Die Hexe und die Orks - Lehrjahre | Erotischer Fantasy Roman. Timothy Morgan
unter seinem dreckigen Lederpanzer trug er ein grobes, rotes Hemd. Seine Waffe, eine Keule, hatte er neben sich auf den Boden gesetzt, seine Haare und Bart waren ungepflegt. Dann sprach er mit lauter Stimme:
»Ich hab gesagt: Wo ist das Gold! Na los, wo hast du’s, oder willst du weiter überredet werden?«
Ihr Vater spielte, wie Anna es von ihm kannte, natürlich das Unschuldslamm. Sie war erstaunt von so viel Mut! Selbst jetzt, in dieser so hoffnungslosen Situation, gab Karsten nicht auf, versuchte, das Blatt doch noch zu wenden.
»Bitte, ich sagte doch schon, ich habe kein Gold! Waren habe ich, aber noch nichts verkauft, Schrauben und Bolzen, in allen Wagen!«
»Ein Händler ohne Gold. Dass ich das noch erleben darf!« Die Männer, die bisher schweigend ihrem Hauptmann zugesehen hatten, stimmten in dessen Gelächter ein.
»Keiner von euch würde ohne Gold auch nur zum Scheißen gehen. Dafür kenne ich euch zu gut. Ihr zwei!«
Er zeigte auf zwei seiner Männer.
»Geht und holt dem Fettsack ein paar seiner Bolzen. Dass er nur keine Mahlzeit verpasst!«
Wieder lachten die Räuber und Anna hatte das Gefühl, sie könnte den Schweiß auf der Stirn ihres Vaters ausbrechen sehen. Er fing an, zu sprechen, wurde aber rüde durch einen Schlag des Hauptmanns unterbrochen. Karsten fiel auf die Seite und blieb still liegen.
»Du hattest deine Chance, Trödler. Jetzt wirst du fressen, und am Ende kriegen wir dein Gold trotzdem.«
Annas Herz pochte – wenn sie nun ihren Vater töten würden – musste sie zusehen – sie konnte nichts tun – musste sich verstecken – aber ihr Vater? Was sollte sie nur tun? Zusehen, wie er gefoltert wurde? Sie wollte schon die Holzklappe über sich öffnen, nach draußen klettern und sie wusste nicht, was tun, als ihr Vater wieder versuchte, zu sprechen. Er hatte sich aufgerappelt, aber wieder schickte ein Schlag des Hauptmanns ihn zu Boden. Anna konnte unmöglich helfen, was sollte sie gegen diese Monster ausrichten? Eine eiserne Hand schien ihr Herz zu greifen und es zusammenzudrücken. Sie konnte ihrem Vater nicht helfen. Sie konnte nur zusehen.
Aus dem ersten Wagen kamen jetzt die zwei Räuber und schwenkten triumphierend einen Eimer, der laut rasselte. Sie stellten, unter Jubelrufen der Zusehenden, die Bolzen vor ihrem Hauptmann ab, der mit einer Hand hineinlangte, bösartig grinste und sich wieder Karsten zuwandte. Die zwei Räuber, die die Bolzen geholt hatten, griffen ihn fest unter seinen Armen und zerrten ihn auf seine Knie. Ein dritter sprang dazu und zwang seinen Kiefer nach unten. Anna konnte seine vor Furcht geweiteten Augen sehen, als der Hauptmann nach einem Blechtrichter griff, der von seinem Gürtel hing.
»Sei froh, Alter«, knurrte der Hauptmann, »dass du Eisenwaren transportierst. Viel mehr Spaß macht uns das Ganze bei Bauern, die gerade Gülle austragen!«
Das Gelächter der Banditen brandete über Anna hinweg. Ihr Vater begann, zu zappeln, sich zu wehren, hatte aber keine Chance gegen seine Peiniger. Der Hauptmann rammte ihm den Trichter zwischen die Zähne und hielt ihn in Position. Karsten presste seine Augen panisch zu. Tränen sickerten durch die geschlossenen Lider. Auch Anna weinte, Tränen der Angst, der Hilflosigkeit und des Zorns. Wie konnten diese Kreaturen es wagen? Was gab ihnen das Recht dazu?
Der Augenblick streckte sich. Der Hauptmann ließ einige der Bolzen zurück in den Eimer fallen. Er griff hinein, wühlte in ihnen herum.
Auf den Knien, nah vor Karstens Gesicht, fragte er:
»Händler. Du hast Gold, nicht wahr?«
Karsten nickte panisch und schnell.
»Viel Gold, nicht? Der Eisenhandel ist lukrativ in diesen Tagen?«
Karsten nickte erneut. Noch immer wagte er es nicht, seine Augen zu öffnen.
»Wirst du uns geben, was wir wollen?«
Karstens Augen flogen auf, starrten kurz in die des Hauptmanns. Dann nickte er, und der Hauptmann zog ihm langsam den Trichter aus dem Mund.
