Dr. Norden Bestseller 339 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller 339 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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einkehrte, wurde es fast zehn Uhr.

      »Auch keine Erziehung«, meinte er mit einem Augenzwinkern zu seiner Frau.

      »Ob sie nun im Bett herumtoben oder noch bei uns sitzen, ist doch wirklich egal, Daniel«, meinte Fee. »Sie beschwindeln uns wenigstens nicht. Wenn andere Eltern abends ausgehen, sitzen die Kinder manchmal bis fast Mitternacht vor der Glotze, und dann tun sie so, als hätten sie brav geschlafen, und es wird ihnen auch noch abgenommen und belohnt.«

      »Und woher weißt du das?«

      »Weil Danny und Felix es mir erzählen, und weil ihre Schulfreunde von Filmen erzählen, die nicht mal wir anschauen würden.«

      »Sollte man da nicht auch mal nachgrasen?« fragte er.

      »Ich habe mir angewöhnt nichts mehr zu sagen, seit ich von Frau Herkert die Abfuhr bekommen habe, daß es mich gar nichts angeht, wie sie ihre Kinder erzieht. Diese Eltern müssen es doch selber ausbaden.«

      »Hast ja recht, mein Schatz, so traurig es auch sein mag. Mal was anderes, ich mache mir Sorgen um Maren und auch um Herrn Köster.«

      »Die müssen doch bald zusammenbrechen«, sagte Fee mitfüh­lend.

      »Aber anscheinend will Maren weg. Es ist etwas nicht in Ordnung. Am Mittwochnachmittag kommt sie zu mir. Für Köster kann das ganz schlimm werden.«

      »Es wird eben zuviel getratscht. Sie reden doch schon darüber, ob Maren nicht was mit ihm hat. Die Menschen haben eine schmutzige Phantasie. Eine kranke Frau, ein gutgehendes Geschäft, ein sehr hübsches Mädchen, das sehr, sehr nett vom Chef behandelt wird. Das wäre doch schon eine Story wert. Weißt du noch, wie sie über Apotheker Mallinge geredet haben?«

      »Na, er ist jedenfalls jetzt weit von hier und mit seiner Rosalie glücklich geworden. Jeder zieht die Konsequenzen auf seine Weise. Und Frau Köster wird nicht mehr lange leben. Warum sollte man dem netten Herbert Köster nicht auch ein bißchen Glück gönnen? Er ist achtunddreißig, im besten Alter, sieht doch gut aus und kann auch einer jüngeren Frau gefallen.«

      »Maren ist noch nicht zweiundzwanzig.«

      »Na und? Solche Verbindungen sind manchmal sehr glücklich. Sie ist Waise, sie hat keine Eltern und mußte auf einen Vater verzichten. Da ist so eine Vaterfigur ein Vorbild.«

      »So groß ist der Altersunterschied nun auch wieder nicht, und wir wollen uns solchen Prognosen lieber nicht hingeben, vielleicht könnten beide darüber zornig werden. Wenn Maren weg will, wird sie allerdings einen triftigen Grund haben.«

      *

      Den hatte sie, wie Dr. Norden am Mittwochnachmittag feststellen konnte. Maren war schwanger. Aber was ihm fast den Atem stocken ließ, verriet sein Ultraschallgerät, das er seit einigen Wochen in der Praxis hatte, weil es auch bei organischen Krankheiten sehr nützliche Hinweise geben konnte.

      Alles deutete darauf hin, daß Maren Zwillinge bekommen würde. Er wollte es ihr nicht sagen, er spürte, wie niedergeschlagen sie war, als er ihr den Befund mitteilte.

      »Ich habe es geahnt, und deshalb will ich auch weg«, sagte sie leise.

      »Ohne mit Herrn Köster zu sprechen darüber?« fragte Daniel Norden bestürzt.

      »Herr Köster hat damit gar nichts zu tun, und getratscht wird sowieso schon zuviel. Und Sie sollen es auch vergessen, was Sie festgestellt haben. Ich wollte es nur genau wissen, weil es ja auch manchmal gar keine Schwangerschaft ist, sondern was anderes, wenn alles im Körper und in der Seele durcheinander ist.«

      »Sie wollen auch nicht sagen, wer der Vater ist?«

      »Nein, ich werde überdenken, ob ich das Kind überhaupt zur Welt bringen will. Aber ich kenne Ihre Einstellung, und deshalb würde ich Sie niemals in einen Gewissenskonflikt bringen.«

      Er war schon in einem, weil er nicht wagte zu sagen, daß es möglicherweise Zwillinge werden könnten.

