Beakys (Lügen-)Tagebuch. Barry Hutchison

Beakys (Lügen-)Tagebuch - Barry  Hutchison


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bloß nicht“-Blick. Ich hatte trotzdem nicht vor, mich davon beeindrucken zu lassen.

      „Habe ich sehr wohl“, antwortete ich. „Ich hab mich letzte Woche beim Fußball verletzt. Die Krankenschwester denkt, es ist ein Bandscheibenvorfall, also fürchte ich, uns bleibt nichts anderes übrig, als mir das Bett zu geben.“

      Mom warf mir einen misstrauischen Blick zu. „Wieso hast du mir nichts davon erzählt?“

      „Weil du schon genug im Kopf hast, Mom“, sagte ich und legte meine Hand auf ihre. „Das Letzte, was ich will, ist, dich in Sorge zu versetzen.“

      „Du kriegst das Bett nicht“, knurrte Jodie.

      „Da bin ich anderer Meinung“, sagte ich. „Erstens wegen meines schlechten Rückens und zweitens, weil ich schneller laufen kann.“

      Mit den Worten verließ ich das Zimmer, rannte die Treppe rauf, zwei Stufen auf einmal, und haute mich in Jodies Bett.

      Ich will ehrlich sein – ich habe geschlafen wie ein Stein und bin total entspannt am nächsten Morgen aufgewacht. Allerdings kann man dasselbe nicht von Jodie behaupten, die sah aus wie eine Darstellerin in einem Zombie-Film. Ihre Haare waren total zerzaust, an ihrer Backe hing Sabber und sie humpelte durch das Zimmer, als wäre sie über Nacht 80 Jahre alt geworden.

      „Das zahl ich dir heim, ­Beaky“, warnte sie mich, als ich an ihr vorbei aus dem Zimmer ging. „Ich hab die Nase voll von deinen Lügen. Du musst damit aufhören.“

      „Okay“, sagte ich.

      Jodie blinzelte. „Dein Ernst?“

      Ich streckte ihr die Zunge raus. „Nö, das war auch gelogen. Gut, oder?“

      Ich duckte mich neben den Türrahmen, weil sie ei­nen Schuh nach mir warf, rutschte dann am Treppen-geländer hinunter und schlenderte ins Wohnzimmer.

      Beim Frühstück habe ich mir dann einen riesigen Spaß daraus gemacht, Geschichten über Jodie zu erfinden, wie sie nachts schnarchend und im Schlaf über Jungs aus ihrer Klasse fantasiert hat. Jodie versuchte, mich unter dem Tisch zu boxen, erwischte aber versehentlich nur den sehr teilnahmslosen Dad.

      Nachdem wir den Frühstückstisch abgeräumt hat­ten, stapelten wir uns in Tante Jas’ Siebensitzer. Da wir zu acht waren, war das nicht ganz so einfach. Wir mussten Destructo nämlich auch mitnehmen, denn jedes Mal, wenn wir ihn alleine zu Hause lassen, hat er versucht, den Fernseher zu fressen. Ich wurde im Auto auf den Rücksitz zwischen Jodie und Sophie gequetscht. Meine Schwester rammte mir ständig ihren Ellbogen in die Seite, und Sophie starrte mich nur wortlos an.

      Dad und Steve saßen vorn, Mom und Jas auf den Sitzen dahinter. Jas hatte Max auf dem Schoß und hielt ihn mit einem komplizierten Klammergriff fest.

      „Also … alle bereit für ein bisschen Spaß?“, fragte Mom, während Steve das Auto die Auffahrt rauf zur Hauptstraße fuhr.

      Jas zuckte die Achseln. „Ich denke, es wird schon okay. Wir haben auch ein Schloss in unserer Nähe. Das ist viel größer, aber trotzdem … wird schon nicht so schlimm werden.“

      „Unser Schloss ist aber älter“, sagte Mom.

