Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 3 – Familienroman. Michaela Dornberg
Versicherung melden? Das wäre kein Problem.«
Sie redete schon wieder so geschraubt. Welch ein Glück, dass Nicki das hier nicht mitbekam, die würde die Augen verdrehen. Im Umgang mit Männern war Roberta einfach keine Kanone. Und das würde sie auch nicht werden wollen. Im Leben setzte sie andere Prioritäten.
Er blickte sie an.
»Kaum zu glauben, dass eine so attraktive junge Frau wie Sie derart erfolgreich in ihrem Beruf ist. Sie scheinen ja beinahe so etwas wie eine Wunderheilerin zu sein.«
Er sollte davon aufhören, Roberta konnte mit Lob nur sehr schwer umgehen.
»Wo haben Sie das alles nur gehört?«, bemerkte sie. »Sind Sie von Tür zu Tür gegangen und haben Erkundigungen über mich eingezogen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, aber ich informiere mich gern. Eigentlich wollte ich mehr über den Sonnenwinkel erfahren und seine Bewohner. Und, nun ja, ich gebe es zu: Bei dieser Gelegenheit habe ich mich über Sie erkundigt. Ist das verwunderlich? Sie sind eine sehr attraktive Frau, und ich wäre ganz gewiss nicht mit dem Wein hier aufgekreuzt, wüsste ich nicht, dass es zum Glück keinen Herrn Steinfeld gibt.«
Roberta spürte, wie sie anlief wie eine überreife Tomate.
»Den gab es mal«, sagte sie, »aber von dem bin ich geschieden. Ich war es bereits, ehe ich in den Sonnenwinkel kam.«
Warum erzählte sie ihm das?
Er hatte nicht nach ihrem Lebenslauf gefragt. Sie benahm sich in seiner Gegenwart unmöglich.
Er lachte.
»Oh, dann haben wir etwas gemeinsam, in meinem Leben gab es vor einer gefühlten Ewigkeit auch mal eine Frau Magnusson.«
Sie prosteten sich zu. Der Wein war köstlich, und Roberta spürte, wie sie sich allmählich entspannte. Das lag ganz bestimmt zum Teil auch daran, dass er so vollkommen unverkrampft war und dass er ganz toll erzählen konnte.
Wenn man so wollte, sprachen sie über Gott und die Welt, dabei hätte sie sehr gern etwas mehr über ihn erfahren. Doch da hielt er sich zurück, und sie wollte nicht neugierig sein und ihn ausfragen. Da war sie wirklich anders als ihre Freundin Nicki.
Die Zeit verging, und irgendwann stellte er beinahe erschrocken fest: »Haben Sie schon mal auf die Uhr gesehen?« Sofort stand er auf, und Roberta sah, dass es beinahe Mitternacht war. Sie hatten sich ganz gehörig verplaudert.
»Darf ich Sie wiedersehen?«, erkundigte er sich.
Sie konnte nur nicken. Er war ihr schon so vertraut, er kam ihr vor wie jemand, der eigentlich bereits immer in ihrem Leben gewesen war. Dabei wusste sie über ihn nicht mehr als seinen Namen und dass er geschieden war. Dabei brannte sie darauf, mehr zu erfahren.
Sie erhob sich ebenfalls, und dann begleitete sie ihn hinaus. Als er seine Jacke von der Garderobe nahm, kamen sie sich gefährlich nahe. Sie sahen sich an, die Luft war elektrisch geladen, ihre Gesichter näherten einander, dann wich er zurück.
»Es war ein wunderschöner Abend«, sagte er, »danke dafür, und ich wünsche mir wirklich sehr, dass wir ihn wiederholen. Sie sind eine großartige Frau.«
Er sah sie erneut an, dann lächelte er, und seine Stimme klang ganz rau, als er sagte: »Schlafen Sie gut.«
Dann drehte er sich abrupt um, verließ das Haus, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.
Vorn an der Gartenpforte drehte er sich noch einmal ganz kurz um, hob seine rechte Hand, winkte ihr zu, dann verschwand er in der Dunkelheit.
Es dauerte noch eine ganze Weile, ehe Roberta ins Haus zurückging, die Haustür sorgsam abschloss.
Als sie in ihr Wohnzimmer ging, war für sie seine Gegenwart noch so präsent, dass sie sich erst einmal hinsetzen musste.