      »Es ist allein Ihre Entscheidung, Maren, aber bitte begeben Sie sich nicht in die Hände eines Pfuschers. Ich würde Ihnen bei der Lösung Ihrer Probleme behilflich sein.«

      »Man traut mir wenig zu, Herr Dr. Norden, aber ich kann sehr gut über mich selbst entscheiden. Wenn man als Waise aufwächst, bekommt man ein dickes Fell.«

      »Das Sie aber nicht haben, Maren. Sie dürfen mir schon einige Menschenkenntnis zutrauen.«

      »Sie sind ein sehr guter Arzt, das weiß ich, aber wenn ich weggehe, kümmern Sie sich besser um Herrn Köster, der schafft es bald auch nicht mehr. Sie ist ein lieber Mensch, aber weil sie zu Hause sein will, arbeitet sie ihre Umwelt auf, und die besteht doch nur aus Herrn Köster und mir. Ich würde ja bleiben, aber wenn man erst sieht, daß ich schwanger bin, guter Gott, ich will gar nicht daran denken, was dann los sein könnte. Das will ich ihr und Herrn Köster ersparen. Und wenn Sie jetzt sagen, daß Sie mir so was nie zugetraut hätten, dann kann ich nur die Schultern zucken. Gewollt habe ich es auch nicht, aber reden tue ich nicht darüber.«

      »Und ich sage nicht, daß ich es Ihnen nicht zugetraut hätte, Maren. Es ist menschlich, es sollte nicht verurteilt werden.«

      »Wenn Sie es sagen?«

      Er sah sie forschend an. »Ich würde so gern etwas über Ihre Eltern erfahren, Maren.«

      »Ich weiß nichts von meinen Eltern. Niemand hat mir etwas von ihnen erzählt, nur, daß sie einen Autounfall hatten, als sie zur Klinik fahren wollten. Mich haben sie dann noch auf die Welt geholt, kurz bevor meine Mutter starb, anstatt mich auch sterben zu lassen. So grausam kann man sein, und dann kommt man in ein Heim, und dann ins Waisenhaus.«

      »Wurden denn keine Adoptiveltern für dich gefunden, Maren?« fragte Dr. Norden.

      Sie zuckte die Schultern. »Darüber wurde nicht geredet, und ich habe später nicht danach gefragt. Wozu auch? Ich kam zu Pflegeeltern, die ein billiges Dienstmädchen brauchten. Das hat auch niemanden gekümmert. Ich hätte es doch gut, wurde mir gesagt, als ich gern noch zur Schule gehen wollte. Ich solle nur was fürs Leben lernen. Das ist auch nicht so einfach. Als Friseurlehrling wollten sie mich nicht behalten, weil ich entzündete Hände bekam. Dann kam ich in ein Lebensmittelgeschäft, bis Frau Schro­bel mich an die Kösters vermittelt hat, und da ging es mir sehr gut. Ich bin den Kösters dankbar, und deshalb muß ich weggehen. Gerade deshalb, damit es kein Getratsche gibt. Ich weiß doch, wie die Menschen sind. Sie finden immer etwas, womit sie anderen weh tun können.« Sie sah Dr. Norden wieder flehend an. »Sie werden doch nichts sagen, Herr Doktor, ganz bestimmt nicht?«

      »Ich darf doch nichts sagen, Maren, ich bin an die Schweigepflicht gebunden, wenn ich es auch für richtiger halten würde, Herrn Köster die Wahrheit zu sagen, damit er nicht enttäuscht ist. Er war doch immer sehr nett zu dir.«

      »Ja, wie ein Vater oder fast so. Er hat gesagt, daß er mir ein guter Freund sein möchte. Er hat so viel Kummer. Es ist doch schrecklich, einen Menschen so leiden zu sehen, und wenn Frau Köster endlich erlöst sein wird, wird er sich mit seinem Schwager herumärgern müssen.«

      »Ist der so schlimm?«

      »Ich möchte mich nicht äußern«, erwiderte sie, und Dr. Norden staunte wieder über ih­re Ausdrucksweise. Sie lernte schnell. Sie war bildungsfähig. Es war wirklich ein Jammer, daß diesem Mädchen keine größere Chance gegeben worden war, wenn man bedachte, wie wenig andere oft zu nutzen wußten, was ihnen vom Elternhaus her geboten wurde.

      Und nun sollte Maren Mutter werden. Der Gedanke beunruhigte Dr. Norden sehr, denn er spürte, daß kein Schimmer vom Glück einer jungen, wenn auch flüchtigen Liebe vorhanden war. Aber sie war auch nicht bereit, darüber zu sprechen. Sie war ganz auf Abwehr eingestellt.

      »Überlegen Sie sich alles gut, Maren«, sagte Dr. Norden eindringlich. »Ich bin jederzeit bereit, Ihnen zu helfen, und ich bin überzeugt, daß auch Herr Köster Sie nicht im Stich lassen würde.«

      »Ich weiß, daß er sich auch um mich sorgen würde, aber er hat wahrlich genug Last zu tragen, und Sie haben so viele Patienten, die Hilfe brauchen, Herr Doktor. Es gibt eben


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