Jung und nymphoman - Vom Loverboy zum Sugardaddy | Erotischer Roman. Evi Engler

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fliegst du raus und stehst auf der Straße. Ist dir klar, was das bedeutet?«

      »Ich hab nichts gemacht, ich schwöre!«, beteuerte Leonie. Für sie war die Frau nur die Zenzi vom Jugendamt und die glotzte sie nur an und glaubte ihr nicht. Frustriert verschränkte Leonie die Arme vor der Brust, warf sich in die Polster und sagte nichts mehr.

      Erwachsene sind doof. Die sind ungerecht und handelten willkürlich. Die hielten immer zusammen, wenn es um sie ging, immer. Das war schon immer so, immer. Sie schoben sie ab, wann es ihnen passte und brachten sie irgendwohin, ohne zu fragen, ob sie dahin wollte. Wenn sie erwachsen wäre, dann würde sie ganz anders handeln, ganz, ganz anders.

      »Das ist ja ein ganz anderer Stadtteil!«, entsetzte sich Leonie, als sie das Ziel erreicht hatten, ein Mehrfamilienhaus an einer stark befahrenen Straße. »Muss ich denn da in eine andere Schule?«

      »Das hättest du dir eher überlegen müssen, Frollein, jetzt ist es dafür zu spät.«

      Das einzig Konstante in Leonies Leben war das Goethe-Gymnasium. Dort ging es einigermaßen gerecht zu, da gab es feste Regeln, wenn man sich an die hielt, dann war alles gut. Aus Angst, aufzufallen, beteiligte sie sich nie mündlich am Unterricht, aus dem Grunde kam sie über eine Zwei in ihren Lieblingsfächern nicht hinaus. Das war aber nicht weiter schlimm, denn in der Schule kam sie im Großen und Ganzen zurecht, da war sie mehr zu Hause als in dem Haus der letzten Pflegefamilie. Wenn sie jetzt auf eine andere Schule gehen müsste, wäre das eine Katastrophe.

      »Bitte«, flehte sie die Jugendamtsschlampe an. »Bitte, lassen Sie mich weiter auf die Schule gehen, bitte!«

      »Wieso? Bekommst du da am leichtesten Drogen? Oder gibt es in der Nähe Geschäfte, in denen man gut stehlen kann? Ja? Nichts da, du gehst hier auf die Hauptschule und fertig. Wäre eine Überraschung für mich, wenn du da den Abschluss hinbekommen würdest.«

      »Bitte, ich hab Mathe-, Physik- und Deutsch-Leistung. Wir schreiben morgen eine Klassenarbeit. Bitte, lassen Sie mich weiter da auf die Schule gehen!«

      »Mathe-Leistung? Du? Da lachen ja die Hühner. Ein Mädchen wie du und Leistungskurs, das ist ein Witz in sich.«

      »Mathe-Leistungskurs, was sich das Kind alles ausdenkt!«, murmelte die fette Kuh noch vor sich hin, als sie das Haus betraten.

      Mit Leonie bestand die WG aus drei Mädchen und einem Jungen, alle etwa in ihrem Alter, der Junge vielleicht etwas älter. Die drei schauten die Neue abschätzig an, der zuständige Sozialarbeiter war nicht da.

      Leonie trug ihre Protest-Klamotten, die speziell für ihre Pflegemutter vorgesehen waren. Die regte sich immer gleich auf, wenn sie Leonie so gekleidet sah.

      All ihre Anziehsachen waren aus dem Secondhandshop, weil die Pflegemutter zu geizig war, um ihr neue Kleidung zu kaufen. Weil ihr die Kleidungsstücke nicht gefielen, hatte sie sie für ihren Protest passend umgestylt. Sie trug wadenhohe, schwarze Lack-Schnürstiefel, darüber eine schwarze Leggings, die sie an den wichtigen Stellen, Knien und Schenkel, zerrissen hatte, und einen selbst gekürzten Jeansrock, den sie an allen möglichen Stellen ausgefranst hatte. Das schwarze Hemdchen obendrüber gab ihr einen leichten Gothic-Touch. Die Piercings, die sie im Gesicht trug, waren ausschließlich Fake-Piercings, aufgeklebt oder geklemmt, genauso wie die Tattoos. Sie würde sich niemals absichtlich verletzen lassen, weder für Tattoos noch für Piercings. Sogar das auffällige Zungenpiercing, mit dem sie provokativ gespielt hatte, wenn es die Pflegemutter beobachten konnte, wurde mittels Saugnapfs festgehalten.

      Sie bekam ein eigenes Zimmer, klein und mit dem Fenster zur Straße, aber es war ihr Zimmer. Nur besaß die Tür leider keinen Schlüssel, sie würde ihr Zimmer nicht abschließen können. Auch das Bad besaß keinen Schlüssel. Sie begab sich gleich auf eine kleine Besichtigungstour, als die Alte vom Jugendamt gegangen war.

