Leni Behrendt Classic 54 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Classic 54 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Rachegelüste in meiner Brust«, gab Uhde gelassen zurück. »Ich hätte der einst so gefeierten Iris Grall weiß Gott ein besseres Los gegönnt.«

      »So willst du sie also als deine Privatsekretärin behalten?«

      »Ganz entschieden! Herr Härtner schrieb mir übrigens in den begeistertsten Worten von seiner Sekretärin; er schilderte sie mir als außerordentlich tüchtig. Da wäre ich ja ein Trottel, wenn ich mich um diese tüchtige Kraft brächte.«

      *

      Plötzlich schrak Uhde von seiner Arbeit auf, denn im Nebenzimmer wurde eine Tür geräuschvoll geöffnet und eine polternde Männerstimme bot einen Gruß. Und zu seiner Überraschung hörte der Mann auch die unwillige Stimme seiner Sekretärin.

      »Sie kommen hierher, Herr Mollgeit?«

      »Ja, weil man mir bei Ihnen zu Hause sagte, daß Sie hier wären und man nicht wüßte, wann Sie zurückkämen, da der neue Chef angerückt sei. Ich wollte den Weg nach Rotbuchen aber nicht umsonst gemacht haben; deswegen kam ich hierher. Ist das denn so schlimm?«

      »Allerdings, Herr Mollgeit. Denn ich weiß nicht, wie mein Chef darüber denkt, wenn seine Sekretärin jetzt ihre Privatangelegenheiten im Dienstzimmer abmacht. Sie kommen sicherlich wegen meines Bruders?«

      »Ganz richtig, Fräulein Grall. Der Bengel hat sich benommen – na, unglaublich jedenfalls! Ich meine, das kann doch schon einmal vorkommen, daß einer zu unrecht beschuldigt wird.«

      »So hat das Geld sich also gefunden –?«

      »Ja! Meine Frau hat es aus der Kasse genommen und dann vergessen, dem Kassierer Bescheid zu sagen.«

      »Dann haben Sie meinem Bruder aber wirklich bitter unrecht getan, Herr Mollgeit, und dürfen es ihm nicht verdenken, wenn er aufbraust.«

      »Na ja, gewiß, das sehe ich ja ein – sprach auch deshalb bei Ihnen zu Hause vor. Wollte dem Bengel ein gutes Wort geben.

      Aber da kam ich schlecht an! Von Stolz und Ehre hat er gefaselt und mich abgekanzelt wie einen dummen Jungen. Wir sind gehörig aneinandergeraten –«

      »Um Gottes willen, meine Mutter – wenn sie das gehört hat!« rief Iris erschrocken, doch er winkte beruhigend ab.

      »Die Frau Mutter war nicht im Hause, die traf ich mit der Wirtschafterin im Walde. Ich bin ja schließlich kein Unmensch; ich hätte auf die kranke Frau allemal Rücksicht genommen. Wir gerieten also hart aneinander, wobei der Junge seine Worte durchaus nicht auf die Waage legte. Und wenn er sich bei mir nicht entschuldigt, kann ich ihn nicht länger als Lehrling behalten. Sehen Sie also, Fräulein Grall, daß er sein Unrecht einsieht.«

      »Das wird mir leider nicht gelingen, Herr Mollgeit; denn schließlich ist meinem Bruder ja unrecht getan worden«, kam es kühl zurück. »Sie beide würden ja doch wieder bei der nächsten Gelegenheit aneinandergeraten; daher ist es besser, wenn er nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt.«

      »Ja, wenn Sie noch auf solch einem hohen Roß sitzen, dann wird in dieser Angelegenheit wirklich nichts mehr zu machen sein«, brummte er ärgerlich. »Ist ja kein Wunder, daß der Bengel so störrisch ist, wenn er bei Ihnen immer Rückhalt findet. Auch gut – wenn er nicht wiederkommt, dann läßt er es eben bleiben! Er wird schon noch sein helles Wunder erleben, verlassen Sie sich darauf!«

      »Das wollen wir doch getrost der Zukunft überlassen, Herr Mollgeit.«

      »Gewiß, gewiß! Also, dann nichts für ungut, Fräulein Grall. Hoffentlich bereuen Sie es nicht einmal, meine gutgemeinten Worte so stolz in den Wind geschlagen zu haben.«

      Damit verabschiedete sich Herr Mollgeit, und dann war es wieder still. – Uhde, der jedes Wort dieser Unterhaltung mit angehört hatte, stand nun auf und ging in das Nebenzimmer, wo Iris erschrocken auffuhr.

