Der kleine Fürst Classic 39 – Adelsroman. Viola Maybach

Der kleine Fürst Classic 39 – Adelsroman - Viola Maybach


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wie du denkst«, erklärte er mit einem nur angedeuteten Lächeln. Immerhin fand sie zum ersten Mal seit ihrem Eintreffen einen Funken der alten Spottlust in seinen Augen.

      »Wie ist es denn?«, fragte sie.

      Er erzählte es ihr, und je länger er sprach, desto mehr zweifelte sie an seinem Verstand. Als er schwieg, sagte sie ihm das auch deutlich. »Ich hätte niemals gedacht, dass du dich auf eine solche Geschichte einlassen würdest!«, sagte sie heftig. »Hoffentlich weigert sich die junge Frau! Das ist doch ungeheuerlich, eine Heirat ist schließlich kein Geschäft.«

      »Ich bin ja noch nicht fertig mit meinem Bericht«, erklärte Ludwig.

      »Was kommt denn noch?«, fragte Lucie grollend.

      »Nun ja, sie scheint über ein ähnlich überschäumendes Temperament zu verfügen wie du«, erklärte er. »Das war das Erste, was mir an ihr auffiel – von ihrer außergewöhnlichen Schönheit einmal abgesehen. Jedenfalls … ich habe mich tatsächlich zu ihr hingezogen gefühlt, als ich ihr das erste Mal begegnet bin. Da wusste ich noch gar nicht, in welcher verzweifelten Lage ihre Eltern sind. Das hat sich dann erst später ergeben, bei dem Gespräch, von dem ich dir eben erzählt habe.« Er sah Lucies Blick und kam hastig zum Schluss: »Für die Eltern wäre ich die Rettung aus einer vollkommen aussichtslosen Situation – aber du solltest mich eigentlich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich niemals aus einem solchen Grund heiraten würde. Warum sollte ich auch? Nun ja … also, wenn du es genau wissen willst, ich glaube, ich könnte mich durchaus in Stephanie verlieben. Und deshalb habe ich mich auf dieses Gespräch mit ihrem Vater überhaupt nur eingelassen.«

      Zum ersten Mal in ihrem Leben war Lucie sprachlos.

      *

      »Wohin willst du denn, Kind?«, fragte Fürstin Beatrix bestürzt.

      »Ich fahre eine Weile weg, Mama«, erwiderte Stephanie mit blassem Gesicht. »Ich … ich muss nachdenken, das kann ich hier nicht. Ich weiß, dass ihr nur versucht, zu retten, was zu retten ist – aber du verstehst doch, wie ich mich dabei fühle, oder?« Sie fuhr fort, mit hastigen Bewegungen Kleidungsstücke in einen kleinen Koffer zu packen.

      »Natürlich verstehe ich das«, antwortete die Fürstin. »Aber du kannst mir glauben, dass es uns nicht leichtgefallen ist, dir einen solchen Vorschlag zu machen.«

      »Lass uns nicht mehr darüber reden, Mama«, bat Stephanie. »Ich fahre zu einer Freundin aufs Land, dort kennt mich niemand, und ich komme vielleicht zur Ruhe. Ich habe zwei Wochen Urlaub genommen.« Stephanie arbeitete als Archivarin in einer Landesbehörde – früher war diese Arbeit eher ihr Hobby gewesen, heute war sie froh, dass sie sie hatte. Das war zumindest eine sichere Einnahme in diesen unsicheren Zeiten.

      »Papa ist unterwegs«, begann Beatrix aufs Neue, »wann willst du denn fahren?«

      »Gleich«, erklärte Stephanie nach einem Blick auf die Uhr. Als sie das unglückliche Gesicht ihrer Mutter sah, setzte sie hinzu: »Es ist besser, wenn ich mich nicht von ihm verabschiede, Mama. Dann würden vielleicht doch noch böse Worte fallen. Ich habe Verständnis für eure Situation, aber dass ihr auf einen solchen Rettungsplan verfallen seid …« Sie schüttelte den Kopf, legte eine weitere Hose in den Koffer und schloss ihn.

      »Es ist nicht unsere Schuld«, sagte Beatrix leise. »Das weißt du.«

      »Natürlich weiß ich das, aber gibt euch das denn das Recht, praktisch von mir zu verlangen, dass ich mich ins Unglück stürze? Ich soll die Verfehlungen von Onkel Bernhard ausbaden, das ist es, was ihr von mir verlangt. Da brauchst du gar nicht drum herum zu reden.«

      »Und wir?«, fragte Beatrix. »Glaubst du vielleicht, dass wir sie nicht ausbaden müssen? Das tun wir nämlich schon seit ziemlich langer Zeit, wenn du es genau wissen willst. Wir sind arm, um es einmal deutlich zu sagen – jedenfalls gemessen an unserem früheren Vermögen. Und jetzt droht uns der Untergang. So sieht es aus. Und diesen Untergang könntest du abwenden, wenn du nur bereit wärst, Fürst Ludwig wenigstens kennenzulernen, denn dann …«

      »Bitte, Mama …«

      Die Fürstin sah ein, dass sie durch weitere Worte alles nur schlimmer gemacht hätte, und so ließ sie ihre Tochter allein.

