Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 1 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 1 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Deutsch und Biologie auf Lehramt.«

      Inge wollte gerade den Zucker in ihrer Tasse umrühren. Der Löffel landete klirrend auf der Untertasse.

      Sie starrte ihre Tochter an, glaubte, sich verhört zu haben, dann stammelte sie: »Willst du … äh … hast du dich etwa von Fabian … getrennt?«

      Nun konnte Ricky nur ganz verblüfft dreinblicken, ehe sie anfing, herzhaft zu lachen.

      »Aber Mami, wie kommst du denn auf eine so absurde Idee? Fabian ist der Mann meines Lebens, ich habe ihn von der ersten Sekunde an geliebt. Mit uns wird es immer schöner, wir sind so eng miteinander, dass zwischen uns kein Blatt Papier passt.«

      Inge Auerbach war verwirrt.

      »Ricky, du bist verheiratet, hast vier Kinder … und nun willst du studieren? Wie soll das denn gehen? Bist du hier, um uns zu fragen, ob wir die Kinder nehmen sollen? Meinetwegen ja, und wenn Papa einverstanden ist … aber, Ricky, das ist alles zu hoch für mich. Das musst du mir erklären.«

      Ihre arme Mama!

      »Mami, das will ich ja, doch da musst du mich auch lassen. Es ist ganz einfach so, dass ich seit einiger Zeit weiß, dass das nicht alles gewesen sein kann. Ich war mit achtzehn verheiratet, bekam mit neunzehn mein erstes Kind, danach hintereinander weg drei weitere Kinder.«

      »Die du alle wolltest«, wandte Inge Auerbach ein.

      Ricky schenkte ihrer ­Mut­ter einen nachsichtigen Blick. Sie konnte es einfach nicht lassen.

      »Ja, Mami, ich wollte die Kinder, ich liebe jedes von ihnen, könnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen, und …«, sie machte eine kurze, bedeutsame Pause, »ich würde es wieder so machen, nicht ganz, ich würde neben den Schwangerschaften studieren, wie es viele Frauen heutzutage machen.«

      »Ricky«, stöhnte Inge, die die Welt nicht mehr begriff.

      Werner Auerbach hatte bislang zugehört, jetzt wandte er sich an seine Tochter.

      »Ich finde das gut, Ricky«, unterstützte er sie, »du bist klug, und du bist jung genug. Ich zweifle nicht daran, dass du es schaffen wirst, aber vier Kinder … das bedeutet Verantwortung und Zeitaufwand …«

      Ricky nickte.

      »Das haben Fabian und ich lange überlegt, alles abgesprochen. Den Kindern wird es an nichts mangeln. Fabian hat keinen Bürojob, administrative Dinge kann er von zu Hause aus regeln, ich kann mich mit der Wahl meiner Vorlesungen mit ihm absprechen. Und dann haben wir ja auch noch Oma Holper, unsere Nachbarin. Die Kinder lieben sie, sie springt jetzt schon ein, wie beispielsweise heute.«

      Inge Auerbach sagte nichts, doch Ricky kannte ihre Mutter genau genug, um zu wissen, was die jetzt dachte.

      »Mami, Frau Holper bekommt nur eine ganz kleine Rente. Sie ist froh, wenn sie etwas hinzuverdienen kann. Das Geld für sie bekomme ich übrigens von Opi. Die Großeltern sind ganz begeistert und wollen mich in jeder Hinsicht unterstützen. Sie wollen mir sogar ein kleines Auto kaufen, damit ich nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen bin.«

      Ihr Ehemann!

      Ihre Eltern!

      Alle waren spontan dafür. War es jetzt an der Zeit für sie, umzudenken?

      »Ricky, ich will wirklich nur das Beste für dich, deinen Mann und natürlich für die Kinder.«

      Ricky stand auf, ging zu ihrer Mutter, umarmte sie, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

      »Mami, das weiß ich doch. Du bist die allerbeste Mami der Welt, und du bist mein Vorbild. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen. Welches Risiko gehe ich ein? Ich muss keine Entscheidung fürs Leben treffen wie die, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Wenn ich merke, dass etwas aus dem Ruder läuft, kann ich jederzeit das Studium abbrechen. Ich freue mich auf die Herausforderung, doch ich möchte mich nicht auf Kosten meiner Familie profilieren. Übrigens, Jörg, mein etwas stieseliger Bruder mit seinen überholten Ansichten über Familie, ist begeistert, er findet es großartig.«

      »Würde er es auch finden, wenn Stella auf die Idee käme, plötzlich anfangen zu wollen zu studieren?«, wollte Inge Auerbach wissen.

