Der kleine Fürst Classic 37 – Adelsroman. Viola Maybach

Der kleine Fürst Classic 37 – Adelsroman - Viola Maybach


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e>Der kleine Fürst Classic – 37 –

      »Du bist also ernsthaft in sie verliebt?«, fragte Marius von Kleberg seinen Freund Gero von Gahlen.

      Dieser nickte, freilich mit düsterem Gesicht. »Leider. Aber die Sache ist vollkommen aussichtslos, Marius.«

      »Das sagst ausgerechnet du? Ich kenne keinen größeren Frauenhelden unter der Sonne als dich, Gero!«

      »Das war vielleicht so, als ich Ludovica noch nicht kannte«, entgegnete Gero niedergeschlagen. »Aber seit ich mich in sie verliebt habe, hat sich mein Leben von Grund auf verändert. Ich kann nicht mehr schlafen, ich habe keinen Appetit mehr, und meine Arbeit leidet darunter, dass ich nur noch an sie denken kann.«

      »Ja, aber wo ist denn das Problem?«, rief Marius. Er war gerade erst von einer längeren Reise zurückgekehrt und daher noch nicht wieder auf dem Laufenden. »Sag ihr, was du für sie empfindest, und dann wirst du schon sehen, ob sie deine Gefühle erwidert oder nicht.«

      Gero lächelte gequält. »Diese Phase haben wir schon hinter uns, Marius. Wir waren ungefähr zwei Wochen lang sehr verliebt ineinander, ich war buchstäblich im siebten Himmel, obwohl mehrere Leute mich gewarnt haben, mein Glück würde nicht von langer Dauer sein. Und genauso ist es dann ja auch gekommen.«

      »Wie konnten denn andere Leute wissen, wie sich eure Beziehung entwickelt? Entschuldige meine vielen Fragen, aber mir scheint, ich verstehe einfach den Kern der Sache nicht.«

      »Vicky, also Ludovica, braucht ihre Freiheit, sie will sich nicht einengen lassen. Sobald sie das Gefühl hat, dass ein Mann es ernst mit ihr meint, trennt sie sich von ihm – bei dem einen passiert das früher, beim anderen später. Von mir hat sie sich getrennt, als ich ihr einen Heiratsantrag gemacht habe.«

      »Nach zwei Wochen?«, fragte Marius. »Du hast ihr nach zwei Wochen einen Heiratantrag gemacht? Wieso denn nur? Du kanntest sie doch praktisch überhaupt noch nicht.«

      »Ich wusste, dass es für mich keine andere Frau mehr geben würde.« Geros Stimme klang leicht pathetisch.

      »Aber wenn du wusstest, dass sie dazu neigt, davonzulaufen, wenn es ernst wird: Wie konntest du ihr dann einen Heiratsantrag machen?«

      »Ich dachte natürlich, ich sei die große Ausnahme, Marius! Die berühmte Ausnahme von der Regel!«

      Marius schwieg erst einmal, um nichts Unbedachtes zu sagen. Schließlich fragte er vorsichtig: »Und jetzt? Willst du den Rest deines Lebens damit zubringen, dieser Vicky nachzutrauern?«

      »Vermutlich«, murmelte Gero.

      »Das glaubst du doch selbst nicht!« Marius verlor die Geduld. »Herrje, ausgerechnet du, Gero!«

      »Das hast du schon einmal gesagt!« Geros Stimme klang vorwurfsvoll. »Aber du kannst das eben nicht nachvollziehen, du warst ja noch nie in dieser Situation. Ich weiß jedenfalls, was ich fühle. Ich werde sie nie vergessen.«

      Marius beschloss, sich zu diesem Thema erst einmal nicht mehr zu äußern. Man musste ein wenig Zeit vergehen lassen und Gero die Gelegenheit geben, sich wieder zu fassen. Doch er hatte die Rechnung ohne seinen Freund gemacht, denn Gero wollte über nichts anderes reden, als über Gräfin Ludovica von Schönbrunn, genannt Vicky. Er schwärmte von ihrer außergewöhnlichen Schönheit, ihrer stolzen Haltung, ihrer Klugheit, Belesenheit, Vielsprachigkeit, Eleganz; er pries ihren Charme, ihr sicheres Auftreten, und er hätte wohl noch lange so weitergemacht, wenn Marius ihn nicht irgendwann unwirsch unterbrochen hätte: »Es reicht, Gero. Sie ist offensichtlich nicht von dieser Welt, das habe ich jetzt begriffen.«

      »Sie hat nur einen einzigen Fehler«, erwiderte Gero. »Sie ist hochmütig, Marius. Niemand ist ihr gut genug, weil sie genau weiß, wie großartig sie ist.«

      »Damit gehört sie dann zu der Art von Menschen, die ich meide wie die Pest«, stellte Marius fest. »Ich bin sehr froh, dass ihr kein Paar mehr seid, Gero, denn ich hätte sie mit Sicherheit nicht leiden können, und darüber wäre vielleicht sogar unsere Freundschaft in Gefahr geraten. So, wie es jetzt gekommen ist, ist es eindeutig besser.«

