Der exzellente Butler Parker 24 – Kriminalroman. Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker 24 – Kriminalroman - Günter Dönges


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junge Kellner näherte sich Lady Agathas Tisch und baute sich stirnrunzelnd vor ihr auf. Er trug einen bonbonfarbenen Smoking mit einer überdimensionalen Fliege, kurze, grellgetönte Haare und ein Medaillon aus einem Kranz bunter Steine, die das Licht der Neonlampen reflektierten.

      »Paßt Ihnen etwas nicht?« wollte er wissen und musterte sie grinsend von oben bis unten. »In dem Fall sollten Sie nämlich besser gehen, wissen Sie. Auf langweilige Gäste legen wir hier keinen Wert. Überhaupt, wie sind Sie hereingekommen, wer hat Sie eingelassen?«

      »Mylady war in der erfreulichen Lage, den Herrn Portier davon überzeugen zu können, den heutigen Abend hier zu verbringen«, antwortete Parker anstelle seiner Herrin und deutete eine Verbeugung an.

      »Wie war das?« Der Kellner wandte sich zu Parker um, rieb sich die Stirn und dachte angestrengt über den Sinn dieser Äußerung nach.

      »Mylady machte Ihrem Kollegen am Eingang klar, daß sie Ihr Lokal unbedingt besuchen muß«, übersetzte Parker seinen Satz in allgemeinverständliches Englisch. »Auch Sie sollten sich der Einsicht Ihres Kollegen anschließen und Mylady mit einem Getränk versorgen, wenn man Sie auf Ihre Pflichten aufmerksam machen darf.«

      »He, Mann, du hast ja ’ne echt starke Aussprache«, stellte der Kellner anerkennend fest und grinste. »So was wie dich und deine Mutter hatten wir hier noch nicht!«

      »War das eben eine Beleidigung, Mister Parker?« erkundigte sich Agatha Simpson, die erfreut aufhorchte und den jungen Mann freundlich musterte.

      »Möglicherweise handelte es sich lediglich um eine anerkennende Äußerung, die allerdings in einem etwas befremdlichen Jargon geäußert wurde«, schwächte Parker gemessen ab. »Man schien feststellen zu wollen, daß es sich bei Mylady um eine beeindruckende Persönlichkeit handelt, die absolut ihresgleichen sucht.«

      »Genauso hab ich das gemeint, alter Knabe, aber so wie du hätte ich das nie sagen können.« Der Kellner geriet immer mehr in Begeisterung und stand kurz davor, Parker freundschaftlich auf die Schulter zu klopfen.

      »Hier kann man durchaus verdursten«, beklagte sich Lady Agatha und blickte Parker an. »Bestellen Sie etwas, Mister Parker, mein Kreislauf ist sehr angegriffen.«

      »Man wird Mylady sofort helfen«, versprach Parker und verhandelte mit dem Kellner, der sich daraufhin eilig entfernte und einen Augenblick später mit einem hohen Glas zurückkehrte, in dem eine schillernde Flüssigkeit undefinierbarer Farbe schwappte.

      »Was soll das denn sein?« fragte die Detektivin argwöhnisch und musterte das seltsame Getränk stirnrunzelnd. »Erwarten Sie etwa, daß ich das trinke, Mister Parker?«

      »Möglicherweise trügt auch hier der äußere Schein, wie so oft im Leben«, zitierte der Butler eine alte Volksweisheit leicht abgewandelt. »Mylady haben noch nie gezögert, einer neuen Herausforderung zu begegnen und sich ihr zu stellen.«

      »Das ist wohl wahr, Mister Parker«, gab die ältere Dame geschmeichelt zu und ergriff mutig das Glas mit der perlenden Flüssigkeit. »Ich denke nicht daran, mich von einem abschreckenden Äußeren einschüchtern zu lassen.«

      *

      »Was treibt ihr beiden denn so?« erkundigte sich der Kellner neugierig, während Lady Agatha ihren seltsam anmutenden Cocktail einem ersten Geschmackstest unterzog.

      »Mylady nennt eine florierende Kette von Boutiquen ihr eigen«, teilte Parker dem jungen Mann bereitwillig mit. »Besagte Firma soll jetzt stark ausgebaut und auch auf dem Kontinent tätig werden.«

      »Tatsächlich? Donnerwetter!« Der Kellner staunte und warf Lady Agatha, die gerade genüßlich schlürfend ihr Glas leerte, einen anerkennenden Blick zu. »Und was führt Sie hierher, ich meine, hat der Besuch einen bestimmten Grund? Ich sehe euch beide zum erstenmal hier«, setzte der Kellner seine Befragung fort. Er schien viel Zeit zu haben und seinen ganzen Ehrgeiz in die Ausforschung der neuen Gäste legen zu wollen.