      »Die Frage stellt sich nicht. Stella ist zufrieden mit ihrem Leben, und, wie ihr wisst, ist sie ein wenig träge. Der Aufwand wäre ihr zu groß. Jetzt, wo sie das viele Geld geerbt hat, geht sie viel lieber shoppen.«

      Das war für Inge und Werner Auerbach neu, und natürlich wollten sie wissen, was es mit dieser Erbschaft auf sich hatte.

      »Ihre Tante Finchen hat es ihr vermacht.«

      »Und Fabian?«, erkundigte Inge sich sofort. »Hat er auch etwas geerbt? Und überhaupt, Finchen hat doch eher einen ärmlichen Eindruck gemacht.«

      »Stella ist die Alleinerbin, Finchen hat ihr alles vermacht.«

      Am Blick ihrer Mutter sah Ricky, wie betroffen sie das machte.

      Ihre Mutter, eine Gerechtigkeitsfanatikerin, hatte nie jemanden bevorzugt, und das tat sie auch bei ihren Enkeln nicht. Alle wurden gleich behandelt.

      Weil sie wusste, dass das jetzt zu einer langen Diskussion führen würde, fuhr Ricky schnell fort: »Wir können damit leben. Fabian hatte ein etwas gestörtes Verhältnis zu dieser Tante, mit der eigentlich nur Ricky zurechtkam. Sie hat sie besucht, sich gekümmert, für sie eingekauft, sie zu den Feiertagen zu sich geholt. Und das alles hat sie getan, weil sie Finchen nicht nur mochte, sondern sich für sie auch verantwortlich fühlte. Niemand wusste, dass Finchen einen Batzen Geld unter dem Kopfkissen gehortet hatte. Man kann Stella also nicht unterstellen, eine Erbschleicherin zu sein. Es freut mich für sie, weil das Geld­ sie unabhängig von Jörg macht. Stella hat sich übrigens auch bereit erklärt, einzuspringen, wenn Not am Manne ist. Und in dieser Hinsicht ist auf sie wirklich Verlass.«

      Das waren Neuigkeiten, die Inge erst einmal verarbeiten musste.

      Die jungen Leute gingen mit einer Rasanz an alles heran …

      Sie war ja auch noch nicht alt und stand mitten im Leben. War sie altmodisch?

      Offensichtlich, denn selbst ihre Eltern, Magnus und Teresa von Roth, sahen das lockerer.

      Sie war verunsichert.

      Ihre Tochter, trotz ihrer vier Kinder, eine Studentin, ihre Schwiegertochter demnächst eine Shoppingqueen? Und sie? Ein trutschiges Hausmütterchen, zufrieden mit dem Leben, das sie führte? Eine Frau, die nie andere Ambitionen gehabt hatte, als Hausfrau und Mutter zu sein?

      Inge warf ihrem Mann einen unsicheren Blick zu.

      Werner lächelte sie an. »Liebes, fange jetzt bitte nicht an, dein Leben infrage zu stellen und bekomme bloß keine Minderwertigkeitskomplexe. Du bist großartig, wir haben wohlgeratene Kinder. Du hast mir stets den Rücken freigehalten. Ohne dich hätte ich nie das erreicht, was ich geworden bin. Du bist die Frau, die ich liebe, um die ich immer beneidet wurde und noch beneidet werde. Und, mein Herz, vergiss bitte nicht eines – hinter jedem starkem Mann steht eine starke Frau. Ich bin stolz auf dich, und du kannst es auch sein.«

      Ricky wurde ganz warm ums Herz. Ja, ihre Eltern, das waren ihre Vorbilder, auch wenn sie und Fabian in ihrer Ehe so manches anders machten. Und das war auch gut so. Das Leben ging weiter, die Zeiten änderten sich.

      Aber die Liebe … die Liebe überdauerte alles.

      Werner und Inge schauten sich in die Augen, hielten einander mit den Händen fest.

      Es war eine lange, eine alte Liebe, und Ricky hatte bis zu diesem Punkt mit ihrem Fabian noch einen sehr weiten Weg zurückzulegen.

      Ehe die Stimmung ins Sentimentale zu kippen drohte, erkundigte sie sich. »Wo ist eigentlich Bambi?«

      »In der Schule bei der Probe. Sie ist mit Feuereifer dabei und ganz stolz darauf, die Hauptrolle spielen zu dürfen, unsere Kleine.«

      Ricky liebte ihre kleine Schwester über alles. Doch je älter Bambi wurde, umso unwohler fühlte Ricky sich, vor allem dann, wenn sie sah,


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