Dr. Brinkmeier Classic 6 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Classic 6 – Arztroman - Sissi Merz


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zudem hatte sie strahlendblaue Augen. Die Schwestern verstanden sich von klein auf gut, hatten sich stets alle kleinen und großen Geheimnisse gegenseitig anvertraut. Tina wußte, daß es Birgit nicht gutging. Und sie machte sich Sorgen um ihre große Schwester.

      »Und? Was hat er gesagt?« wollte sie wissen, als Birgit keine Anstalten machte, von sich aus etwas zu erzählen.

      Die Bäuerin schickte zuerst die Küchenmagd hinaus, dann gestand sie: »Der Doktor ist net zufrieden mit mir. Er sagt, ich soll dem Thomas reinen Wein einschenken. Aber das kann ich net. Er würde sich doch wieder nur Sorgen um mich machen. Und er hat schon so viel am Hals.«

      »Dein Mann hat dich lieb, er ist immer für dich da«, erinnerte Tina die Schwester besonnen. »Warum willst net mit ihm reden?«

      »Ich mag ihn net mit meinem Problemen belasten. Du weißt doch, daß er mir schon nach der

      ersten Fehlgeburt beigestanden hat. Dabei ist mir aufgefallen, wie sehr der Thomas darunter gelitten hat. Ich will nicht, daß das noch einmal passiert.«

      Tina musterte ihre Schwester nachdenklich. »Ihr zwei habt euch sehr lieb. Da sollte es eigentlich selbstverständlich sein, daß man immer ehrlich zueinander ist. Finde ich jedenfalls.«

      »Ich werde schon mit ihm reden, falls es mir schlechter gehen sollte. Aber jetzt wollen wir das Thema wechseln.« Birgit lächelte ein wenig. »Wie steht es denn zwischen dem Bastian und dir? Seid ihr euch schon einig?«

      Eine feine Röte überzog das hübsche Gesicht des jungen Mädchens, das aber abwehrte: »Zwischen dem Bastian und mir ist nix, wir sind uns nur sympathisch.«

      »Das nehme ich dir nicht ab. Ich kenne doch unseren Großknecht ganz genau. Bislang ist er keinem Flirt abgeneigt gewesen. Aber seit einer Weile hat er nur noch Augen für dich. Du kannst mir net erzählen, daß das nix zu bedeuten hat.«

      Tina hob die Schultern. Es war eine Geste, die gleichmütig wirken sollte, aber eher hilflos aussah. Wenn das schöne Mädchen an den feschen Sebastian Brand dachte, dann schlug ihr Herz schon schneller. Sie hatte den Burschen lieb, aber sie mochte es nicht eingestehen; nicht ihrer Schwester, nicht ihm, ja, nicht einmal sich selbst. »Ich weiß nicht, was ich vom Bastian halten soll«, verriet sie Birgit schließlich zögernd. »Er ist eine ehrliche Haut, ich mag ihn. Aber ich muß immer daran denken, daß er allen Madeln in Wildenberg schöne Augen gemacht hat. Und dann frage ich mich, ob er auf Dauer nur mir treu sein könnte.«

      »Das wirst erst erfahren, wennst ihm die Möglichkeit gibst, es dir zu beweisen«, war die Bäuerin überzeugt.

      »Na ja, das stimmt schon. Aber das ist nicht alles.« Tina sah ihr Gegenüber sehr ernst, fast bedrückt an. »Sag, Birgit, meinst net, daß der Bastian aufs Einheiraten ausgeht? Ich will ihm nicht Unrecht tun, aber der Gedanke ist doch nicht so abwegig, oder? Und wenn ich daran denke, die Seine zu werden, dann will ich das nur, weil er mich liebhat und mich um meiner selbst willen heiratet. Verstehst mich?«

      »O ja, das tu ich.« Die Bäuerin seufzte leise. »Das war auch zwischen dem Thomas und mir lange ein Thema. Er wollte nicht, daß ich den gleichen Eindruck kriege. Deshalb hat er sich auch geweigert, nach der Heirat die Hälfte von meiner Hofhälfte auf den Namen zu nehmen.« Sie lächelte ein wenig. »Das hätte es fei net gebraucht, ich hab’ nie an so etwas gedacht. Aber es stimmt schon, man sollte nicht zu blauäugig sein.«

      »Meinst, ich kann dem Bastian in der Beziehung auch vertrauen? Ich bin so unsicher und weiß net, was ich machen soll.«

      Die ältere Schwester wußte darauf keine direkte Antwort. »Es ist immer ein Risiko, einem anderen Menschen zu vertrauen. Aber wenn du den Bastian wirklich liebhast, dann mußt es einfach versuchen. Es gibt keine andere Möglichkeit, wenn man glücklich miteinander werden will…«

      Die Worte der Schwester gingen Tina noch lange durch den Kopf. Als sie am Abend zusammen mit Sebastian noch einen Gang durch die frische Luft machte, fragte sie sich im Stillen, ob sie wirklich ein so großes Risiko eingehen und dem Burschen vertrauen wollte. Sie wußte es nicht, sie wußte nur, daß sie Sebastian gern hatte. Aber ob das ausreichte…