      »Sie hier, Herr Uhde?«

      »Ja, ich war in meinem Zimmer. Übrigens glaubte ich Sie längst zu Hause und war daher nicht wenig überrascht, als ich Sie mit jemand sprechen hörte.«

      »Ich muß um Entschuldigung bitten, Herr Uhde, daß Herr Mollgeit mich hier aufsuchte –«

      »Das ist weiter kein Vergehen«, winkte er kurz ab. »Ich habe selbstverständlich jedes Wort verstanden. Ihr Bruder scheint wirklich ein störrischer Bursche zu sein, der Ihnen viel zu schaffen macht, da wird Herr Mollgeit schon recht haben. Und Sie sind viel zu jung, um mit ihm fertig zu werden; Sie sind ja kaum vier Jahre älter als er.«

      »Ich bin mit meinem Bruder bis jetzt immer gut fertig geworden«, wies sie kühl ab. »Schließlich hat jedes Ding zwei Seiten. Wenn man sich Herrn Mollgeit ansieht, so muß man zu der Überzeugung kommen, daß er gewiß nicht der rechte Lehrherr für einen jungen Menschen von der Art meines Bruders ist. Wer weiß, was er dem Jungen alles gesagt, wie er ihn gereizt hat. Da ist meinem Bruder nicht zu verdenken, daß er nicht stillgeblieben ist. Wenn wir jetzt auch arm und einflußlos sind, mein Bruder und ich, so dürfen wir doch verlangen, daß man uns mit Achtung entgegenkommt – solange wir Achtung verdienen. Mag mein Bruder auch störrisch sein, einer ehrenrührigen Handlung ist er nicht fähig. Wenn man ihm die Ehre absprechen will, so muß er sie eben mit allen Mitteln verteidigen.«

      »Das soll also mit anderen Worten heißen: Kümmern Sie sich gefälligst nicht um meine Angelegenheiten! Habe ich recht, Fräulein Grall?«

      »Wenn Sie es so auffassen, Herr Uhde –«

      »Nun, liebenswürdiger sind Sie in den sechs Jahren bestimmt nicht geworden«, gab er verärgert zurück. »Aber wie jeder es will – wie man sich bettet, so schläft man. Ich bin schließlich nicht mehr der arme Inspektor von einst, den die Tochter des Chefs mit ihrem Hochmut ungestraft quälen konnte. Vielleicht merken Sie sich das, Fräulein Grall!«

      Damit verließ er das Zimmer.

      Iris sah ihm mit spöttischem Lächeln nach.

      *

      Am nächsten Morgen war die Sekretärin pünktlich an ihrem Arbeitsplatz und hatte wohl schon drei Stunden fleißig geschafft, als der Gutsherr sein Arbeitszimmer betrat.

      Er fand die Postsachen übersichtlich geordnet auf seinem Schreibtisch vor. Dabei lagen kurze erklärende Bemerkungen. Zum Teil waren die Briefe sogar schon beantwortet und zur Unterschrift vorgelegt. Jedenfalls war alles so übersichtlich, daß es eine Kleinigkeit für ihn war, sich hier zurechtzufinden.

      Später rief er dann die Sekretärin herbei.

      »Bitte, Fräulein Grall, lassen Sie uns mit der gemeinsamen Arbeit beginnen«, wandte er sich in höflichem Ton an sie. Dann schob er ein wenig das kleine Mädchen vor, das sich an seine Knie geschmiegt hatte.

      »Das ist meine Tochter Graziella – das meine Privatsekretärin Fräulein Grall!« stellte er vor. »Geh, Graziella, begrüße die Dame!«

      Langsam trat das Kind auf Iris zu, und die dunklen Augen musterten die Fremde eingehend.

      »Sie mag ich leiden«, sagte sie nach einer Weile mit der Freimütigkeit des verwöhnten Kindes, das sich jede Äußerung ungestraft erlauben darf. »Sie haben so schönes Haar wie die Königstöchter und Feen in meinem deutschen Märchenbuch und solche Augen wie die Nixen.«

      »Sollen die Nixenaugen nun eine Schmeichelei sein, Graziella?« lachte der Vater erheitert.

      »Das soll etwas Gutes sein, Papi!«

      »Das beruhigt mich außerordentlich, Kleines. Und nun zu Fräulein Agathe, damit wir ungestört arbeiten können.«

      »Laß mich doch hierbleiben, Papi – bitte!« bettelte die Kleine und umhalste den Vater stürmisch. »Ich werde so still wie ein Mäuschen sein.«

      »Na –«, zweifelte er. »Ich glaube nicht, daß du lange dein Plappermäulchen halten kannst. Wir jedoch müssen ungestört arbeiten können.«

      »Papi – bitte, bitte!«

      Es mußte dem Mann wohl unmöglich sein, dem schmeichelnden Stimmchen und den


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