Butler Parker 172 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 172 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Flüchtig dachte er an Lady Agatha Simpson, doch dann konzentrierte er sich ganz auf seine Aufgabe.

      Aus einer der vielen Westentaschen zog er ein Taschenmesser, dessen Schneide die eines Skalpells fast übertraf. Damit ritzte er den Karton vorsichtig an, schnitt noch vorsichtiger tiefer ein und hütete sich, Druck auf den Karton auszuüben.

      »Nehmen Sie sich Zeit, Parker«, mahnte Mike Rander, der mit Kathy Porter in einen Nebenraum ausgewichen war, »für eine Himmelfahrt ist es immer zu früh ...«

      »Sie können versichert sein, Sir, daß meine Wenigkeit Vorsicht walten lassen wird«, meinte Josuah Parker gemessen. Es war schon erstaunlich, daß sein Gesicht selbst in dieser Situation ausdruckslos blieb. Auf seiner Stirn war noch nicht mal die Andeutung einer Schweißperle zu bemerken. Mit ungewöhnlich vorsichtigen und geschmeidigen Fingern schnitt er weiter in die Kartonfläche und konnte schließlich ein Rechteck freilegen.

      »Man sollte darauf hinweisen, daß das Paket tatsächlich eine Sprengstoffladung enthält«, meldete Parker, »meiner bescheidenen Schätzung nach dürfte die Ladung innerhalb der nächsten Minuten entschärft sein.«

      Josuah Parker befaßte sich mit den beiden bunten Drähten, mit einer Taschenlampen-Batterie und einem dünnen Glasröhrchen, das mit Quecksilber gefüllt war und eine Art Kippschalter bildete. Anschließend präsentierte er Mike Rander und Kathy Porter, die wieder in den Vorraum zurückgetreten waren, die eigentliche Sprengladung. Sie bestand aus Plastiksprengstoff und hätte leicht ausgereicht, nicht nur die Tür zur Galerie in die Luft zu jagen.

      »Da steckt ein Zettel«, sagte Kathy Porter, die einen Blick ins Innere des Päckchens geworfen hatte. Parker nickte, zog den Zettel hervor und überlas die wenigen, mit Schreibmaschine geschriebenen Worte.

      Man gratulierte ihm zu seinem Erfolg. Mehr stand nicht auf dem Zettel!

      *

      »Wenn Sie erlauben, Sir, möchte meine Wenigkeit sich gewisse Sorgen machen, was Mylady betrifft«, sagte Josuah Parker. Das Trio hatte die Räume der Galerie verlassen und hielt sich in einem nahen Pub auf.

      »Wenn Sie gestatten, schließe ich mich Ihrer Sorge an«, erwiderte Mike Rander und lächelte flüchtig, »und ich glaube, Miß Porter wird da mitziehen.«

      »In der Galerie kann keine Ausstellung stattgefunden haben«, sagte die Gesellschafterin der älteren Dame, »wir haben schließlich alles genau durchsucht.«

      »Demnach dürfte man Lady Simpson in eine Falle gelockt haben«, vermutete der Anwalt.

      »Dem kann man nur beipflichten, Sir«, ließ Parker sich vernehmen, »und man scheute sich nicht, gleich an der Tür zur Galerie eine Sprengladung anzubringen.«

      »Eine verdammt mysteriöse Geschichte, Parker.« Rander nickte nachdenklich. »Und dann dieser Zettel im Paket... Man scheint unsere Suche nach Lady Simpson zu einer Art Hindernisrennen machen zu wollen, wie?«

      »Eine Bezeichnung, Sir, die man nur als trefflich bezeichnen kann«, sagte Josuah Parker, »hier dürfte es sich um diverse Prüfungen handeln, die man absolvieren muß.«

      »Man kann doch wohl davon ausgehen, daß Lady Simpson entführt worden ist, nicht wahr?« fragte Kathy Porter eindringlich.

      »Eine andere Deutung, Miß Porter, bietet sich im Augenblick nicht an«, beantwortete Josuah Parker die Frage, »früher oder später dürften Myladys Entführer sich mit Sicherheit melden.«

      »Gab es in jüngster Zeit irgendwelche Drohungen?« fragte der Anwalt.

      »Keineswegs, Sir«, erwiderte der Butler, »Mylady beklagte sich sogar über mangelnde Betätigung.«

      »Dann dürfte da jemand aus dem Nichts heraus tätig geworden sein«, redete Mike Rander weiter, »und ein gewöhnlicher Gangster kann das unmöglich sein.«

      »In der Tat, Sir«, pflichtete Parker dem Anwalt bei, »um einen gewöhnlichen Anschlag kann es sich kaum handeln.«

      »Hier will irgendeine Person beweisen, daß sie besser ist als Sie, Mr. Parker«, schaltete Kathy Porter sich ein, »so sehe ich es wenigstens. Hier will jemand Katz und Maus mit Ihnen spielen.«

      »Was in der Vergangenheit wiederholt der Fall war, wenn man bescheiden daran erinnern darf«, antwortete der Butler.

