Fiona - Gefühle. Zsolt Majsai

Fiona - Gefühle - Zsolt Majsai


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hast.“

      „Übung.“ Ich erhebe mich etwas schwerfällig. „Viel Übung.“ Ich sehe zu ihm hinunter. „Ben, glaub mir, ich fühle mich wie durch den Wolf gedreht und dann ausgekotzt. Im Vergleich zu dem, wie es sich angefühlt hat, als die Axt durch meine Lungen und mein Herz ging, geht es mir trotzdem super. Und in ein paar Minuten habe ich mich vollständig regeneriert.“

      Ben erwidert meinen Blick und wirkt etwas unbeholfen. Er scheint mit der Situation überfordert zu sein. Ich kann ihn verstehen, viel besser geht es mir auch nicht. Das war nicht der Plan, dass ich nun auch hier festsitze. Improvisation ist angesagt.

      „Erzähl erst einmal, was geschehen ist“, fordere ich ihn auf, während ich zum Fenster gehe und versuche, draußen etwas zu erkennen. Da sich das Fenster aber unterhalb der Erdoberfläche befindet, sehe ich nur den taghellen Himmel.

      „Sie waren plötzlich da … wir … wir waren grad beim Essen. Plötzlich klirrte es, und dann waren sie durch das Fenster da. Fünf Zwerge und eine junge Frau. Rob ist auf sie los, aber die Zwerge haben ihn in Sekunden ...“ Ben verstummt. Ich fahre herum. Er starrt den Boden an, sein Gesicht ist tränenüberströmt. Ich gehe zu ihm hin und nehme ihn in die Arme. Er reagiert nicht, aber er wehrt sich auch nicht dagegen. Ich halte ihn einfach nur fest, bis er weiterredet. „Dann sagte mir die Frau, dass sie mich lebend haben wollen. Aber wenn ich versuchen würde zu fliehen, dann schneiden sie mir die Hände ab und essen sie, während ich zuschaue.“

      „Ben, es tut mir leid ...“

      „Hast du … ihn gesehen?“

      Ich nicke.

      „Wie hast du mich gefunden? Sind meine Kollegen ...?“

      „Nein, ich wollte sie da nicht reinziehen. Das hätte nur ein Blutbad bedeutet. – James hat in der Datenbank nach Objekten gesucht, die außerhalb liegen und unbewohnt sind. Das hier war das dritte, das ich mir angesehen habe.“

      „Dann weiß also James, wo du bist?“

      „Zumindest weiß er, wo er in etwa suchen muss. Aber ich hoffe sehr, dass er das nicht tut, zumindest nicht, ohne sich passende Hilfe zu holen.“

      „Katharina?“

      „Ja, Katharina.“ Ich hoffe sehr, dass er nicht bemerkt, wie meine Stimme plötzlich am Zittern ist. Und wenn doch, sind es eben die Nachwirkungen meines brutalen Sterbens. Nur mit Mühe kann ich die Tränen unterdrücken. Verdammt, wieso tut es immer noch so weh?

      „Hast du eine Zigarette, Ben?“ Er nickt und holt eine zerknüllte Schachtel aus der Hosentasche. Viele sind nicht mehr drin, wir werden bald Nachschub brauchen. Ich taste meine Hosentaschen ab und mache die freudige Entdeckung, dass nichts abhandengekommen ist. Ben gibt mir Feuer, dabei kommt er mir sehr nahe und blickt mir in die Augen. „Was ist los, Fiona?“

      „Was meinst du?“, erwidere ich und nehme einen tiefen Zug.

      „Fiona, wie lange kennen wir uns schon?“

      „Vier Jahre. Oder drei?“

      „So ungefähr. Deine Augen glänzen. Habe ich was Falsches gesagt?“

      Ich verneine kopfschüttelnd. „Es hat nichts mit dir zu tun. Nicht wichtig. Eins meiner Probleme, die ich irgendwann noch lösen muss. Wir sollten uns lieber mit der aktuellen Situation beschäftigen. Hast du zum Beispiel eine Ahnung, was sie wollen?“

      „Ja, sie wollen, dass ich David für sie finde.“

      „David? Und sein Nachname?“

      Ben zuckt die Achseln. „Das wissen sie nicht. Und Schneewittchen wurde sehr böse, als ich sagte, dass es einige tausend Davids in dieser Stadt geben dürfte. Sie hat ganz schön rumgetobt.“

      „Heißt sie wirklich Schneewittchen?“

      „Nein, Emily. Einfach nur Emily.“

      „Emily?“ Ich habe Mühe, das Lachen zu unterdrücken. „Kein Wunder, dass sie lieber Schneewittchen heißen möchte. Aber gut. Sonst haben sie nichts gesagt?“

      „Doch, sie erwähnten noch jemanden. Jemanden mit einem ungewöhnlichen Namen. Nasat … Nasnat … so ähnlich jedenfalls.“

      Ich starre ihn an. Verdammt. Dieser verdammte Mistkerl! Dieses verdammte Arschloch!

