Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
Parker sich sehr höflich. Es kam ihm darauf an, daß die junge Dame in ihm wirklich nur den Butler sah.
»Mister Artie Ashland«, sagte sie, »kommen Sie! Sie können mich zurück zu meinem Bungalow begleiten.«
Parker erfüllte ihren Wunsch, durchsuchte vorher aber noch schnell die Taschen des ohnmächtigen Mannes. Er fand auch hier einen 38er, ein Klappmesser und eine Wanderkarte.
Für die Waffen interessierte er sich nicht, doch die Wanderkarte verschwand blitzschnell in seinem linken Rockärmel. So schnell, daß Mrs. Jane Ashland nichts davon bemerkte.
Sie war völlig ruhig, als sie zusammen mit Parker durch den dunklen Garten des Motels ging. Sie sprach allerdings auch kein Wort. Irgendwelche Dinge schienen ihr durch den Kopf zu gehen.
Nachdem sich Parker verabschiedet hatte, ging der Butler zurück zu der Stelle, wo er den Mordschützen vom Waldsee zurückgelassen hatte.
Stringale, falls es sich um ihn handelte, war nicht mehr zu sehen. Er hatte sich inzwischen abgesetzt und seine Chance genutzt. Parker aber fragte sich, warum Jane Ashland ihren Mörder freiwillig hatte laufen lassen. Ihren Mörder, denn es war mehr als wahrscheinlich, daß dieser Mann seine Mordversuche wiederholen würde …
Das Pausbackengesicht kam wieder zu sich und hockte wie ein Häuflein Elend im Sessel. Der junge Mann starrte zu Boden und übersah die Waffe in Mike Randers Hand.
Als Parker zurück in den Bungalow kam, hob der Bursche nur kurz den Kopf. Dann schaltete er wieder auf Desinteresse oder Fatalismus.
»Er spielt den großen Schweiger«, sagte Rander und deutete auf das Pausbackengesicht.
»Ich erlaube mir, Grüße auszurichten«, erwiderte Parker, »ich hatte das Glück, auf Mrs. Ashland zu treffen.«
Parker ließ das Pausbackengesicht nicht aus den Augen. Er registrierte, daß sich bei dem Namen Ashland der Kopf des Mannes deutlich überrascht anhob. Dieser Name schien ihm also durchaus etwas zu sagen.
»Sehr schön«, sagte Rander neutral. Er wußte noch nicht, wer diese Mrs. Ashland war, doch er tat so, als wüßte er Bescheid.
»Und ein gewisser Mister Stringale schließt sich diesen freundlichen Grüßen an«, redete der Butler weiter. Erneut beobachtete er das Gesicht des jungen Mannes.
Diesmal war die Reaktion noch deutlicher. Das Pausbackengesicht hob sich ruckartig an. Einen Bennie Stringale schien er also sehr gut unterbringen zu können.
»Nun zu Ihnen, junger Mann«, redete Parker höflich weiter, »falls Mister Rander einverstanden sein sollte, können Sie gehen. Ich fürchte, Sie sind ohnehin schon lange aufgehalten worden.«
»Ich .. . Ich kann gehen . . .!?«
»Falls Mister Rander einverstanden ist.«
»Ich bin einverstanden«, schaltete der junge Anwalt sich ein, »wir wünschen Ihnen noch eine schöne Nacht.«
»Die Ihnen Ihr Auftraggeber mit Sicherheit bereiten wird«, führte Parker die Unterhaltung weiter fort, »ich möchte aber annehmen, daß Sie ihn beschwichtigen können. Ich meine im Hinblick auf das total mißglückte Attentat.«
»Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich mich so schnell wie möglich absetzen«, sagte Mike Rander ernst, »manche Leute haben etwas gegen Versager!«
»Falls sie noch zusätzlich unterstellen müssen, daß diese Versager, wie Mister Rander sich auszudrücken beliebte, aus ihrem Herzen keine Mördergrube machten.«
»Wieso denn? Ich hab’ doch überhaupt nichts gesagt«, erwiderte das Pausbackengesicht.
»Weiß das Ihr Auftraggeber?« erkundigte sich Mike Rander. Zusammen mit seinem Butler bildete er ein wunderbares Team, wenn es um die Auflockerung und Befragung von Zeugen ging. Sie warfen sich gegenseitig die Bälle zu und wußten genau, auf welchen Tasten des Verhörklaviers sie zu spielen hatten.