      »Es gibt eben immer wieder neue Versuche«, seufzte der Anwalt, »setzen wir darauf, daß Mylady noch nichts passiert ist.«

      »Dies dürfte momentan kaum der Fall sein, Sir«, gab Josuah Parker zurück, »die mysteriöse Person hätte ja ohne weiteres schießen können, als man sich vor der Galerie befand.«

      »Richtig«, sagte Rander und nickte langsam, »hier will es jemand verdammt spannend machen. Und dazu braucht er eine Lady Simpson, die noch mitspielen kann und muß.«

      »Sollten wir nicht McWarden informieren?« tippte Kathy Porter an.

      »Unser guter Chief-Superintendent«, sagte Mike Rander und lächelte flüchtig, »aber wirklich, Kathy, keine schlechte Idee. Wir sollten jede Möglichkeit nutzen, Lady Simpson aus der Patsche zu helfen.«

      »Zumal Mylady dazu neigt, recht ungewöhnlich zu reagieren«, ließ Josuah Parker sich vernehmen, »diese Bemerkung sollte man tunlichst nicht als Kritik betrachten.«

      »Sie haben es sogar noch sehr vornehm ausgedrückt.« Rander lächelte. »Machen wir uns doch nichts vor; wenn Lady Simpson sich in den Händen von Entführern befindet, liegt Zündstoff in der Luft. Sie weiß doch überhaupt nicht, was Gefahr ist.«

      »Wir könnten umgehend zum Chief-Superintendent fahren«, erinnerte die Sekretärin und Gesellschafterin der älteren Dame, über deren Schicksal man sich gerade unterhielt. Bevor Parker dazu Stellung nehmen konnte, wurde sein Name vorn am Tresen gerufen. Der Butler erhob sich.

      »Meiner Wenigkeit liegt es unendlich fern, den Propheten spielen zu wollen«, sagte er und lüftete die schwarze Melone, »aber nach Lage der Dinge will man wohl meine Wenigkeit mit der nächsten Aufgabe vertraut machen.«

      Parker schritt würdevoll zum Tresen, wo der Telefonapparat sich befand.

      »Was kann diesen Mann eigentlich aus der Ruhe bringen«, frage Mike Rander und schüttelte bewundernd den Kopf.

      »Ich warte seit Jahren auf solch einen Moment«, bekannte Kathy Porter, »und wahrscheinlich werde ich noch viele weitere Jahre warten müssen, Mike.«

      *

      »Und was wurde am Telefon gesagt?« fragte Chief-Superintendent McWarden, der sich im Haus der Agatha Simpson in Shepherd’s Market eingefunden hatte. McWarden, etwa fünfundfünfzig, untersetzt, mit leichtem Bauch ausgestattet, erinnerte schon allein wegen seiner Basedow-Augen an eine stets leicht gereizte Bulldogge. Er leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich mit der Bekämpfung des organisierten Bandenverbrechens befaßte. McWarden war dem Innenministerium direkt unterstellt und genoß große Handlungsfreiheit.

      McWarden war Butler Parker zutiefst verpflichtet, denn wenn er wieder mal im Zug einer Ermittlung nicht weiterkam, suchte und fand er die volle Unterstützung des Butlers. McWarden hatte Parker wiederholt angeboten, in den Polizei- oder Geheimdienst überzuwechseln, doch Parker hatte stets abgelehnt. Früher in Diensten Mike Randers und jetzt für Lady Simpson tätig, verfügte er über genau jene Freiheiten, die er schätzte.

      »Hat sich da vielleicht der Entführer Myladys gemeldet?« fragte der Chief-Superintendent erneut.

      »So sollte man in der Tat sagen, Sir«, erwiderte Parker, »es handelt sich um eine Stimme, die man durchaus als freundlich und gepflegt bezeichnen muß, Sir. Meiner Wenigkeit wurde mitgeteilt, Mylady wäre noch im Zustand des allgemeinen Wohlbefindens. Die erwähnte Stimme teilte ferner mit, man habe keine Einwände zu erheben, falls man die Polizei einzuschalten gedenke. In diesem Zusammenhang wurde Ihr Name erwähnt, Sir, was man als bemerkenswert registrieren sollte. Es wurde ferner darauf verwiesen, Mylady sei inzwischen ein wenig ungeduldig und warte dringend auf den Tag der Befreiung.«

      »Es wurde nicht gesagt,


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