      Als habe er ihre Gedanken erraten, nahm Sebastian nun Tinas Hand und schaute ihr mit einem Lächeln in die Augen. Er stahl ihr ein kleines Busserl, lachte und bekannte: »Wenn du bei mir bist, Engerl, dann geht es mir richtig gut. Nur schade, daß wir nicht mehr Zeit miteinander verbringen können.«

      »Aber wir sehen uns doch jeden Tag«, hielt sie ihm entgegen. »Wie sollen wir denn noch öfter beisammen sein?«

      »Du weißt schon, was ich meine, gelt?« Er zog sie in seine starken Arme und verschloß ihre süßen Lippen mit einem langen, innigen Busserl, das sie beide eine Weile alles andere vergessen ließ. In solchen Momenten der Seligkeit dachte das schöne Mädchen nicht über seine Vorbehalte und Unsicherheit nach, da war alles wie weggewischt. Wenn Sebastian sie im Arm hielt, war Tina einfach nur glücklich und wünschte sich, diese zauberhaften Momente würden nie vorbeigehen. Leider taten sie es aber doch, mit Vorliebe viel zu schnell.

      »Willst net die Meine werden, Engerl?« fragte der Bursch seine Liebste, nachdem er sie nur widerwillig freigegeben hatte. »Ich hab’ dich von Herzen lieb. Und ich spür, dir geht es net anders. Laß uns heiraten, dann können wir unser Leben endlich ganz teilen. Es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche…«

      Tina errötete ein wenig und senkte verlegen die Lider. Sebastian nahm ihre Hand, sie setzten ihren Weg durch den frischen, knirschenden Schnee fort. Kleine Atemwölkchen stoben in den klaren Abendhimmel, der am Horizont noch rosa überhaucht war. Das schöne Madel lehnte den Kopf an die Schulter seines Begleiters und gestand ihm leise: »Ich hab’ dich wirklich sehr gern, Bastian. Aber ich mag noch net heiraten. Weißt, ich glaube, daß ich einfach zu jung bin. Findest das dumm?«

      »Freilich nicht. Es ist eher klug, sich nicht zu früh zu binden. In der ersten Verliebtheit macht man leicht einen Fehler. Und dann wird man vielleicht sein Leben lang unglücklich. Aber in unserem Fall ist das doch anders.«

      Sie schaute ihn fragend an. »Was meinst?«

      »Schau, wenn sich zwei Herzen gefunden haben, wenn zwei Menschen wissen, daß sie beisammen bleiben wollen, dann gibt es keinen Grund mehr zu zögern. Und das ist bei uns beiden doch der Fall. Oder irre ich mich?«

      Tina hob leicht die Schultern. »Eigentlich nicht…«

      »Aber?« Der Bursch blieb stehen und schaute sie forschend an. »Was ist mit dir, Tina? Was hast du auf dem Herzen? Da ist doch was. Willst es mir nicht verraten?« Doch sie schwieg und wich auch seinem Blick aus. Da meinte Sebastian, zu wissen, was ihr durch den Kopf ging. Seine Miene verhärtete sich, als er streng wissen wollte: »Unterstellst du mir vielleicht, daß ich es auf deine Hofhälfte abgesehen habe? Daß ich mich vom Knecht zum Herrn aufschwingen will, obwohl mir das nicht zusteht?«

      Tina erschrak und versicherte: »Nein, auf den Gedanken würde ich nie kommen. Ich verstehe gar nicht…«

      »Aber ich.« Er lachte bitter auf. Und plötzlich hatte sie den Eindruck, mit ihrem Zögern einen Fehler begangen zu haben. Sie hatte Sebastian das Gefühl vermittelt, daß sie ihm nicht glaubte, ihm nicht vertraute. Und dafür schämte Tina sich.

      »Bitte, Bastian, laß uns nimmer davon reden«, bat sie ihn leise, aber er schüttelte nur leicht den Kopf, hatte den Blick gesenkt und hörte ihr gar nicht mehr zu.

      »Ich hätte es besser wissen sollen. Das ist ja auch der Grund gewesen, weshalb ich meine Gefühle für dich so lange verschwiegen habe. Es ist immer das alte Lied. Wenn man nichts vorzuweisen hat außer der eigenen Hände Arbeit, dann wird man immer schräg angesehen.«

      »Das stimmt nicht, du tust mir Unrecht!« widersprach sie ihm erschrocken. »Ich hab’ in dir nie den Knecht gesehen, sondern einfach einen Burschen, den ich liebhab’. Freilich hab’ ich mir auch die Frage gestellt, ob du aufs Einheiraten ausgehst, ich will ehrlich zu dir sein. Aber im Grunde habe ich das nie geglaubt. Bitte, Bastian, sei mir net bös’…«

      »Ich bin dir nicht böse. Warum auch? Du sagst bloß, was alle anderen denken.« Er hob die Schultern,


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