Wenn die Träume laufen lernen 2: LANZAROTE. Gabriele Ketterl

Wenn die Träume laufen lernen 2: LANZAROTE - Gabriele Ketterl


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inbegriffen.« Schmunzelnd eilte Tino in Richtung seines Herdes.

      Wir zogen uns an einen Tisch weitab vom Trubel am Pool zurück.

      »Erzähl, war es noch sehr anstrengend?«

      »Hm, wie man es nimmt.« Kristen rutschte tiefer in ihren Stuhl und streckte seufzend die Beine von sich. »Es ist nie schön, zumindest für mich, einen Ort, an dem ich mich einigermaßen eingewöhnt habe, wieder verlassen zu müssen.«

      Ich nickte. »Glaub ich dir sofort. Aber ich kann da nicht mitreden. Ich fühle mich überall wohl, wo meine neue Familie ist.«

      Sie legte eine Hand auf meinen Arm. »Das ist auch das einzige Argument, das mich dazu bewegt, immer weiterzumachen. Clive freut sich darauf, die Surfschule zu übernehmen, er ist richtig aufgekratzt. Außerdem wusste ich, dass auch ihr alle hier seid. Also passt das schon irgendwie. Ich bin einfach nur müde. Wir haben geschuftet bis zum Umfallen, um alles pünktlich fertig zu bekommen.«

      In diesem Augenblick kam einer der Kellner mit einem Tablett und zwei großen Gläsern an unseren Tisch. »Einmal frischer Obstsaft und ein Café con leche.« Er grinste mich herausfordernd an. »Soll ich raten, wer das Koffein braucht?«

      »Wenn ich es intus habe, bekommst du die Antwort.« Ich nahm ihm das Glas ab und er reichte Kristen ihre Vitaminbombe. »Einmal kanarische Vitamine im Sammelpack.«

      Sein Lächeln war so freundlich und herzlich, dass Kristen es erwiderte. »Vielen Dank, das kann ich brauchen.«

      Während sie an ihrem Saft nippte, erzählte ich ihr, was sich bei und nach unserer Ankunft ereignet hatte. Ihr fassungsloser Gesichtsausdruck sprach Bände. »Unglaublich, was der Kerl sich herausgenommen hat. Ihr habt echt gute Arbeit geleistet, und wenn ich mir alles ansehe, dann macht es einen hervorragenden Eindruck.«

      »Danke, wir sind auch ziemlich stolz darauf. Oh, da kommen deine Suppe und meine Tapas.«

      Zwei Stunden später brachte ich Kristen zu ihrem neuen Zuhause. Der Bungalow lag direkt neben der Anlage, umgeben von einer halbhohen, weißen Mauer, und besaß einen schönen und zweckmäßig angelegten Garten. Statt Blumenbeeten sah man Kakteen, Palmen und die unverwüstlichen Bougainvilleen, die in leuchtendem Rot und Orange an der kompletten rechten Seite des Flachbaus in die Höhe wuchsen. Es gab eine große Terrasse, die von einer blaugrünen Markise beschattet wurde, und im Haus warteten fünf Zimmer darauf, bezogen zu werden. Die zwei Räume für Neill und Tim lagen im hinteren Teil und hatten ein eigenes Bad, was sowohl ihnen als auch Clive und Kristen eine angemessene Privatsphäre garantierte. Direkt an den Bungalow in Richtung Strand grenzte das fast neue Häuschen, in dem die Surfschule untergebracht war. Da die Jungs eh den ganzen Tag am Strand verbringen würden, war der Bungalow damit ein angemessenes Zuhause. Jaime hatte auch hier Wort gehalten.

      Offensichtlich gefiel es auch Kristen, denn nachdem sie alles gründlich in Augenschein genommen hatte, zeigte sich ein zufriedenes Lächeln auf ihrem Gesicht. »Gut gegessen, vollgepumpt mit leckeren Vitaminen, von attraktiven Kerlen umarmt und geküsst, nun auch noch ein wirklich schönes Haus. Also ich bin zufrieden.«

      Clive schloss seine Frau wortlos in die Arme. Ich konnte mir nur annähernd vorstellen, wie erleichtert er war.

      An diesem Abend stellte Carlos Clive und die Jungs den Gästen vor. Clive erklärte in knappen Worten ihr Programm und entschuldigte sich dann bei den Gästen. »Für heute würde ich mich nun gerne zurückziehen, denn wenn ich nicht bald Schlaf bekomme, fallen mir morgen auf dem Brett die Augen zu. Das könnte problematisch werden.«

      Wir lieferten eine hervorragende Karaoke-Show ab und kümmerten uns wie jeden Abend noch um die Gäste. Es war daher wieder einmal kurz vor Mitternacht, als ich mit Roberta und Rachel rechtschaffen müde nach Hause lief.

      »Hast du Carlos gesehen?« Roberta klang zu unbeteiligt, als dass es eine bloße Frage sein konnte.

