Die großen Western 113. Robert Ullmann
sind uns einig«, hörte man Wade Denton sagen. »Ich verlese jetzt die Teilnehmerliste und die Wettkampfbestimmungen.«
Costontino verließ den Saloon. Es würde erst in einer Stunde interessant werden, wenn man die Reihenfolge der Kämpfe festlegte.
Vor der Bank sah er Patricia Stein. Wie immer trug sie auch heute Hose, Bluse, Stiefel und den breitrandigen Hut.
»Hallo, Pat, versorgt sich Ihr Vater mit dem nötigen Kleingeld?«
Freundlich erwiderte sie seinen Gruß. Sie schien nervös zu sein. Costontino dachte an Otis Kerrigan, dessen Pferd schräg gegenüber in der Reihe der anderen in der Morgensonne stand.
»Mein Vater, ja«, antwortete sie, und ihre Mundwinkel zuckten dabei nervös. »Ich hoffe, dass ich meins selbstständig erwerbe.«
Costontino nickte.
»Ich weiß, Pat. Sie scheinen viel Vertrauen in Shawns Fähigkeiten zu haben.«
»Habe ich auch. Alle haben auf Kerrigan gewettet. Ich werde viel Geld gewinnen, Sheriff.«
Costontino zog die Augenbrauen hoch. Er hatte den Misston in ihrer Stimme gehört. Er zuckte die Schultern und sagte langsam: »Hoffentlich, Pat. Ich wünsche Ihnen den Gewinn und Shawn den Sieg. Nur …«
»Nur…, was?«, fragte sie hastig.
»Nun, Niederlagen sind umso schlimmer, je weniger man mit ihnen rechnet. Ich meine, das alles sollte nichts anderes sein als ein harmloser Zeitvertreib, an dem man seinen Spaß hat.«
»Soll das eine Belehrung sein, Sheriff?«, schnappte das Mädchen zurück.
Costontino trat auf sie zu und legte die Hand auf ihre Schulter. Er konnte sich das als alter Freund der Domino-Six erlauben.
»Hass ist ein schlechter Ratgeber, Pat«, sagte er. »Eigentlich geht es mich ja nichts an, aber wenn ich verschiedene Gedanken zu Ende denke, kommt es mir vor, als könnte es möglich sein, dass aus einem Spiel Ernst werden kann.«
»Spiel?«, schnaubte Pat.
»Das ist vielleicht ein falscher Ausdruck, Pat, entschuldige. Sie wissen, was ich meine. Es ist nie gut, wenn eine Frau zwischen zwei Männern steht. Und schon gar nicht, wenn die Frau es so will.«
»Sie sind verrückt, Sheriff. Ich denke mit keinem Gedanken daran …«
»Ich weiß«, lächelte Costontino. »Eine Frage! Geht es Ihnen nur um den Gewinn? Ist Shawn nur ein Pferd, auf das Sie gesetzt haben, um Geld zu gewinnen? Pat, ich …«
»Pat! Pat! Pat!«, stieß sie hervor und trat jäh zur Seite. »Ich weiß, was ich tue, Sheriff. Ihr seid ja alle wie verrückt nach diesem Texaner. Ihr seid es, die ihn so arrogant gemacht haben. Ich will ihn verlieren sehen. Ich will, dass man ihm zeigt, dass er kein Übermensch ist!«
Sie lief in die Bank und war verschwunden. Aus einem Nebenausgang der Bank trat der Rancher Stein. Er hatte seine Tochter hineinlaufen sehen und trat näher.
»Guten Morgen, Howe. Was hat Pat?«
»Morgen, Bret. Sie spielt ein bisschen verrückt. Ich sprach von Kerrigan.«
»Das hätten Sie nicht tun sollen. Jetzt ist sie Ihnen böse. Trinken Sie ein Glas mit mir?«
»Danke, ich sehe da eben einen Gast hinter meiner Officetür, der gern heraus möchte. Wir sehen uns noch, Bret.«
Der Rancher grinste.
