El Gustario de Mallorca und das tödliche Elixier. Brigitte Lamberts

El Gustario de Mallorca und das tödliche Elixier - Brigitte Lamberts


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Dann bist du Milliardärin und kannst tun und lassen, was du willst. Das ist es doch, worauf du wartest.« Er schwankt, doch bevor er stürzt, ist Iwan schon bei ihm und fängt ihn auf.

      »Du wirst hier bestens versorgt, du befindest dich in dem renommiertesten Sanatorium der Schweiz, was soll das mit Mallorca!«

      »Bestens versorgt«, gurgelt Golubew wütend hervor. »Ja, schon, aber sie werden mich hier zu Tode pflegen.« Ein weiterer Hustenanfall schüttelt ihn. Er bekommt kaum Luft, trotz des Sauerstoffs. Iwan lässt seinen völlig erschöpften Herrn behutsam in den Sessel gleiten. Mit letzter Kraft stößt dieser hervor: »Die Königin hat ihrem Mann von dem Wundermittel geschrieben, das ist verbürgt.« Der Oligarch atmet mehrmals schwer. Nach kurzer Zeit hat er wieder etwas Kraft. Mit zittriger Hand packt er das Handgelenk seines Sekretärs und zieht diesen zu sich herunter. »Ich will dieses Fläschchen! Iwan, du besorgst mir das!«

      Nie würde der Hüne seinem Herrn einen Wunsch abschlagen.

      Kapitel 4

      Mittelmeer. Fährschiff auf dem Weg nach Palma de Mallorca. Die hohen Berge im Norden der Insel lassen sich schon erahnen, trotz des Nebels, der sie umgibt. Erste Sonnenstrahlen bahnen sich zögerlich einen Weg durch die Wolken. Sven steht an der Reling und schaut in Fahrtrichtung. Er atmet einige Male kräftig ein und aus und lässt die kühle, frische Meeresluft bis tief in seine Lungenflügel gleiten. Bald hat er es geschafft. Er schaut auf seine Armbanduhr. Fünf Uhr zehn. Wenn wir pünktlich sind, dauert es keine Stunde mehr, stellt er erleichtert fest. Auch diese Nacht war eine Katastrophe, wie zuvor die Übernachtung in Montpellier. Das Hotel in einem ehemals gepflegten Herrenhaus vor den Stadtmauern, das er online gebucht hatte, war zur Jugendherberge heruntergewirtschaftet. Zu dem reservierten Pullmansitz auf der Fähre kam er erst gar nicht durch, so viele Rucksacktouristen hatten es sich schon auf dem Boden bequem gemacht. Egal, ignoriert er seine Müdigkeit, bald bin ich da und dann wird es eine aufregende Zeit. Er merkt, wie seine Energie zurückkehrt und ihn die Freude, einen kulinarischen Reiseführer über Mallorca schreiben zu können, erneut umfängt. Was für ein Auftrag! Er holt sein Tablet aus der Reisetasche und setzt sich auf eine längliche Kiste. Drei Restaurants hat ihm sein Schulfreund Tim empfohlen, der im Yachthafen Porto Portals sein Segelschiff liegen hat und, so oft es seine Arbeit erlaubt, ein paar Tage auf Mallorca verbringt. Das Angebot, auf dem Schiff zu wohnen, hat Sven dankend abgelehnt. Er hat lieber festen Boden unter den Füßen. Außerdem ist das Boot zu klein, um am Wochenende zwei Personen bequem zu beherbergen. Natürlich wollen sie sich sehen und auch etwas zusammen unternehmen. Den Tipp, sich bei Tims mallorquinischen Freunden Sergio und Consuelo Sánchez zu melden, einem älteren Ehepaar, das in ihrem Haus Gästezimmer vermietet, hat er hingegen gerne angenommen. Die beiden wird er gleich persönlich kennenlernen. Die Planung des Reiseführers ist jedoch bisher zu kurz gekommen. Dazu fehlte einfach die Zeit. Er musste noch einiges organisieren, Termine verlegen und bestehende Aufträge abarbeiten. So hat er sich lediglich einen Überblick verschafft über die Reiseführer, die aktuell auf dem Buchmarkt angeboten werden, und davon gibt es einige. Am besten fange ich in Palma an, überlegt er. Immer mehr Mallorca-Besucher, die ihren Urlaub individuell planen, bevorzugen eine Unterkunft in der quirligen Hauptstadt. So können sie Palma, die von den Mallorquinern einfach La Ciu­tat, die Stadt, genannt wird, und den Strand gleichermaßen genießen und bekommen auch noch etwas vom Alltag auf der Baleareninsel mit. Das fand auch der Verleger einen geschickten Schachzug. Svens Finger gleiten über die Tastatur. Palma wird immer mein Ausgangspunkt sein, konstatiert er. Von da aus fahre ich sternförmig über die Insel. Jede Tour eine andere Himmelsrichtung. Zur Not kann ich auch mal unterwegs übernachten, wenn die Route es verlangt. Er hält inne. Eigentlich Quatsch. Ich brauche anderthalb, maximal zwei Stunden von einem Ende der Insel zum anderen. Mit Umwegen und Aufenthalten kann ich gut eine Tour pro Tag schaffen. Anders sieht es aus, wenn ich an der Küste entlangfahre und die Insel umrunde, dann brauche ich schon mehrere Tage. Er schmunzelt. Tim hat ihm erzählt, dass die Mallorquiner ein ganz anderes Gefühl für Entfernungen besitzen. Eine Fahrt von Manacor im Osten der Insel bis in die Hauptstadt ist schon eine größere Reise, obwohl die Strecke mit dem Auto gerade einmal etwas über eine Stunde dauert. Und die deutschen Residenten empfinden das nach kurzer Zeit genauso. Dabei sind die Straßen auf Mallorca in sehr gutem Zustand, vor allem die Autobahnen und Schnellstraßen.