      Gero warf ihm einen Blick zu, der Marius an den Hirsch erinnerte, den sein Vater einmal geschossen und tödlich verwundet hatte, als er, Marius, mit ihm auf die Jagd gegangen war. Er hatte seinen Vater kein zweites Mal begleitet, und Jäger war er auch nicht geworden. »Du denkst nur an dich«, klagte Gero, »aber wie es in meinem Inneren aussieht, das kümmert dich überhaupt nicht.«

      »Doch, es kümmert mich sogar sehr, aber meine Lebenserfahrung sagt mir, dass du darüber hinwegkommen wirst – nach einiger Zeit. Du musst nur Geduld haben.«

      »Geduld, Geduld«, sagte Gero. »Die hilft mir auch nicht weiter. Weißt du übrigens, wer ihr neuestes Opfer ist?«

      »Natürlich nicht, woher soll ich das denn wissen?«

      »Jo, der arme Kerl. Er hat keine Ahnung, was ihm bevorsteht.«

      Johannes von Brahms war einer ihrer Freunde, ein liebenswürdiger, sehr kluger junger Mann.

      »Er wird es überleben, genau wie du, Gero. Wollen wir noch einen Wein trinken?«

      Gero war einverstanden. Er ließ dem einen Wein noch weitere folgen, so dass Marius ihn schließlich nach Hause fahren musste. Gero lebte allein, mit einer alten Haushälterin, die nur einen Blick auf den jungen Mann warf und dann murmelte: »Und alles nur wegen dieser Hexe! Hätte er sie doch bloß nie kennengelernt!«

      Diese Worte gingen Marius noch im Kopf herum, als er die kleine Villa betrat, die er von seiner Großmutter väterlicherseits geerbt hatte und seit ihrem Tod bewohnte. Eins hatte seine Unterhaltung mit Gero jedenfalls bewirkt: Er war auf diese Gräfin Ludovica neugierig geworden.

      *

      »Du kannst jeden haben, Vicky, aber keiner ist dir gut genug«, stellte Alina von Schönbrunn fest, während sie ihrer Cousine Ludovica dabei zusah, wie sie verschiedene Hüte aufprobierte.

      »Ja, und? Ist das schlimm?« Ludovica drehte sich zu Alina um. »Ich will eben den Besten.«

      Alina seufzte. »Den gibt es doch gar nicht. Einer sieht blendend aus, dafür ist er nicht ganz so humorvoll. Der nächste hat Humor, ist aber nicht ehrlich und auch nicht ganz so schön. Menschen ohne Fehler gibt es nicht – du selbst hast schließlich auch welche. Ich verstehe nicht genau, was du eigentlich suchst.«

      Ludovica schleuderte den Hut, den sie gerade in der Hand hielt, in einen Sessel und setzte sich neben ihre Cousine. Ihr ebenmäßiges Gesicht wurde von ausdrucksvollen dunklen Augen beherrscht, über die sich feine dunkle Brauen wölbten. Ihre Nase war schmal und gerade, ausgeprägte Wangenknochen gaben ihren Zügen etwas Eigenwilliges, Unverwechselbares. Ihren Mund mit den vollen Lippen konnte sie, wenn ihr etwas nicht gefiel, unwillig zusammenpressen, bis er kaum mehr als ein Strich war. In diesem Moment aber waren ihre Züge weich und offen. Alina war ihre Vertraute, die beiden Cousinen gingen wie Schwestern oder gute Freundinnen miteinander um.

      Warum Ludovica, die sonst keine Freundinnen hatte, sich ausgerechnet mit Alina so gut verstand, darüber machte diese sich keine Illusionen: Sie stellte keine Gefahr für ihre Cousine dar. Alina war zwar hübsch, aber nicht schön. Sie war eine angenehme Erscheinung, dunkelhaarig wie Ludovica, doch nach ihr drehte sich auf der Straße niemand um, und wenn sie einen Raum betrat, wandten nicht alle Anwesenden die Köpfe, um sie bewundernd anzustarren. So aber erging es Ludovica, wo auch immer sie sich befand.

      »Ich weiß auch nicht genau, was ich suche, Alina«, sagte Ludovica jetzt ganz freimütig. »Aber Männer, die mir praktisch aus der Hand fressen, kann ich doch nicht ernst nehmen!«

      »Du meinst, dir müsste jemand Widerstand entgegensetzen?«, fragte Alina.

      »Ja, so etwas in der Art«, murmelte Ludovica. »Wenn man zu viel bewundert wird, langweilt man sich. Ich kann diese Blicke von Männern, die mich anbeten, allmählich nicht mehr sehen.«

      »Deine Probleme möchte ich haben«, erklärte Alina. »Ich wünschte, ich könnte mal so richtig baden in anbetenden Män­nerblicken – so wie du. Stattdessen übersehen sie mich einfach, jedenfalls wenn du in der Nähe bist.«

      »Tut mir leid«, behauptete Ludovica, doch das entsprach, wie Alina genau wusste, nicht


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