Familie Dr. Norden Classic 39 – Arztroman. Patricia Vandenberg
es mit Physiotherapie versuchen. Wenn es nicht hilft, dann sollten wir Röntgenaufnahmen machen. Es gibt ja neue Behandlungsmethoden mit Laser und Injektionen. Aber es sollte natürlich erst festgestellt werden, wo die Ursache ist.«
»Wir werden sehen, Jenny hat Ähnliches gesagt, Sie haben wohl die gleiche Wellenlänge. Ich hoffe, wir kommen gut miteinander aus. Vorerst bin ich ja hilflos.«
Viktoria schätzte ihn richtig ein, er würde ein sehr schwieriger Patient werden, wenn ihm nicht schnell geholfen würde, aber ihr war es auch klar, daß er überarbeitet war und Erholung brauchte. Darüber wollte sie aber nicht gleich mit ihm reden, das war ein zu heikles Thema.
Daß Dieter und Jenny keine Turteltauben waren, hatte sie auch schnell durchschaut, aber die beiden waren Partner im besten Sinne des Wortes, ehrlich und zuverlässig, auf jeden Fall sympathischer als ihre früheren Kollegen, die ihr von Anfang an nur Steine in den Weg gelegt hatten.
Dieter Behnisch war eingeschlafen. Die Infusion tat ihre Wirkung, denn ihr war ein starkes Beruhigungsmittel zugesetzt worden.
Jenny hatte die Visite beendet und kam, um nach ihrem Mann zu sehen. Sie war beruhigt, daß er eingeschlafen war.
»Er denkt natürlich, er versäumt etwas und daß es ohne ihn gar nicht geht. Es gibt mehr Männer mit dieser Vorstellung! Wenn Sie hier nicht gebraucht werden, bringe ich Sie zu einem Frischoperierten.«
Sie betraten wenig später ein Einzelzimmer. Der Patient war aus der Narkose noch nicht aufgewacht. Jenny erklärte, daß er knapp vor dem Blinddarmdurchbruch operiert worden war.
Viktoria hatte das Schild am Bett schon gelesen. Der Patient hieß Hans-Joachim Singer.
Er hatte ein sehr schmales Gesicht, das jetzt blutleer war, dichtes fast blauschwarzes Haar, das den romanischen Gesichtsschnitt noch unterstrich. Ihr Blick wanderte zu den Händen, die schmal und ausdrucksvoll waren.
»Ist er Künstler?« fragte sie.
»Gut geraten«, sagte Jenny Behnisch, »er ist Klarinettist. Einer von denen, die in ihrem Beruf alles vergessen, auch ihre Schmerzen. Es hätte ihn das Leben kosten können, und er ist keineswegs außer Gefahr, aber das dürfen wir seiner Mutter nicht sagen. Sie ist hochgradig hysterisch und würde uns verrückt machen, wenn sie genau informiert würde.«
»Es ist gut, daß ich es weiß, ich werde mich danach richten«, sagte Viktoria.
»Und seien Sie vorsichtig bei jedem Gespräch mit Frau Singer. Er hat nämlich eine Freundin, die sie nicht mag und schon erklärt, daß sie die hier nicht sehen will. Dann wäre da noch Herr Beyer. Er ist ein ruhiger Patient, seine Frau ist genau das Gegenteil, hat immer etwas zu beanstanden und weiß alles besser. Nehmen Sie sie nicht ernst, wenn sie Ihnen unterstellt, daß Sie zu nett zu ihm sind. Sie betrachtet Sie gleich als Nebenbuhlerin.«
»Da kann sie unbesorgt sein«, sagte Viktoria.
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