Anna wagte es nicht, erschöpft auszuatmen. Vielleicht würden sich die Räuber ja doch mit dem Gold ihres Vaters zufriedengeben. Aber was, wenn nicht? Jetzt brauchten sie Karsten auch nicht mehr. Aber vielleicht hatte er doch einen Plan? Eine Idee, die Räuber fortzulocken? Sicherlich würde er ihnen nicht sagen, dass das Gold im ersten Wagen lagerte, in einem Versteck ganz ähnlich demjenigen, in dem sie selbst gerade lag.
»Das Gold … mein Gold«, wimmerte Karsten, und Anna hatte das Gefühl, dass sein Blick kurz zu ihrem Versteck wanderte, dass er ihr durch den winzigen Spalt hindurch in die Augen sah. »Mein ganzes Gold ist in einem Fach unter … unter den Brettern im … im dritten Wagen versteckt.«
Sofort sprangen einige Räuber los, um das Versteck zu plündern. Anna war starr, fassungslos. Hatte ihr Vater gerade … wusste er … Sie wurde unterbrochen von groben Händen, die an den Brettern über ihr zerrten. Sie fanden den Mechanismus, der die Klappe öffnete, Anna schrie. Die Männer lachten, zogen sie an einem Arm aus der Klappe.
»Ein Bonus, nicht nur Gold, sondern endlich auch frisches Fleisch! Merle wird sich freuen …«
Der eine hielt Anna fest, der andere suchte unter den Rechnungsbüchern nach Gold, aber vergebens.
»Verdammich, der Alte hat wieder gelogen!«
Sie zogen Anna aus dem Wagen heraus, die noch immer benommen war von der Tat ihres Vaters. Sie wehrte sich nicht.
Schweigend beobachtete die Räubermeute, wie sie aus dem Wagen bugsiert und vor den Hauptmann gestellt wurde. Der musterte sie mit steinerner Miene, dann breitete sich unter seinem dichten, schmutzigen Bart ein breites Grinsen aus. Anna bemerkte, wie merkwürdig hell seine Zähne waren.
»Schaut euch das an, Jungs«, brüllte er und griff sich Anna, »was für einen Spaß wir mit ihr haben werden!«
Damit zog er fest an Annas Arm, sodass sie herumgewirbelt wurde, presste ihren Rücken gegen seinen Bauch und zerrte mit beiden Händen ihr Kleid von ihren Schultern, sodass ihre nackten Brüste für alle Räuber zu sehen waren. Jubel brach aus, und in dem kurzen Augenblick der Unachtsamkeit hechtete Karsten von den Knien nach vorne auf seine Füße und wand sich wie das Wiesel, das er war, zwischen den Räubern hindurch zum Wagen.
Der Hauptmann hob seine Hand.
»Lasst den Feigling laufen! Wir haben heute etwas viel … viel Besseres gefunden als sein Gold!«
Anna sank zu Boden, unfähig, sich länger aufrecht zu halten. Sie hörte, über das Jaulen und Toben der Banditen, wie ihr Vater dem Pferd die Peitsche gab und verschwand. Er hatte sie verraten und verkauft. Nackt und hilflos einer Horde Männer überlassen, die vor dem Töten, und Schlimmerem, nicht zurückschreckten.
Man knebelte und fesselte sie. Sie ließ es geschehen. In einem der erbeuteten Wagen wurde sie ins Lager der Räuber gefahren. Der Griffel, den sie vor wenigen Minuten noch benutzt hatte, schaukelte über ihr: unerreichbar, da sie nicht einmal eine Hand ausstrecken konnte. Und so begann Annas neues Leben, stumm und hilflos. Aber nicht mehr lange.
Lektionen
Das Gefühl der Betäubung und des Schocks hielt noch lange vor. Während der Fahrt, die etwa einen halben Tag in Anspruch nahm, spürte Anna kaum etwas, nur ein dumpfes, entferntes Pochen in ihrer Brust. Auch nach ihrer Ankunft im Lager der Banditen, tief in dem goldenen Wald, ließ sie sich ohne Widerstand von den Räubern in einen geräumigen Käfig stecken, um dann, als die Nacht hereinbrach, plötzlich in Schluchzen und heiße Tränen auszubrechen. Das Pochen in ihrer Brust war zu einem Feuer geworden. Verraten und verkauft! Die Verzweiflung suchte sich ihren Weg wie ein reißender Strom, der sie erbarmungslos mit sich fortriss. Zuletzt fühlte sie sich noch leerer als zuvor, aber ihre Tränen waren versiegt. Sie schlief auf einem Bündel stinkenden Strohs ein.
Der nächste Tag brach gräulich herein. Anna war bereits kurz vor der Dämmerung aufgewacht. Das Lager schien schon länger auf den Beinen zu sein; niemand schenkte ihr Beachtung. Neugierig blickte sie sich um. Ihrem Gefängnis gegenüber sah sie ein großes