      »Normalerweise überläßt Mylady die Erledigung des Tagesgeschäfts ihren Managern«, führte Josuah Parker würdevoll aus. »Bei Gelegenheit jedoch pflegt sie sich persönlich einzuschalten, um auf dem laufenden zu sein und eine gewisse Übersicht und Kontrolle zu haben. Sie sehen in Mylady eine in Sachen Mode überaus kompetente und der Zeit und dem Trend stets vorauseilende Persönlichkeit, die durch Weitsicht und Mut einen Konzern von beachtlicher Größe aufgebaut hat.«

      »Alle Achtung, das sieht man ihr gar nicht an.« Der Kellner beeilte sich, das leere Glas entgegenzunehmen und es zur Theke zu bringen, um es nachfüllen zu lassen. Parker, der ihm unauffällig, aber nichtsdestoweniger aufmerksam nachsah, bemerkte, wie er sich zu einem älteren Mann hinter dem Tresen beugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte, wobei er immer wieder verstohlen in Richtung der Lady schielte.

      »Der Cocktail fand Myladys Beifall?« erkundigte sich der Butler höflich bei seiner Herrin.

      »Ich weiß nicht so recht, Mister Parker.« Lady Agatha wiegte nachdenklich den Kopf und runzelte die Stirn. »Ich bin mir noch nicht so recht schlüssig, ich konnte mir noch kein endgültiges Urteil bilden. Ich werde es auf mich nehmen und noch ein oder zwei Kostproben nehmen, ehe ich mich festlege. Man soll nie vorschnell und unüberlegt urteilen, daran sollten Sie stets denken.«

      »Mylady werden auch in dieser Hinsicht stets und ständig ein leuchtendes Vorbild sein«, wußte Parker zu erwidern und verneigte sich leicht.

      »Was haben Sie übrigens diesem seltsamen jungen Mann erzählt, Mister Parker? Mir war so, als hätte ich dabei meinen Namen gehört.«

      »Meine bescheidene Wenigkeit war so frei, dem wißbegierigen jungen Mann einige grundsätzliche Informationen zu geben«, erläuterte Parker würdevoll. »Dies entspricht hoffentlich den Vorstellungen, die Mylady auf der Fahrt hierher anzudeuten beliebten.«

      »Ich hoffe, Sie haben mich dabei richtig interpretiert, Mister Parker«, äußerte sie umgehend und sah ihn besorgt an. »Sie wissen, Ihr Gedächtnis ist nicht mehr das allerbeste. Vorsichtshalber sollten Sie mir nochmal sagen, wie meine Vorstellungen aussahen, ich werde Ihnen dann sagen, ob Sie mich richtig verstanden haben.«

      Lady Agatha beugte sich erwartungsvoll vor und war gespannt auf die Vorstellungen, die sie natürlich keinesfalls geäußert hatte, weder auf der Fahrt zum Lokal noch sonst irgendwo.

      Sie war jedoch felsenfest davon überzeugt, Parker entsprechende Instruktionen erteilt zu haben und wartete nun ungeduldig, sie wiederholt zu bekommen.

      »Wie Mylady andeuteten, ist dies möglicherweise der Ort, um mit den sogenannten Kopisten in Kontakt zu treten«, schickte Parker voraus. »Entscheidend dabei dürfte sein, einen veritablen Köder anbieten zu können.«

      »Genau, was ich sage, Mister Parker«, nickte die Detektivin und lächelte huldvoll. »Bis jetzt haben Sie mich richtig interpretiert. Und an welchen Köder habe ich dabei gedacht?«

      »Man hofft, Myladys Vorstellungen noch mehr oder weniger im Gedächtnis zu haben«, fuhr Parker fort. »Mylady dachten daran, als Großabnehmerin in Sachen Textilien aufzutreten und so den bewußten Anreiz zu schaffen.«

      »Nicht schlecht, Mister Parker!« lobte Agatha Simpson und lehnte sich zufrieden zurück. »Ich meine, Sie müssen zugeben, daß meine Taktik diese Leute zwangsläufig zur Kontaktaufnahme zwingen wird, nicht wahr? Man muß sich schon was einfallen lassen, um Erfolg zu haben, Mister Parker. Ist es nicht so?«

      »Man ist Mylady für diesen wertvollen Hinweis ungemein dankbar«, äußerte Parker ungeniert und ohne eine Miene zu verziehen. Er wunderte sich nicht darüber, daß die ältere Dame seine Vorstellungen wieder mal ohne Zögern als ihre eigenen vereinnahmt hatte und anpries. »Darf man übrigens darauf verweisen, daß sich Mister Lebrun nähert und ganz offensichtlich die Absicht hat, mit Mylady einige Worte zu wechseln?« fuhr er fort, während er den herankommenden Modeschöpfer beobachtete.

      Der Mann schien dem Alkohol kräftig zugesprochen zu haben und hatte eindeutig das, was man gemeinhin als Schlagseite bezeichnete. An seiner Seite hielt sich eine hochgewachsene, schlanke Frau, deren Gesicht mit dicker Schminke bedeckt war, so daß man ihr Alter


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