Lars Magnusson …
Sie wusste noch immer nicht mehr als seinen Namen, und sie fragte sich, was ihn mit dem Sonnenwinkel verband.
Weilte er ihr irgendwo zu Besuch? Vermutlich war es so, denn verkauft wurde gerade kein Haus, vermietet ebenfalls nicht.
Zuletzt war in das Haus von Ricky und Fabian eine Frau mit einem Mädchen eingezogen. Gäbe es etwas Neues, würde sie es von ihren Patienten erfahren, und wenn die nicht redeten, dann würde es Ursel Hellenbrink ihr erzählen, ihre treue Helferin in der Praxis, ohne die sie vollkommen aufgeschmissen wäre.
Wer war er?
Was trieb er hier?
Roberta bemerkte, dass noch etwas Wein in der Flasche war, das schenkte sie sich ein. Sie war viel zu aufgedreht, um jetzt schlafen gehen zu können. Da war es gemütlicher, bei einem wirklich guten Rotwein in einem Sessel zu sitzen.
Lars Magnusson …
Ein wenig erinnerte er sie an Kay, ihre vergangene Liebe. Äußerlich sahen sie unterschiedlich aus, Lars war auch ein paar Jahre älter. Aber diese Ungezwungenheit, dieser offene Blick, das war etwas, was sie gemeinsam hatten. Das hatte sie bei Kay vom ersten Moment an fasziniert, und dieser Ausstrahlung konnte sie sich bei Lars Magnusson ebenfalls nicht entziehen.
Kay war ein etablierter Aussteiger gewesen, er hatte hingeschmissen und tat nur noch das, worauf er Lust hatte. Ein komfortables Leben, wenn man genug Geld im Hintergrund hatte. Aber dennoch wäre es für Roberta niemals eine Option. Sie brauchte einen festen Lebensmittelpunkt, und mehr noch brauchte sie ihren Beruf, der für sie der schönste auf der ganzen Welt war. Schon als kleines Mädchen hatte sie Ärztin werden wollen, und sie hatte jede ihrer Puppen operiert.
Was Lars wohl machte?
Wie schade, dass sie sich nicht getraut hatte, ihn ein wenig auszufragen. Schließlich wusste er eine ganze Menge über sie, und sie wusste nichts. Es gab nicht einmal einen festen Termin für ein Date. Date? War sie da nicht ein wenig voreilig? Sie hatten sich sehr nett unterhalten, vielleicht war er ja auch nur gekommen, um ihr zu sagen, dass er wegen des kleinen Blechschadens an seinem Auto nichts unternehmen wollte. Das hatte er klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, und Roberta konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, dass es geschehen war, weil er keine Lust hatte, eine Werkstatt aufzusuchen und Zeit zu verlieren.
Wie blöd war sie denn gewesen, überhaupt keine Fragen zu stellen! Sie hatte ihn nur wie ein hypnotisiertes Kaninchen angeschaut. Hoffentlich hatte er nicht mitbekommen, wie sehr sie in ihn verknallt war.
Beinahe entsetzt stellte Roberta ihr Glas ab.
Verknallt?
Wie verrückt war das denn …
Es war nicht verrückt, vielleicht doch, auf jeden Fall musste sie sich nichts mehr vormachen. Sie hatte sich schon in ihn verguckt, ehe sie seinen Namen kannte.
Und vorhin, an der Tür …
Das bildete sie sich nicht ein. Hätten sie sich da nicht beinahe geküsst?
Roberta spürte den heftigen Schlag ihres Herzens, sie merkte, wie die Röte in ihr Gesicht stieg.
Sie atmete ganz tief durch.
Es war ungeheuerlich!
Aber es stimmte!
Sie hatte sich verliebt, sie war verliebt in Lars Magnusson.
Vorsehung, Vorbestimmung, schicksalhafte Begegnungen, das alles war eher das Ding ihrer Freundin Nicki.
Aber wenn man es so recht bedachte …
Sie, die eigentlich bedachte Autofahrerin, war einen Augenblick unaufmerksam, und genau da krachten ihre Autos ineinander.
Das konnte doch kein Zufall sein!
Roberta merkte, wie sie allmählich die Kontrolle verlor und sich da in etwas hineinsteigerte, was nicht sein durfte.
Sie war eine gestandene Frau und kein Teenie!
Sie durfte nicht mehr an ihn denken!
Sie griff