Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch. Christoph Hülsmann

Initiale Topiks und Foki im gesprochenen Französisch, Spanisch und Italienisch - Christoph Hülsmann


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spielen können, sollte Grund genug dafür sein, die Informationsstruktur auch im Zusammenspiel mit der Semantik zu untersuchen.23 (cf. Steube et al. 2004, 19) Wie groß der Einfluss der Prosodie auf die Bedeutung von Sätzen auch ohne fokussensitive Partikeln sein kann, illustrieren die folgenden Beispielsätze (92)–(93). (cf. Gundel/Fretheim 2006, 190)

(92) en. DOGS must be carried. (‚no dogless people allowed here‘)
(93) en. Dogs must be CARRIED. (‚if you have a dog with you, you must carry it‘) (Gundel/Fretheim 2006, 190)

      Von Strukturen mit fokussensitiven Partikeln abgesehen, sieht Dretske (1972, 426) in Äußerungen, die sich wie jene in (94) und (95) allein in der Akzentsetzung und damit in den Fokuskonstituenten unterscheiden, dennoch eher pragmatische als semantische Unterschiede: „These utterances are composed of the same words, with the same meanings, in the same order, and they are about the same things (that is, there is no difference in what any term or expression in them is being used to refer to).“

(94) en. DAVID emptied the box.
(95) en. David EMPTIED the box. (Dretske 1972, 424)

      In Anlehnung an Dretske glaubt auch Reich (2012, 410) grundsätzlich nicht an eine direkte Auswirkung von Fokus auf die Semantik von Sätzen:

      This truth-conditional effect is not to be taken to show that focus is a semantic phenomenon, but it strongly suggests that there are expressions in natural language that are in one way or another sensitive to focus. […] it is not necessarily focus itself but rather its interaction with focus-sensitive expressions like only that matters to semantics.

      Krifka (2007) unterscheidet, wie bereits erwähnt, ganz grundsätzlich zwischen einem pragmatischen und einem semantischen Gebrauch von Fokus. Auch wenn die beiden Arten nicht immer strikt voneinander zu trennen sind, können sie – so der Autor – anhand prototypischer Beispiele illustriert werden. Die Sequenz (96) zeigt für Krifka den klassischen Fall eines pragmatischen (engen) Fokus, bei dem jener Teil der Äußerung, der auf die W-Frage antwortet, akzentuiert wird. Die Frage verändert den common ground der Gesprächspartner und zeigt das kommunikative Ziel der fragenden Person an. Dem Gesprächspartner wird signalisiert, wohin sich der CG entwickeln soll, sodass das Formulieren der Frage für Krifka eindeutig im CG management zu verorten ist. (cf. Krifka 2007, 21–22)

(96) en. Who stole the cookie? – PETER stole the cookie. (Krifka 2007, 22)

      Der Autor rechtfertigt seinen Zugang unter anderem damit, dass innerhalb des CG management auch nicht overte Fragen berücksichtigt werden können. Derart implizite Fragen spielen nach allgemeiner Auffassung eine wichtige Rolle bei der Strukturierung von kohärenten Diskursen. Der Fokus wird also auch verwendet, um verdeckte kontextuelle Fragen, wie jene der folgenden Beispielsätze, anzuzeigen.24 (cf. Krifka 2007, 22–23)

(97) en. And then something strange happened. A MEteorite fell down. (What happened?)
(98) en. Once upon a time, there was a PRINcess. (What was there?)
(99) en. Mary sat down at her desk. She took out a pile of NOTES. (What did she do?) (Krifka 2007, 23)

      Als Beispiel für einen primär semantisch motivierten Gebrauch von Fokus führt Krifka Satz (100) an, in dem die Realisierung des Operators fortunately dazu führt, dass der Fokus white (wine) mit der – hier nicht explizit realisierten – Alternative red (wine) kontrastiert. (cf. Krifka 2007, 26)

(100) en. Fortunately, Bill spilled WHITE wine on the carpet. (Krifka 2007, 26)