      Als sie gegangen war, brach Stephanie in Tränen aus.

      *

      Moritz legte nachdenklich das Telefon beiseite. Er hatte versucht, Stephanie in ihrem Büro anzurufen und die Auskunft bekommen, die Prinzessin habe Urlaub genommen. Ob das mit den Plänen ihrer Eltern zusammenhing, sie mit Fürst Ludwig zu verheiraten? Möglich war das durchaus, er kannte Stephanie schließlich. Sie würde die Sache irgendwo, wo sie ungestört war, gründlich durchdenken und dann eine Entscheidung fällen. Er hätte seinen Kopf dafür verwettet, dass sie letztlich zustimmen würde. Wenn diese verflixte Heirat die Rettung für ihre Eltern bedeutete, dann würde sie einwilligen, auch wenn sie jetzt vielleicht noch glaubte, sie werde sich gegen den Willen des Fürstenpaares auflehnen.

      Er überlegte, ob er sie übers Handy anrufen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Sie würde sich melden, wenn sie mit ihm reden wollte, er tat gut daran, ihr ein wenig Zeit zu lassen. Zu dumm aber auch, dass er über das Vermögen seiner Eltern noch nicht verfügen konnte – sofort hätte er seiner besten Freundin geholfen, so weit das eben möglich war.

      Er war ziellos in der Gegend herumgefahren, denn im Gegensatz zu Stephanie arbeitete Moritz nur gelegentlich. Er würde einmal die Geschäfte seines Vaters übernehmen, da dieser jedoch noch längst nicht daran dachte, sich zurückzuziehen, war für Moritz bisher wenig Platz in dem großen elterlichen Unternehmen. Ihn störte es nicht, er hatte noch nie Probleme mit Langeweile gehabt. Seine Interessen waren breit gestreut, am liebsten beschäftigte er sich mit Kunst, was seine Eltern mit einem lachenden und einem weinenden Auge sahen. Einerseits hatten sie ihre großartige Kunstsammlung nicht zuletzt Moritz’ ausgezeichneten Kenntnissen auf diesem Gebiet zu verdanken – andererseits brauchte er für seinen Eintritt ins Unternehmen ganz andere Fähigkeiten.

      Er fand sich jedenfalls plötzlich in der Nähe von Schloss Greifenstein wieder und musste über sich selbst lachen, denn es war offensichtlich sein Unterbewusstsein gewesen, das ihn hierher geführt hatte. Er war höchstens zwei- oder dreimal in dieser Gegend gewesen, betreten hatte er das Schloss noch nie. Greifenstein lag ein wenig abseits, und er hatte bisher keinen Grund gehabt, sich das Schloss, von dem es hieß, dass es ein schauriger dunkler Kasten war, im Winter eiskalt, im Sommer ungemütlich feucht, näher anzusehen. Das freilich hatte sich nach dem Gespräch mit Stephanie geändert.

      Das Auto ließ er auf einem Parkplatz unweit des Schlosses stehen. Er kannte den jungen Fürsten gut genug, um ihm einen Überraschungsbesuch abzustatten, aber er hatte nicht die Absicht, das zu tun. Ludwig von Greifensteins Gegenwart erfüllte ihn mit Unbehagen, warum sollte er sich dem aussetzen? Stattdessen sah er sich auf dem Gelände, von dem das Schloss umgeben war, neugierig um und stellte zu seiner Überraschung fest, wie schön die Umgebung war. Er hatte, ohne dass er genau hätte sagen können, warum, angenommen, ein hässliches Schloss in trostloser Landschaft vorzufinden.

      Auch das Schloss selbst stellte eine Überraschung dar. Es wirkte in der Tat düster, das lag aber vor allem daran, dass es offenbar seit Langem nicht renoviert worden war. Nun erinnerte er sich auch wieder daran, dass vor etwa zweihundert Jahren ein Vorfahr Ludwigs zahlreiche Fensteröffnungen hatte zumauern lassen, als seine geliebte Gattin im Kindbett gestorben war. Er war dann, so hieß es zumindest, depressiv geworden und wenig später ebenfalls gestorben. Die Fensteröffnungen waren geschlossen geblieben.

      Seltsam, dachte Moritz. Das wäre das Erste, was ich ändern würde. Ohne Licht geht man in so einem Gebäude doch ein.

      Man konnte das Schloss auf einem Spazierweg bequem umrunden und hatte es an mehreren Stellen recht gut im Blick – allerdings weit entfernt. Ein riesiges Anwesen, ungebetenen Gästen nicht zugänglich.

      Versonnen betrachtete er das finstere Gebäude. Sich auch nur vorzustellen, dass Steffie hier leben sollte, war absurd. Sie würde depressiv werden wie Fürst Ludwigs Vorfahr …

      Er fuhr zusammen, als er Hufschläge hörte, und


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