»Heraus möchten wohl alle, die Sie da hineinstecken. Bis nachher.«
Costontino öffnete die Tür und stand Lacy McCullough gegenüber.
Der Texaner grüßte und fragte, wo die Teilnehmer eingeteilt würden.
»Im Trail-Saloon«, murmelte der Sheriff und trat rasch zur Seite.
»Kann man da auch was zu Essen bekommen?«, hörte er McCullough fragen.
»Besser, Sie gehen zu Tarks Speiselokal. Sie haben noch eine halbe Stunde Zeit, bis über die Reihenfolge beschlossen wird.«
»Vielen Dank, Sheriff. Ich habe großartig geschlafen. Ich werde Sie weiterempfehlen.«
Costontino lachte und wehrte ab.
»Lieber nicht. In wenigen Tagen sind die Käfige ohnehin so voll, dass man nur im Stehen schlafen kann. Am besten suchen Sie sich bis morgen was anderes.«
*
Lacy McCullough fühlte sich reichlich gestärkt, als er das Speiselokal verließ und über den Gehweg zum Trail-Saloon ging. Obgleich die Stadt von Reitern wimmelte, bemerkte er, dass manch abschätzender Blick ihn traf.
An der Tür zu Selvin Laders Generalstore traf er mit Patricia Stein zusammen, die einen Korb in der Hand hielt.
Eine Wurst fiel zu Boden. Lacy hob sie auf und reichte sie Pat.
»Entschuldigen Sie, Ma’m«, sagte er und blickte auf sie herab. Ein schönes Mädchen, dachte er, während er an den Hutrand griff.
Pat schien eine heftige Erwiderung auf den Lippen zu haben. Dann aber sah sie die ruhigen grauen Augen freundlich auf sich gerichtet, und ihr fiel Otis Kerrigan ein. Hatte Otis nicht dieselben Augen? War es nicht derselbe Ausdruck einer Mischung von ruhiger Gelassenheit und zurückhaltendem Interesse?
»Schon gut«, murmelte sie verdrossen.
Das lächelnde Gesicht des Ranchers Stein tauchte hinter ihr auf. Ein prüfender Blick traf den Texaner. Auch Stein musste sofort an Kerrigan denken. Er sagte: »Wenn ich mich nicht irre, sind Sie mindestens der zwanzigste Mann, den meine Tochter im Laufe der letzten Wochen anstößt. Ich danke Ihnen, dass Sie keine Postkutsche sind. Auch das hat es schon gegeben. Entschuldigen Sie, Mister …«
»McCullough, Lacy McCullough«, lächelte der Texaner belustigt. »Es war meine Schuld. Aber, auf Ehre, Ma’m, es war mir ein Vergnügen. Auf Wiedersehen.«
Wieder griff Lacy an den Hutrand, dann setzte er seinen Weg fort.
»Ein Texaner«, hört sie den Rancher murmeln. »Ich kann mir nicht helfen, von zehn Texanern finde ich mindestens acht prächtig.«
»Ob er sich am Rodeo beteiligt?«
»Weswegen sollte er sonst hier sein? Ah, da fällt mir was ein. Wenn ich mich nicht irre, hat dieser Mann heute Nacht im Jail geschlafen.«
Pat warf den Kopf herum.
»Im Jail?«
Der Rancher nickte grinsend, und sie überquerten die Straße.
McCullough schob sich durch die Schwingtür des Trail-Saloon. Er hörte die Stimme des Ranchers Denton durch das Stimmengewirr schallen und schob sich durch die Reiter, die dicht gedrängt an der Theke standen.
Plötzlich spürte er zwei forschende Augen in der Seite wie Nadelstiche. Er drehte den Kopf und erblickte Tom Shawn, der zur Seite rückte, um ihm an der Theke Platz zu machen.
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