      „Was … was ist los? Kennst du ihn?“

      Ich nicke langsam. „Oh ja, ich kenne Nasnat. Oh Mann … er wird mir was zu erklären haben. Ich frage ihn noch und er tut, als wüsste er von nichts!“

      „Wen hast du was gefragt?“

      „Nasnat. Ich habe Nasnat gefragt. Nach Schneewittchen … verdammt!“ Ich lehne mich gegen die nächstbeste Wand und vergrabe das Gesicht in den Händen.

      „Fiona ...“

      „Ben, ich bin in Ordnung. Ich muss das erst einmal nur verkraften. Also gut, die suchen einen David, der irgendwie was mit Nasnat zu tun hat.“

      „Wer ist Nasnat?“

      Ich sehe ihn an. „Das willst du nicht wissen.“

      „Und wenn doch?“

      Ich seufze. „Ben, das Wissen brächte dir keine Vorteile, aber es würde dich möglicherweise in Gefahr bringen.“

      „Fiona, ich bin Polizist, vergiss das nicht.“

      „Ja. Und Nasnat ist kein Verbrecher. Nur ein Arschloch. Ein verdammtes!!“ Ich atme tief durch und betrachte das Loch in der Wand, das ich grad hineingeschlagen habe. „Na gut. Nasnat ist kein gewöhnlicher Mensch. Wenn er überhaupt ein Mensch ist, so genau weiß ich das gar nicht. Aber zumindest hielt ich ihn bislang für einen Freund. Übrigens ist er auch noch schuld daran, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben verhaftet wurde.“

      „Wie bitte? Verhaftet? Du?“

      Ich erzähle ihm kurz die Geschichte, und ihm bleibt der Mund offen. „Das ist ja krass. Und du weißt nicht, was das Ding von deinem … Freund wollte?“

      „Nein, keine Ahnung. Uns blieb wenig Zeit für Smalltalk.“ Ich spaziere zur Tür und betrachte sie genauer. Wer auch immer diesen Keller gebaut hat, wollte wohl sichergehen, dass nichts, was er hier eingesperrt wird, aus eigener Kraft entkommen kann. Einen Versuch ist es dennoch wert. Ich nehme Maß, dann atme ich mit geschlossenen Augen ein paarmal durch, bevor ich meine Faust explosionsartig gegen die Tür schießen lasse.

      Das Ergebnis ist frustrierend. Immerhin eine Beule.

      Ich reibe meine Faust und wende mich kopfschüttelnd ab.

      „Hm“, macht Ben. „Ich weiß ja nicht, wie stark du tatsächlich bist ...“

      „Du siehst doch das Loch in der Wand, und da habe ich mich nicht vorher konzentriert. Eine gewöhnliche Stahltür wäre aus den Angeln geflogen.“ Ich seufze. „Jetzt muss ich pullern. Und es ist mir egal, ob du dich umdrehst oder nicht.“

      Ich schiebe die Hose hinunter und hocke mich über den Eimer. Da er leer ist, klingt es metallisch hohl, als der Strahl auf den Eimerboden trifft. Ich mustere Bens Rücken.

      „Ben? Darf ich dich was fragen? Bin dir auch nicht böse, wenn du nicht antworten möchtest.“

      „Frag einfach.“

      „Wann … wann hast du gemerkt, dass du schwul bist? Schon als Kind?“

      Es kommt erst mal keine Antwort, und ich befürchte schon, dass ich ihm zu nahe getreten bin. Dabei suche ich nach Papier, doch selbst an so einfacher Ausstattung fehlt es in dieser Unterkunft. Papiertaschentücher finden sich in meinen Hosentaschen auch nicht. Dann eben nicht. Ich ziehe Schlüpfer und Hose hoch.

      „Nein. Ich hatte als Teenager zwei, drei Freundinnen. Nichts von langer Dauer. Später wurde mir auch der Grund klar, nachdem ich gemerkt hatte, dass mich Mädchen eigentlich nicht interessieren. Sie fanden es wohl sehr seltsam, dass ich höchstens einmal die Woche Sex mit


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