Im Sonnenwinkel Classic 40 – Familienroman. Patricia Vandenberg
Sie für einen Gentleman.«
Er ergriff ihre Hand und zog sie an seine Lippen.
»Danke«, sagte er rau.
*
Dr. Rückert hatte Margret Pahl angerufen und sie verständigt, dass Daniel Batton am frühen Nachmittag kommen würde. Er hatte ihr gesagt, dass er einen guten Eindruck von ihm hätte, Batton aber ziemlich mitgenommen sei. Es wäre vielleicht doch besser, Eddy auf seinen Vater vorzubereiten.
Das war für Margret nun auch nicht so einfach. Eigentlich hatte sie nicht viel Hoffnung gehabt, dass Daniel Batton Interesse für das Kind zeigen würde. Bestenfalls, so hatte sie gemeint, würde er sich zu Unterhaltszahlungen bereit erklären. Nun kam er höchstpersönlich und schon so bald.
Eddy war im Garten und spielte mit den beiden kleinen Kätzchen, die Astrid ihm vom Gut herübergebracht hatte. Margret hörte, wie er zärtlich mit ihnen sprach, und es tat ihr leid, ihn nun aus diesem besinnlichen Spiel herausreißen zu müssen.
»Bin ich zu laut, Tante Margret, oder stören die Kätzlein?«, fragte er sofort.
»Beides nicht, Eddy. Ich muss etwas mit dir besprechen. Das heißt, ich muss dir etwas erzählen«, berichtigte sie sich rasch.
»Etwas Schönes?«, fragte er erwartungsvoll. »Darf ich Bambi besuchen?«
»Nein, es ist etwas anderes. Du bekommst Besuch.«
Seine Augen weiteten sich staunend.
»Ich bekomme Besuch? Von wem denn?«
Sie legte ihren Arm um die schmalen Kinderschultern. Was sollte sie lange herumreden. Auch Umschreibungen konnten die Tatsachen nicht verändern oder abschwächen. Es würde so oder so ein einschneidender Augenblick in seinem Leben sein, der Freude oder Widerstand herausforderte.
»Dein Vater kommt«, sagte sie leise.
Eddy hielt den Atem an. Man spürte es. Er machte sich ganz steif.
»Habe ich denn einen Vater?«, fragte er nach endlos scheinenden Sekunden.
»Einen Vater hat jedes Kind, Eddy«, erwiderte Margret gepresst.
»Und eine Mutter auch. Kommt meine Mutter nicht?«
»Ich weiß es nicht, Eddy. Dein Vater wird dir alles erklären, denke ich.«
Eddy blickte sie mit großen Augen an.
»Warum hat mein Vater mich nicht früher besucht? Wollte Granny das nicht?« Er suchte sich schon selbst Erklärungen. »Aber Granny hat mir nie von ihm erzählt. Auch von meiner Mutter nicht. War Granny die Mutter von meinem Vater oder von meiner Mutter, Tante Margret? Bambis Omi ist die Mutter von ihrer Mami, das weiß ich nämlich schon.«
Es war für Margret Pahl eine willkommene Unterbrechung, als sie ans Telefon gerufen wurde. Eddy blieb seinen Gedanken überlassen. Seine runde Kinderstirn hatte sich in Falten gelegt. Es war ihm anzusehen, wie angestrengt er nachdachte.
Tante Margret telefonierte immer noch, als Eddy ein Auto nahen hörte. Sein kleines Herz begann wild zu klopfen, und er lief zur Tür.
Sonst war er scheu und ging jedem Besucher aus dem Weg, aber an diesem Tag war er von einer unheimlichen Spannung erfüllt. Es war keine Freude, aber auch keine Angst. Er war nur von dem Gefühl bewegt, dass er auch einen Vater hatte.
Endlich, endlich würde er vielleicht Antwort bekommen auf all diese Fragen, die ihn mehr und mehr bewegten, seit er mit den Kindern in Erlenried beisammen war.
Das Auto hielt. Eddy lugte durch den Türspalt. Es war ein schönes Auto. Es beeindruckte ihn schon ein bisschen, als der große blonde Mann ausstieg und sich suchend umblickte. Eddy hörte Tante Margrets Stimme.
»Ich glaube, es kommt jemand«, sagte sie. »Ich muss jetzt Schluss machen. Bleibt gesund, Tessa. Auf baldiges Wiedersehen!«
Eddy wusste, dass Tante Margret mit ihrer Tochter telefoniert hatte, die mit ihrer Familie auf Schloss Mardersteg wohnte. Auf einem richtigen Schloss. Tante Margret hatte ihm versprochen, dass sie bald einmal dorthin fahren würden, aber jetzt dachte er nicht daran. Er starrte nur den Mann an. Und dann schob er sich durch die Tür.
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