Anaconda. Lauren Landish
Ich bin immer noch verblüfft von der Art und Weise, wie sie vor mir weggelaufen ist. Keine Frau hat das je gemacht. Nicht, wenn sie wussten, wer ich war. Und sie muss wissen, wer ich bin. Oder etwa nicht? Und diese freche stellvertretende Geschäftsführerin, Mindy, wusste genau, wo sich dieses Zimmermädchen aufhielt, als ich in dem Café nach ihr fragte. Ich konnte es in ihren Augen sehen.
Als ich weggehe, höre ich Miranda rufen: "Verdammt, Gavin, komm zurück! Wir haben noch drei weitere Szenen zu drehen!"
"Ihr könnt von Glück reden, wenn ich überhaupt zurückkomme", murmle ich und passe nicht wirklich auf, wohin ich gehe.
Ich höre ein erschrecktes Keuchen, als ich in jemanden hineinrenne. Leslie Hart, die Giftnudel, die meine Hauptdarstellerin sein soll, stolpert einen Schritt nach hinten, bevor sie sich fängt. In Jeans und einem roten Neckholder-Top, das ihr Dekolleté zur Schau stellt, ist sie ganz hübsch, aber trotz ihrer langen, blonden Haare und einem temperamentvollen Lächeln, interessiert sie mich nicht. Nicht nach Bunny. Ich fürchte mich schon vor den romantischen Szenen, die sicher im ganzen Drehbuch verteilt sind. In dem Film ist bisher nichts Interessantes passiert. Sie werden ihn mit irgendetwas füllen müssen.
"Entschuldigung", sage ich.
Leslie winkt mit manikürten Fingern ab. Der Duft ihres Parfüms zieht mir in die Nase. "Alles in Ordnung." Sie runzelt die Stirn und schaut zu Lance hinüber, der immer noch Schimpftiraden von sich gibt. "Aber glaubst du, dass mit ihm alles okay ist?"
"Da bin ich mir sicher", sage ich höflich, gehe an ihr vorbei und weiter zu meinem Wohnwagen. Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln. Um zu versuchen, Bunny aus meinem Kopf zu bekommen. Sonst wird der Rest des Tages eine Katastrophe. "Aber das ist mir wirklich egal", murmle ich leise.
Ich lehne mich in dem ledernen Sessel in der Nähe des Fensters meiner Suite zurück, ein Cognacglas neben mir auf dem kleinen Tisch. Ich drehe den Hals, bis ich einen Knacks höre und grunze zufrieden, als ich den Schmerz bis in die Fußsohlen spüre.
Das Filmen war schwierig heute. Nach dem Missgeschick mit dem Penner musste ich mit Leslie eine Actionszene drehen. Ich hatte gehofft, dass das professionell ablaufen würde, und so war es zum Glück auch.
Alles danach war ein völliges Desaster, als es ans Schauspielern ging. Immer wenn ich meinen Text sagen sollte, verhaspelte ich mich oder versaute ihn irgendwie, wenn ich ihn nicht ganz vergaß.
Es ist das verdammte Dienstmädchen. Bunny. Egal, wie sehr ich es versuche, sie geht mir einfach nicht aus dem Kopf.
Aber ich weiß genau, was ich brauche, um dieses Problem zu lösen. Ich muss tief in ihr drin sein. Scheiße, wir beide brauchen es. Ich habe es in ihren Augen gesehen. Sie ist vielleicht weggelaufen, aber man kann Lust nicht einfach so verbergen.
Ich setze mich anders hin, nehme einen Schluck von dem teuren Brandy und genieße das Brennen beim Hinunterschlucken. Sogar abseits vom Set bin ich nicht in der Lage, mich zu konzentrieren. Meinen Text zu üben, erscheint mir wie Zeitverschwendung. Irgendwas zu tun, scheint Zeitverschwendung zu sein. Es sei denn, es ginge um ...
"Reiß dich zusammen, Mann", murmle ich. "Da ist nichts Besonderes an ihr." Ich erkenne die Lüge, sobald sie über meine Lippen kommt. Ich hatte noch nie zuvor eine solche Reaktion auf ein Mädchen. Niemals. Aber gleichzeitig habe ich keine verdammte Ahnung, warum ich so erregt bin.
Ich muss herausfinden, ob das nur eine Art Zufall ist. Eine Anomalie, die mich veranlasst, mich so zu verhalten.
Und der einzige Weg, das zu tun, ist, sie in mein Bett zu bekommen.
Trotzdem versuche ich das sexy Zimmermädchen aus meinen Gedanken zu vertreiben. Ich bin immer noch frustriert darüber, wie sehr ich heute Morgen versagt habe. Ich will gut sein. Nicht nur, weil Miranda das für mich zu einer großen Sache macht und ihren Ruf dabei aufs Spiel setzt, sondern einfach deshalb, weil ich gut in allem sein will, was ich tue.
