Kinderärztin Dr. Martens Classic 7 – Arztroman. Britta Frey

Kinderärztin Dr. Martens Classic 7 – Arztroman - Britta Frey


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/section> Kinderärztin Dr. Martens Classic – 7 –

      Der Januar und mit ihm ein neues Jahr waren ins Land gezogen. Die vergangenen Monate mit sehr kalten und schneereichen Phasen hatten für Dr. Kay Martens und seine Schwester Hanna so einiges an Veränderungen gebracht. Seit gut zwei Monaten wohnten sie nun schon in ihrem neuen Heim, im Doktorhaus, das hinter dem Klinikpark gebaut worden war. Veränderungen hatte es insofern bedeutet, als die Geschwister nun zwar in einem neuen Heim, aber in getrennten Wohnungen lebten. Kay hatte sich für die fünfzigjährige Hella Sandberg entschieden, die ihn und seinen Haushalt versorgte.

      Die dunkelhaarige, schlanke Hella Sandberg war eine sehr tüchtige und resolute Person, und Kay, der sich sehr rasch an sie gewöhnt hatte, war vollauf mit ihr und ihren Leistungen zufrieden. Doch auch die inzwischen dreißigjährige Kinderärztin Hanna Martens fühlte sich in ihren eigenen Wänden sehr wohl. Sie und ihr Haushalt wurden umsorgt von Jolande Rilla, einer Hauswirtschafterin von zweiundvierzig Jahren. Jolande Rilla war eine vollschlanke, warmherzige Witwe mit fuchsrotem Haar. Hanna verstand sich ausgezeichnet mit ihr. Schon nach dem ersten Monat im Doktorhaus hatte Jolande Rilla Hanna gebeten, sie einfach nur Füchsin zu nennen, da sie immer so genannt worden sei, und so war es dann geblieben.

      Doch nicht nur im privaten Bereich der beiden Chefärzte der Kinderklinik Birkenhain hatte es Veränderungen gegeben, sondern auch im Bereich der Klinik. So hatten sich die Geschwister dazu entschlossen, einen klinikeigenen Krankenwagen anzuschaffen und außerdem zwei Pfleger einzustellen, um das Pflegepersonal der Kinderklinik zu vergrößern. Es waren Jan Sounders, vierundzwanzig, und Dieter Rösler, zweiundzwanzig Jahre alt. Beide kamen aus Celle und wechselten sich im Tag- und Nachtbereitschaftsdienst ab.

      Nun stand noch eine Veränderung bevor. Wegen eines Todesfalles in der Familie schied Dr. Hartmut Frerichs nun doch aus. Der bei allen sehr beliebte junge Assistenzarzt würde die Praxis seines verstorbenen Vaters, eine kleine Landarztpraxis in Westfalen, übernehmen. Die Stelle für den neuen Mitarbeiter hatte Dr. Kay Martens inzwischen schon ausgeschrieben.

      *

      Es war ein trüber Januartag. Tief hingen dunkle Wolken am Himmel, und wenn die Temperatur erneut absinken würde, würde es wohl wieder zu Schneefällen kommen.

      Kay und Hanna Martens hatten gerade mit der Oberschwester Elli und Schwester Laurie die Visite beendet. Hanna war noch bei Kay im Sprechzimmer, als Martin Schriewers die Tagespost brachte.

      Hanna, die sich von Kay die Unterlagen eines kleinen Patienten hatte geben lassen, wollte gerade aus dem Zimmer gehen, als Kay sie zurückhielt.

      »Einen Augenblick, Hanna, ich sehe gerade, daß heute Bewerbungen für den Ersatz von Dr. Frerichs dabei sind. Es wäre mir schon lieb, wenn du sie dir auch anschaust.«

      »Gern, Kay, wie viele sind es denn?«

      »Es sind vier Bewerbungen. Nimm du zwei, und ich die beiden anderen. Vielleicht ist etwas dabei, was für unsere Klinik in Frage kommt.«

      Kay reichte seiner Schwester zwei der vier großen braunen Umschläge, und für Minuten beschäftigten sich beide mit dem Inhalt.

      »Nun, was sagst du?« fragte Kay danach.

      »Einer würde mir schon zusagen. Aber laß uns erst die Unterlagen tauschen, damit ich mir auch von den anderen Bewerbern ein Bild machen kann. Dir geht es doch umgekehrt sicher genauso, oder?«

      »Genau, so machen wir es. Die beiden, die ich hier habe, sind zwar den Unterlagen nach ausgezeichnete Ärzte, aber für unser Team eigentlich nicht die richtigen. Du wirst bestimmt meiner Meinung sein.«

      Als Hanna nach wenigen Augenblicken die Bewerbungen aus der Hand legte und Kay sie fragend ansah, schüttelte sie den Kopf und bestätigte damit das, was er vorher schon ausgedrückt hatte.

