Neuroanatomie. Markus Kipp

Neuroanatomie - Markus Kipp


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Solche Fasersysteme treten meist gebündelt in Gruppen auf und werden deswegen als Bahnen bezeichnet. Ihre Einteilung bezieht sich darauf, was von ihnen jeweils verbunden wird. Assoziationsbahnen verbinden Teile derselben Hemisphären untereinander, Kommissurenbahnen die beiden Hemisphären miteinander. Projektionsbahnen bauen Verbindungen auf, welche das Telencephalon mit anderen Hirnabschnitten und dem Rückenmark verbinden. Wichtige Vertreter dieser Fasersysteme sollen hier kurz vorgestellt werden und sind in Abb. 2.15 schematisch dargestellt.8

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      Übersicht über die Bahnsysteme des Nervensystems

      Assoziationsbahnen (grün) verbinden Teile derselben Hemisphären untereinander. Kommissurenbahnen (rot) verbinden die gegenüberliegenden Hemisphären miteinander. Projektionsbahnen (blau) verbinden das Telencephalon mit anderen Hirnabschnitten und dem Rückenmark.

      Assoziationsbahnen sind beim Menschen besonders mächtig ausgebildet. Das spricht dafür, dass die verschiedenen kortikalen Areale bei evolutionär hoch entwickelten Spezies, wie dem Menschen, besonders gut miteinander in Verbindung stehen müssen, um ihre hohe kognitive Funktion erfüllen zu können. Man kann kurze und lange Assoziationsfasern voneinander abgrenzen.

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      Assoziationsbahnen

      Hier sind die wichtigsten Assoziationsbahnen schematisch grün hervorgehoben. Die Fibrae arcuatae sind kurze Assoziationsfasern, die benachbarte Gyri miteinander verbinden.

      Zu den langen Assoziationsfasern gehören der Fasciculus uncinatus, Fasciculus arcuatus, Fasciculi longitudinales superior et inferior. Das Cingulum gehört nicht dazu, stellt aber zur Identifizierung eine wichtige Landmarke dar.

      Lange Assoziationsfasern verbinden kortikale Areale, die einen gewissen Abstand zueinander haben. Zu ihnen zählt man unter anderem:

      •Fasciculus uncinatus (Hakenbündel), verbindet den Frontallappen mit dem Schläfenlappen

      •Fasciculus arcuatus (Bogenbündel), verbindet die obere und mittlere Stirnwindung mit den entsprechenden Windungen des Schläfenlappens

      •Fasciculus longitudinalis superior, dickes Faserbündel zwischen Frontal- und Okzipitallappen mit Verbindungen zum Parietal- und auch Temporallappen

      •Fasciculus longitudinalis inferior, verbindet den Temporallappen mit dem Okzipitalpol

      In Abb. 2.16 ist außerdem das Cingulum dargestellt. Hierbei handelt es sich um die weiße Substanz des Gyrus cinguli, welchen wir bereits in der medio-sagittalen Ansicht auf das Gehirn kennengelernt haben (vgl. Abb. 2.6). Eine vergleichende Betrachtung beider Abbildungen hilft dabei, die Lage und den Verlauf dieser Assoziationsfasern nachzuvollziehen.

      Auf verschiedenen Ebenen des Gehirns stehen die rechte und linke Hemisphäre miteinander in Verbindung. Für viele Funktionen muss die rechte mit der linken Hirnhälfte kommunizieren. Stellen Sie sich vor, sie möchten mit zwei Händen jonglieren. Hier macht es durchaus Sinn, dass sich die linke und die rechte Hemisphäre miteinander abstimmen.

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      Die wichtigste Kommissurenbahn stellt das Corpus callosum dar. Es besteht aus vier Abschnitten: dem Rostrum, Genu, Corpus bzw. Truncus und Splenium corporis callosi.

      Hier ist das Corpus callosum medio-sagittal angeschnitten. In diesem Blickwinkel laufen die Kommissurenfasern auf den Betrachter zu. In der Ansicht von oben würden die Fasern von rechts nach links bzw. umgekehrt verlaufen. An seinem vorderen und hinteren Ende fächern sich die Fasern wie die Strahlen der Sonne auf (Radiatio corporis callosi). Frontal nennt man diesen Faserverlauf Forceps minor, okzipital Forceps major.

      Wichtig ist es, sich zu verdeutlichen, dass im Medianschnitt die Axone im Corpus callosum auf einen zu bzw. von einem weg laufen, sie sind also sagittal getroffen (wie ein Rohr, das von vorne betrachtet wird). Im Horizontalschnitt wird deutlich, dass die Fasern des Balkens vor allem vorne im Bereich des Rostrums und hinten im Bereich des Spleniums nicht gerade, sondern gebogen verlaufen. So entsteht rostral die Forceps minor (verbindet Teile des Frontallappens miteinander) und okzipital die Forceps major (verbindet Teile des Okzipitallappens miteinander).

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      Frontalschnitt im Bereich des mittleren Septum pellucidum und des Chiasma opticum

      Schnitt durch den Lobus frontalis und den Lobus parietalis; Blickrichtung von vorne nach hinten

      1Fissura longitudinalis cerebri

      2Gyrus cinguli

      3Corpus callosum, Truncus

      4Septum pellucidum

      5Pallidum

      6Lamina terminalis, eingerissen, nicht angeschnitten

      7Chiasma opticum

      8Tractus opticus, im Bereich des Chiasma opticum geschnitten

      9Pons, nicht angeschnitten

      10Cerebellum, nicht angeschnitten

      11Pyramis, nicht angeschnitten

      12Nucleus caudatus, Caput


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