Und im Moment vermassle ich es total.
Mein Handy summt auf dem Beistelltisch. Ich stelle das Cognacglas ab und schaue nach. Ein leichtes Grinsen kräuselt meine Lippen. Es ist mein bester Freund, Mark Washington. Die gesamten vier Jahre im College hat er auf der Reservebank verbracht, aber er und ich wurden gute Freunde. Wir rufen einander bei jeder Gelegenheit an. "Der Allerbeste ist am Apparat", grüße ich.
Mark lacht kurz auf. "Wie geht es dir, Anaconda?"
Mark ist der einzige Mensch, den ich kenne, auf den ich nicht sauer bin, wenn er mich Anaconda nennt. Hauptsächlich deshalb, weil er für mich fast wie ein Bruder ist.
"Nicht schlecht, Mann. Wir haben heute ein paar Szenen gedreht. Wie ist das Leben in Florida?"
Nach dem College ging Mark auf die juristische Fakultät. Dann wurde er Anwalt in Florida und spezialisierte sich auf Admiralitätsrecht. Er traf ein Mädchen da unten, heiratete und sie erwarten jetzt ihr drittes Baby.
Ein Teil von mir ist irgendwie neidisch. Und ich weiß nicht einmal, warum. Ich habe meine Freiheit genossen, tun zu können, was immer ich will. Aber ich werde älter, und es hat langsam nicht mehr den Reiz wie vorher.
"Mir geht es gut. Meiner Frau geht’s gut, den Kindern auch. Die kleine Sarah redet bereits und der kleine Mark flippt deshalb aus. Wie ... wo zum Teufel bist du noch mal?"
"Du wirst es auf den meisten Karten nicht finden", sage ich ihm. "Sie haben hier eine ganz anständige College-Football-Mannschaft, ein Hotel, das viel zu groß für diesen Ort ist, das ist auch schon alles."
"Hast du schon ein nettes Mädchen vom Land gefunden?"
"Nein", antworte ich. Ja. Und sie kann sich nicht ewig vor mir verstecken.
"Im Ernst?", fragt Mark ungläubig. "Ich dachte, du hättest dich schon längst durch eine Cheerleadergruppe gearbeitet oder so."
Ich beiße die Zähne zusammen, aber ich weiß, dass ich nicht sauer sein sollte. Er weiß, dass der größte Teil meines Rufs von den Medien übertrieben wird, und ich weiß, dass er mich nur verarscht.
"Eigentlich war ich nur damit beschäftigt, zu versuchen, meinen Text richtig hinzubekommen. Diese Schauspielerei ist ziemlich neu für mich, und es wird ein wenig dauern, bis ich den Dreh raus habe." Ich seufze. "Ich hoffe nur, dass Miranda meinetwegen bis dahin keinen Schlaganfall hat."
"Verdammt. Anaconda, der Actionfilmstar." Mark lacht. Er macht eine Pause, ehe er hinzufügt: "Scheiße, Mann, warum pfeifst du nicht einfach darauf, ziehst dich vom Football in den Ruhestand zurück und wirst Pornostar –"
"Hey, Mark, ich würde gerne länger mit dir plaudern, aber ich muss arbeiten", sage ich, nicht in der Stimmung, mit ihm darüber zu diskutieren. Außerdem möchte ich lieber nicht darüber reden, wen ich im Moment nicht ficke. Ich muss anfangen, an meinem Text zu arbeiten, auch wenn ich mich nicht konzentrieren kann. Wenn ich es nicht tue, wird morgen am Set die Hölle los sein.
Mark versucht, die Enttäuschung in seiner Stimme zu verbergen und sagt: "Schon in Ordnung, Alter, mach nur."
Kaum lege ich auf, ruft Miranda an. Ich will nicht antworten, aber ich weiß, wenn ich es nicht tue, wird sie schneller vor meiner Tür stehen als mir lieb ist. Aber dafür bezahle ich sie. Manchmal gefällt es mir nicht, aber ich brauche jemanden wie sie. Ich stöhne und gehe ans Telefon.
Ich bemühe mich nicht, freundlich zu klingen. Ich weiß, worum es bei diesem Anruf gehen wird. "Ja?"
Und Miranda erfüllt meine Erwartung. "Was zum Teufel war das heute?", will sie wissen. "Ich habe ja nicht gerade Shakespeare von dir erwartet, aber du warst miserabel." Ich kann praktisch sehen, wie sie den Kopf schüttelt. "Ich bin nur froh, dass du dem armen Kerl nicht die Zähne ausgeschlagen hast und wir nicht mit einer Klage am Hals dastehen."
Nachdem zu urteilen wie wütend Lance war, könnte das immer