      Sven betrachtet das Meer, das im morgendlichen Dunst dunkelblau, fast schwarz vor ihm liegt. Dann beugt er sich wieder über sein Tablet. Die touristischen Hochburgen am Meer, wie S’Arenal, Cala d’Or oder Cala Ratjada lasse ich erst einmal außen vor. Da wird es schwer, noch etwas Ursprüngliches zu finden, und außerdem sollen meine Leser ja die Insel erkunden, also umherfahren, so wie ich. Dieser Aspekt hat dem Verleger gefallen, das habe ich gespürt. Wer kennt das Landesinnere schon, außer vielleicht die typischen Ausflugziele Manacor, Sóller, Inca oder Valdemossa? Und wie ist das Motto der Mallorquiner noch gleich? ›Tranquilo‹, also immer mit der Ruhe. Es wird sich bestimmt viel Interessantes ergeben. Sven erinnert sich daran, was Tim bei ihrem letzten Telefonat erzählt hat. Er habe einmal vorzügliche Tapas in Artá gegessen, konnte aber leider nicht mehr den Namen der winzigen Bar nennen. Einige Zeit später war Tim dann in Cala Ratjada. Das liegt keine 15 Kilometer von Artá entfernt. Doch er fand kein Restaurant, das Tapas anbot. Das ist eben der Unterschied zwischen einer mallorquinischen Kleinstadt und einer deutschen Touristenhochburg, war sein Kommentar.

      Sven schaut auf. Ein riesiges Kreuzfahrtschiff fährt parallel zur Fähre. Fasziniert betrachtet er den Koloss, der sich einige hundert Meter entfernt an ihnen vorbeischiebt. Er verstaut sein Tablet in der Reisetasche und geht die Reling entlang zum Bug des Schiffes. Der morgendliche Dunst löst sich auf und er kann schon die Silhouette Mallorcas erkennen. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitet sich in ihm aus. Die Berge im Hintergrund nehmen Kontur an. Nach einer Weile erkennt er sogar die Umrisse der Kathedrale, die vom Meer aus wirkt, als wenn sie auf einem Hügel stehen würde. Der hellgraue Kalksandstein der Kathedrale zeigt einen rötlichen Schimmer, als wenn La Seu, wie das Bauwerk von den Mallorquinern genannt wird, von innen leuchten würde. Eine laute Stimme hallt blechern durch die Lautsprecher. Sven schrickt zusammen. Nur so viel hat er verstanden, dass die Autofahrer sich bereithalten sollen, damit die Abfahrt von Deck reibungslos verlaufen kann, nachdem das Schiff angelegt hat.

      Kurz darauf steht Sven in einer Menschentraube vor der noch geschlossenen Stahltür zum Parkdeck. Nachdem ein Ruck durch das Schiff gegangen ist, dauert es noch einige Minuten, bis sich die Tore automatisch aufschieben und die Menschen zu ihren Autos drängen. Sven versucht sich zu orientieren. Er war einer der Ersten am gestrigen Abend und muss durch die Autoreihen bis ganz nach vorne gehen. Von Weitem sieht er schon seinen knallroten Porsche Targa. Die meisten Fahrer haben ihre seitlichen Rückspiegel nicht eingeklappt. Also achtet er darauf, nicht mit seiner Reisetasche hängenzubleiben. Endlich hat er sein Auto erreicht. Er schließt die Wagentür auf, wirft die Tasche auf den Beifahrersitz, hebt das Mitteldach ab, verstaut es im Kofferraum und steigt ein. Dann holt er einmal tief Luft und dreht beherzt den Zündschlüssel um. Wie auf Kommando startet der Motor. Sven gibt leicht Gas und das unverkennbare Röhren ist zu hören. Es hätte auch anders ausgehen können. Er war sich nicht sicher, ob sein Schätzchen von 1985 die salzige Meeresluft auf dem offenen Deck gut verkraften würde.

      Die ersten Fahrzeuge fahren die Rampe herunter. Die meisten biegen auf die rechte Haltespur ab, um auf ihre Mitreisenden zu warten, die in Scharen eine Fußgängerbrücke hinuntereilen. Die Sonnenstrahlen wärmen schon und das Licht blendet. Sven fingert eine Sonnenbrille aus seiner Reisetasche und startet durch. Er hat sich den Weg zu seiner Unterkunft genau eingeprägt: An der großen Kreuzung Paseo Marítimo und Porto Pi muss er auf die Verlängerung der Avenida Joan Miró abbiegen und dann immer geradeaus.

      Nach wenigen Minuten sieht er auf der linken Seite die Mauer und das Eingangsportal zu dem Anwesen, auf dem sich der Palacio de Marivent befindet, ein herrschaftliches Landhaus, die Sommerresidenz der spanischen Königsfamilie. Er bremst ab und fährt langsam daran vorbei. In ein paar Stunden wird es hier nur so von Touristen wimmeln, die sich alle vor dem Portal ablichten lassen wollen. Rechts auf der kleinen Fußgängerinsel sieht er aus den Augenwinkeln einen Polizisten stehen, ein klares Indiz dafür, dass die königliche Familie anwesend ist. Er beschleunigt erneut. Obwohl es bis zu seiner Unterkunft keine zehn Minuten dauern soll, zieht es sich. Auf der einen Seite der Straße reihen sich


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