      »Nein, und ganz ehrlich, ich kann auch nicht immer wissen, wo er ist. Also raus damit, warum fragst du?«

      Meine Freundin seufzte herzerweichend. »Ich mache mir einfach Gedanken wegen ihm. Findest du nicht auch, dass er viel zu ernst ist im Augenblick?«

      »Bingo! Aber das hat alles seine Gründe, Penny ist einer davon. Dazu kommt, dass er sich um seine Zukunft sorgt. Ich schätze, er wird seine Aufgabe hier verdammt ernst nehmen.«

      Roberta blieb so abrupt stehen, dass Rachel um ein Haar in sie hineingelaufen wäre.

      »Bitte korrigier mich, aber seit wir hier sind, werde ich das dumme Gefühl nicht los, dass der alte Carlos auf Ibiza zurückgeblieben ist.«

      Erst als sie es sagte, wurde mir bewusst, dass sie wahrscheinlich Recht behalten würde.

      »Jetzt, wo du es schonungslos offen wie eh und je, aussprichst … ja, du liegst wahrscheinlich richtig. So habe ich das noch gar nicht gesehen.«

      »Dazu bist du ihm zu nah. Tritt mal – geistig – einen Schritt von ihm zurück und sieh ihn dir an. Die Leichtigkeit, mit der er bisher durch sein Leben gegangen ist, die ist weg. Zumindest nehme ich sie nicht mehr wahr.«

      Rachel zwirbelte nachdenklich ihre langen, schwarzen Haare. »Aber er ist doch total freundlich und nett zu allen.«

      Roberta zog die Schultern hoch. »Tja, du hast ihn ja auch früher nicht gekannt. Sicher ist er lieb und nett, doch ein Teil von ihm ist schlicht nicht mehr da und das ist traurig.«

      »Wenn ich etwas tun kann, dann lasst es mich bitte wissen, ja?« Der Gesichtsausdruck unserer neuen Kollegin war hilflos.

      Ich tätschelte ihr tröstend den Rücken. »Keine Bange, alles wird wieder gut. Das war schon immer so und wird auch dieses Mal wieder so sein. Lasst uns schlafen gehen. Morgen steht gleich in der Früh Aerobic für dich an, Rachel, und Badminton am Nachmittag für uns, holde Lady.«

      »Selber Holde. Gut, gehen wir. Schlaft schön und süße Träume ihr Lieben.« Roberta entschwand mit majestätischem Winken.

      Wir trollten uns in unsere Unterkünfte. Während ich duschte und zeitgleich mein Studio lüftete, huschten seltsame Gedanken durch meinen Kopf. Tatsächlich war ich mir keinesfalls sicher, dass alles wieder gut werden würde. Nächstes Jahr wurden es vier Jahre, die ich auf den Inseln war. Gut, ich liebte mein Leben, ich fühlte mich sehr wohl und die tiefe und ganz besondere Beziehung zu Carlos war mir stets ein fester und sicherer Anker. Wie aber würde meine Zukunft aussehen? Ob ich es wollte oder nicht, im nächsten Jahr feierte ich meinen siebenundzwanzigsten Geburtstag. Ich verstand Carlos, der kurz vor der Dreißig stand, durchaus. Er war zu intelligent, um einfach so weiterzumachen wie bisher. Bald würde der Tag kommen, an dem wir auf der Bühne nicht mehr die vor Energie, Elan und Witz sprühende Truppe sein würden. Die Jungen waren irgendwann an der Reihe; Zwanzigjährige, hungrig nach Leben, so wie wir alle es gewesen waren, als unsere Laufbahn bei Costa Azul begonnen hatte. Angst musste ich zwar keine haben, denn Jaime hielt nicht damit hinter dem Berg, dass er mich, auch aufgrund meiner Ausbildung, bei Costa Azul behalten wollte. Doch dass mein Leben sich in Zukunft ändern würde, musste ich wohl oder übel akzeptieren.

      Ich bemerkte, dass ich schon viel zu lange unter der Dusche stand, stellte das Wasser aus, trocknete mich ab und schlüpfte in meine Schlafklamotten. Als ich die Badezimmertüre öffnete, war mir klar, dass das Lüften vergebene Liebesmühe gewesen war. Der Geruch von Carlos‹ Coronas schwebte in meiner Wohnung, er selbst saß auf dem Balkon und streckte mir lächelnd eine Hand entgegen.

      »Guten Abend, meine Kleine. Ich habe gehört, dass du noch duschst. Da dachte ich mir, fünf Minuten in Ruhe und eine letzte Zigarette an diesem Tag müssten noch drin sein.«

      »Na gut.« Ich musterte ihn mit schief gelegtem Kopf. »Carlos, du siehst verdammt müde aus.«

      »Das bin ich, und nun komm schon her.« Er zog mich auf seinen Schoß und reichte mir ein Glas Kakao. »Nachher Zähneputzen nicht vergessen.«

      Ich strich ihm eine seiner langen Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Spießer!«

      »Sei nicht so frech. Aber ja, irgendwie hast du Recht. Langsam


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