»Sie wollen mich ja nur bluffen«, reagierte das Pausbackengesicht, das unruhig geworden war. Der junge Mann merkte überhaupt nicht, daß er bereits seit einigen Minuten redete, obwohl er sich fest das Gegenteil vorgenommen hatte.
»Sie brauchen es ja nur darauf ankommen zu lassen«, gab Mike Rander lächelnd zurück, »wie gesagt, an Ihrer Stelle würde ich mich schleunigst absetzen. Aber vielleicht sind Sie scharf darauf, mit einem zweiten Dynamitbündel in die Luft gepustet zu werden.«
Das Pausbackengesicht war vorsichtig aufgestanden und sah zuerst Rander, dann Parker mißtrauisch, unsicher an.
»Sie lassen mich tatsächlich gehen?« vergewisserte er sich noch einmal.
»Sie brauchen nur durch die Tür zu gehen.« Rander deutete einladend auf die Eingangstür. Dann wandte er sich an Parker. »Schalten Sie aber vorher besser das Licht aus, Parker, er könnte gegen das helle Zimmer eine gute Zielscheibe abgeben.«
Der junge Mann gab sich einen inneren Ruck und marschierte ziemlich steifbeinig zur Tür. Er griff nach der Klinke und hatte dann doch einige Bedenken, die Tür zu öffnen. Er sah unsicher zu Rander und Parker, die ihn bereits vergessen zu haben schienen. Sie standen am Kamin und unterhielten sich leise miteinander.
»Schalten … äh … schalten Sie doch das Licht ab!« rief der junge Mann, dessen Nervosität sich steigerte.
»Aber selbstverständlich«, sagte Parker höflich, »entschuldigen Sie, junger Mann, Mister Rander und meine Wenigkeit hatten Sie bereits vergessen.«
Parker löschte das Licht im Wohnraum des Motel-Bungalows und wartete darauf, daß der junge Mann nun endlich die Tür öffnete. Doch sie blieb geschlossen.
Vom Eingang her war ein schweres, schnaufendes Stöhnen zu hören.
»Hallo …!« rief das Pausbackengesicht dann von der Tür her, »haben Sie was dagegen, wenn ich noch ’nen Moment blei …«
Er hatte nicht mehr die Chance, seinen Satz zu beenden.
Das Rattern einer Maschinenpistole übertönte die letzte Silbe.
Holz splitterte, Querschläger sirrten wie bösartige Insekten durch den Bungalow, irgendwo splitterte Glas. Dieses Geräusch ging unter in einem schweren, dumpfen Fall …
»Ihr Service ist meiner bescheidenen Wenigkeit nach etwas übertrieben gut«, sagte Parker zu dem Manager des Motels, der sich inzwischen eingestellt hatte. Während Parker noch sprach, deutete er auf die zerfetzte Tür, in der die Einschußlöcher deutlich zu sehen war.
»Ich verstehe das nicht«, stotterte der Manager, »wer könnte auf den jungen Mann geschossen haben?«
Das Pausbackengesicht lag regungslos auf dem Boden. Der junge Mann lebte nicht mehr. Er mußte sofort tot gewesen sein. Er war von der Garbe aus der Maschinenpistole voll erwischt worden. Parker hatte eine Decke über ihn gebreitet.
»Der Täter muß direkt vor der Tür gestanden haben«, erklärte Parker, »warum er den jungen Mann erschoß, entzieht sich meiner Kenntnis.«
Bei dieser Version blieb der Butler, als er dem Sheriff berichtete. Er brauchte sich keine Vorwürfe zu machen, denn im Grund log er wirklich nicht. Gewiß, er hatte gewisse Vermutungen, doch die wollte er dem Sheriff nicht mitteilen. Vielleicht hätte das den Mann des Gesetzes auf eine falsche Spur gebracht.
Es ging auf den Morgen zu, als Rander und Parker wieder allein waren. Der Sheriff und seine beiden Mitarbeiter waren gegangen.
»Ich fürchte, Sir, daß ich mich einer Unterlassungssünde zeihen muß«, sagte Parker.
»Sie denken an das Dynamitbündel, nicht wahr?«
»In der Tat, Sir. Ich vergaß, es dem Sheriff mitzugeben.«
»Ich auch, Parker, ich auch. Machen wir uns gemeinsam Vorwürfe!«
»Sie bestehen nicht darauf, das Paket dem Sheriff umgehend zu übergeben?«
»Das heben wir uns auf für später, Parker.