganz unterschiedlichen emotionalen Bedürfnissen an, die die meisten von uns haben.5
Wo findet man Gelegenheit und Partner zum Petplay?
Wenn