      Werden in einem Satz wie (101) mehrere Foki kombiniert, spricht Krifka von komplexem Fokus. Dieser wiederum muss von Fällen von multiplem Fokus wie jenem in Beispiel (102) unterschieden werden. Das erste only hat hier Skopus über das zweite. Dementsprechend stärker ist die Prominenz von Bill im Vergleich zur Prominenz von Sue. Im Satz mit dem komplexen Fokus hingegen sind die Akzente annähernd gleich stark. (cf. Krifka 2007, 31–32)

(101) en. John only introduced BILL to SUE.
(102) en. John only introduced BILL only to SUE. (Krifka 2007, 31–32)

      Darüber hinaus verweist Krifka auf die Notwendigkeit, zwischen Fokuskonstituenten und Fokusreferenten zu unterscheiden. So kann sich die Alternative, die ein Fokus aufzeigt, auf Formen (expression focus) oder Denotate (denotation focus) beziehen. Insbesondere bei Korrekturen, wie jenen in den Beispielen (103)–(104), wird häufig der expression focus verwendet.25 In diesen Fällen kann sich der zweite Fokus als kontrastive Alternative zum ersten Fokus insofern nicht auf die Denotate beziehen, als diese identisch sind.26 (cf. Krifka 2007, 19)

(103) en. Grandpa didn’t kick the BUCKet, he passed aWAY.
(104) en. They live in BERlin. – They live in BerLIN! (Krifka 2007)

      Gegen inflationäre Fokusdifferenzierungen spricht sich hingegen Casielles-Suárez (2004, 134) aus. Ihr zufolge verhält es sich mit der Kategorie Fokus konträr zum Topik. Während für Topik lange Zeit vergeblich nach verbindlichen Kriterien für eine einheitliche Definition gesucht wurde und zum Teil immer noch wird, sind für Fokus zahlreiche Subtypen unterschieden worden, die jedoch kritisch hinterfragt werden sollten. Dik (1997, 330) plädiert dafür, eine Subkategorisierung von Fokus vor allem bei jenen Einzelsprachen vorzunehmen, die ein elaborierteres Fokussystem aufweisen. In anderen Sprachen wiederum, etwa im klassischen Latein, kann eine Differenzierung zwischen neutralem und kontrastivem Fokus bereits genügen.27 (cf. Bolkestein 1993, 346)

      Wie sinnvoll eine Ausdifferenzierung der fokalen Elemente für die in dieser Arbeit behandelten romanischen Sprachen – vor allem hinsichtlich der in der Folge näher untersuchten Fokus-Fronting-Struktur – ist, wird in Kapitel 4.3.2 diskutiert.28 Eine genauere semantische Analyse kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht durchgeführt werden.29

      Bevor in Kapitel 3 das allgemeine Zusammenspiel zwischen Informationsstruktur, Syntax und Prosodie näher beschrieben wird, widmet sich das folgende Kapitel 2.5 in summarischer Form den innerhalb der drei informationsstrukturellen Dimensionen zu beobachtenden Korrelationen.

      2.5 Zur Kombination der Dimensionen

      In den Kapiteln 2.2 bis 2.4 wurden jene drei Ebenen der Informationsstruktur beschrieben, die in der Literatur heutzutage als relativ unumstritten gelten. Im Zuge einer Äußerung kommen in der Regel alle drei Dimensionen zum Ausdruck.

      Auf der Ebene des Informationsstatus von Entitäten muss der Sprecher zuallererst den kognitiven Status der jeweiligen Referenten beim Hörer einschätzen, um diese in der Folge entsprechend kodieren zu können.1 Der Hörer der Äußerung wiederum erkennt an der jeweiligen Kodierung die Annahmen und Erwartungen des Sprechers hinsichtlich des Aktivierungszustandes der Referenten und vergleicht diese mit dem tatsächlichen Aktivierungsgrad und der Identifizierbarkeit in seiner Kognition. (cf. Moroni 2010, 32–33)

      Die Topik-Kommentar-Gliederung und die Fokus-Hintergrund-Gliederung betreffen


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