      „In unserem hat aber mal Königin Victoria gelebt“, erwiderte Jas.

      Mom sah enttäuscht aus. Was sollte sie sagen?

      „Unser Schloss wurde von Königin Victoria erbaut“, sagte ich, „mit eigenen Händen.“ Mom war gerettet. Ich zwinkerte ihr zu. Sie seufzte zwar, lächelte aber.

      „Na, ich glaube, das ist ein bisschen übertrieben“, sagte sie, „aber es ist wirklich ein beeindruckendes Schloss.“

      Plötzlich drehte Dad das Radio lauter. „Oh, oh, lauter, lauter, das ist einer von mir.“

      Jodie und ich stöhnten. Dad hatte Dutzende Jingles im Laufe der Jahre geschrieben, die andauernd im Radio liefen. Und immer, wenn er einen hörte, sang er mit. Je blöder die Texte waren, desto mehr schien er daran Spaß zu haben. Eigentlich waren alle seine Texte lächerlich. Jetzt hatte er tief Luft geholt und aus seinem Mund klang es …

      „Wenn dihihich ein roter Hintern quält,

      dann gibt’s nur eins, was zählt,

      nimm Pickelfrei fürn Po,

      und du bist wieder frohohoh!“

      „Dad!“, unterbrach ihn Jodie. „Bitte. Niemand will hören, was du da über Po-Salbe singst …“

      Steve hob die Hand. „Kumpel! Ich will deinen Song über die Po-Salbe hören.“

      „Danke, Steve“, triumphierte Dad. Er blickte sich über die Schulter zu den Rücksitzen um. „Zweite Strophe, gleicher Text, „Wenn dihihich …“

      Jodie und ich sanken tiefer in unsere Sitze. Destructo jammerte im Kofferraum. Diese Fahrt würde verdammt lang werden.

      Gefühlte Stunden später, aber eigentlich waren es nur zwanzig quälende Minuten, standen wir Zweibeiner vor Schloss Schweinstein und starrten an dessen mit Moos bewachsenen Mauern hinauf.

      Destructo musste im Auto mit runtergelassener Scheibe warten. Er hatte klare Anweisung bekommen, nichts zu zerstören.

      In der Schule hatten wir letztes Jahr eine Projektarbeit zu Schloss Schweinstein. Allerdings durften wir es nicht besuchen, die Lehrer hatten Angst, wir könnten es irgendwie zerstören. Ich kann mich noch gut erinnern, dass unser Lehrer es zuvor ziemlich spannend beschrieben hatte. Leider habe ich alles vergessen, was mich jetzt aber nicht weiter beunruhigte.

      „Ihr müsst wissen, dass der Originalname wirklich Schloss Schweinstein ist“, sagte ich. „Denn die erste Familie, die hier gelebt hatte, war eine Schweine-Familie. Das wissen nicht sehr viele Menschen.“

      „Weil es totaler Quatsch ist“, regte sich Jodie auf.

      „Gar nicht. Ich habe ein Projekt in der Schule dazu gehabt.“

      Mom schaute an mir vorbei zu Jodie. „Das stimmt, er hat wirklich ein Projekt in der Schule gemacht. Ich erinnere mich daran.“

      „Oh, na dann muss es ja stimmen“, zickte Jodie.

      „Außerdem war es ursprünglich aus purem Gold gebaut, allerdings kam es immer wieder zu Autounfällen, weil Autofahrer durch das Gold geblendet wurden.“

      „Damals gab es doch aber noch gar keine Autos“, wunderte sich Steve.

      „Hier in der Ecke schon“, sagte ich stolz. „Wir waren unserer Zeit schon immer voraus.“

      „Aaaaaaargh. Du machst mich total irre. Hör einfach auf!“, brüllte Jodie.

      Sie stopfte sich ihre Stöpsel in die Ohren und verschränkte die Arme als deutliches Zeichen dafür, dass sie mit niemandem von uns für den Rest des Tages


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