      »Wenn du meine ehrliche Meinung wissen willst, Kay, so würde ich mich für diesen Dr. Küsters entscheiden. Er hat in Erlangen studiert, hat ausgezeichnet abgeschlossen und paßt mit seinen sechsundzwanzig Jahren gut in unser Team. Auch der optische Eindruck ist ausgezeichnet. Er scheint sehr warmherzig und kinderlieb zu sein. Bei ihm stimmt in der Bewerbung eigentlich alles. Und er ist zum kommenden Ersten frei.«

      »Es ist genau derjenige Bewerber, der auch mir am meisten zusagt. Da er eine Telefonnummer beigefügt hat, werde ich mich umgehend darum kümmern und mit dem jungen Mann einen Vorstellungstermin vereinbaren. Wenn unser Eindruck bei diesem persönlichen Kennenlernen noch der gleiche ist, könnte man sagen, daß wir einen neuen Mitarbeiter und guten Ersatz für Dr. Frerichs haben. Es tut mir sowieso sehr leid, daß er ausscheidet und nicht mehr an unserer Klinik zurückkommt.«

      »Mir auch, aber wir könnten ihn ja nach Lage der Dinge nicht zurückhalten. Jeder geht den Weg, den er gehen muß. Jetzt muß ich mich aber um den kleinen Peter kümmern. Du entschuldigst mich.«

      Lächelnd sah Kay hinter seiner Schwester her, die mit leichten Schritten das Zimmer verließ. Er war erleichtert, denn sie hatte ein so gutes Gespür für Menschen, daß er sich eigentlich blind darauf verlassen konnte. Er war schon in diesem Augenblick sicher, daß dieser Dr. Küsters am kommenden Ersten seinen Dienst in der Klinik antreten würde.

      Schon eine knappe Viertelstunde später hatte er besagten jungen Arzt am Telefon. Der Mann hatte eine angenehme, warme Stimme, und er würde schon in drei Tagen zu einem persönlichen Gespräch in die Kinderklinik Birkenhain kommen.

      Diese drei Tage wollte Kay noch warten, bevor er den anderen drei Bewerbern absagte.

      Während Kay das Telefongespräch führte, war Hanna wieder hinauf auf die Krankenabteilung gegangen. Schwester Laurie wartete schon mit dem Verbandswagen.

      »Dann wollen wir uns jetzt mal um den Peter kümmern, Schwester Laurie.«

      »Ich bin bereit, Frau Dr. Martens. Ein armer Kerl, dieser Peter. Es ist nicht einfach, in einem Kinderheim aufzuwachsen. Wenn es auch gut geführt wird, so kann es doch niemals die Liebe von Mutter und Vater ersetzen.«

      »Mir tut auch jedes Kind leid, das im Heim aufwachsen muß, aber wir können nur dazu beitragen, daß den Kindern geholfen wird, wenn sie krank sind. Es gibt nun mal zu viele Heimkinder. Doch genug geredet, kümmern wir uns um den Peter, wechseln wir erst einmal die Verbände bei ihm.«

      Während Hanna nun mit Schwester Laurie in das Krankenzimmer ging, in dem man den neunjährigen Peter König untergebracht hatte, ging ihr dieser Fall, für den sie sich von Kay die Unterlagen geholt hatte, durch den Kopf. Es war alles ziemlich seltsam mit dem neunjährigen Jungen. Er hatte sich bei einem Brand, der beim Spielen entstanden sein sollte, schwere Verbrennungen an den Beinen und Armen zugezogen und lag nun schon über eine Woche bei ihnen in der Klinik. Er war ein tapferer und geduldiger kleiner Patient. Nur der Ausdruck seiner Augen, die unendlich traurig blickten, gab Hanna von Tag zu Tag mehr zu denken. Noch nicht ein einziges Mal hatte sie den Jungen lächeln sehen. Aus diesem Grund hatte sie sich auch von Kay die Unterlagen geholt, um sich noch einmal sehr gründlich damit zu beschäftigen.

      Sie hatten das Zimmer erreicht und traten ein.

      »Hallo, Peter, heute wollen wir wieder deine Verbände wechseln und uns anschauen, wie gut die Wunden inzwischen verheilt sind. Wir wollen doch, daß du recht bald wieder gesund wirst und mit deinen Freunden spielen kannst, nicht wahr?«

      Ein weiches Lächeln lag auf Hannas Gesicht, als sie nun mit Hilfe von Schwester Laurie sehr behutsam begann, die Verbände an den Armen abzurollen.

      »Wenn ich dir weh tu, mußt du es mir sagen, hörst du?«

      »Es tut nicht weh, nicht sehr«, beteuerte der Neunjährige.

      Aber Hanna sah auf einmal in seinen Augen einen Ausdruck, der nackte Angst widerspiegelte.

      »Wovor fürchtest du dich, mein Junge? Willst du es mir nicht sagen?« Aufmunternd lächelte Hanna den Jungen an.

      Doch er schüttelte nur wild den Kopf. Hanna nahm sich vor, später noch einmal darauf zurückzukommen. Zuerst mußte sie sich nun um die Brandwunden kümmern. Die Wunden begannen gut zu verheilen, an den Armen genauso wie an den Beinen. Damit konnten sie also mehr als zufrieden sein. Was ihr nur größere Sorgen bereitete, war der seelische Zustand des Jungen, seit sie die Angst in seinen Augen


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