      Den Kontakt mit den Mitbewohnern wollte sie nicht aufnehmen, sie musste erst einmal den Schock verarbeiten, aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen worden zu sein.

      Das Schlimmste wäre, wenn sie tatsächlich nicht mehr in ihre Schule gehen dürfte, das wäre das Allerschlimmste. An die Schläge von der Pflegemutter hatte sie sich im Laufe der sechs Monate gewöhnt, schließlich zahlte sie ihr die mit Blicken heim, davor hatte die dumme Kuh richtig Angst gehabt.

      Es klopfte laut an der Tür, Leonie erschreckte fürchterlich, gleich danach wurde die Tür aufgerissen und ein Mann rannte in ihr Zimmer. Leonie suchte gleich Deckung und verkroch sich panisch in die hinterste Ecke der Schlafcouch, auf der sie Platz genommen hatte. Der Mann trat mit ernstem Gesicht auf sie zu und streckte ihr so vehement die Hand hin, dass sie dachte, er werde sie schlagen.

      »Vor mir brauchst du keine Angst zu haben, noch nicht. Ich bin Günther, mit ›th‹.«

      Leonie schaute den großen Mann voller Schreck aus großen Augen an.

      »Gibst du mir keine Hand? Auch gut«, meinte Günther mit ›th‹. »Um es gleich vorweg zu sagen: Das hier ist die letzte Auffangstation. Benimm dich, dann hast du hier ein schönes Leben, benimmst du dich daneben, dann fliegst du. Alles klar?«

      Er stürmte im gleichen Tempo hinaus, wie er hereingestürmt war und ließ die Tür offen.

      Leonie wusste weder ein noch aus. Sie kauerte sich auf der Schlafcouch zusammen und hoffte, dass die Zeit verging, dass irgendetwas passieren mochte, dass sie von dem Albtraum befreite. Nicht zum ersten Mal dachte sie daran, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Es machte einfach keinen Sinn! Sie fand sich nicht zurecht, nirgends, wo sie hinkam, war sie willkommen. Dauernd veränderte sich etwas ohne ihr Zutun und völlig unberechenbar. Außerdem kam immer alles viel schlimmer, als man es sich im schlimmsten Fall ausdenken konnte.

      Sie verlor sich wie so häufig in einem Tagtraum. In dem war die Welt heile, sie war Kind reicher Eltern und brauchte sich vor nichts zu fürchten. Sie besaß einen eigenen Leibwächter, der sie vor allem beschützte. Früher nannte sie ihn Harvey, den Leibwächter. Als sie Kind war, begleitete er sie bis in die Träume hinein, er beschützte sie in der Nacht und sorgte für einen ruhigen Schlaf. In dieser ausweglosen Situation jetzt dachte sie wieder an ihn und meinte, dass er seine Hand über sie halten würde.

      »Also, wenn du jetzt nicht bald kommst, dann fliegst du gleich am ersten Tag!«, herrschte plötzlich eine tiefe Stimme neben ihrem Bett, Günther stand direkt neben ihr. Leonie erwachte mit Schrecken.

      »Die Zeiten stehen am Schwarzen Brett, um neunzehn Uhr ist Abendbrot, wer nicht daran teilnimmt, der fliegt. Du hast jetzt eine letzte Chance!«

      Leonie sprang erschreckt auf und folgte Günther mit ›th‹ in die Küche der WG.

      »Das ist Leonie, ihr macht euch bitte selbst untereinander bekannt. Leonie ist aus drei Pflegefamilien herausgeflogen, dies hier ist ihre letzte Chance, genau wie für euch alle. Sie hat sich exakt so zu benehmen wie ihr anderen, ich will keine Klagen hören.« Er schaute sie an, als wenn sie blöd wäre.

      »Hast du das verstanden, Leonie?«

      Leonie setzte sich auf den einzigen freien Stuhl am Tisch. Es stand weder ein Teller noch lag Besteck vor ihrem Platz. Günther bemerkte den Blick, besserwisserisch meinte er:

      »Hier muss jeder für sich selbst sorgen, Besteck ist in der Schublade dort und Teller in dem Hängeschrank darüber.«

      Leonie rührte sich nicht, sie schaute, unsicher, was zu tun war, in die Runde. Sie war immer noch nicht ganz wach und brachte die Zusammenhänge noch nicht wirklich auf eine Linie.

      »Nun, wenn du nichts essen willst«, meinte Günther mit ›th‹ rigoros und endgültig, »Dann ist mir das auch recht. Du hast jeden Tag um neunzehn Uhr hier zu sein, hast du das verstanden?«

      Leonie schaute die anderen Jugendlichen an, die blickten sie an, als wäre sie ein Tier im Zoo.

      »Ob du das verstanden hast, habe ich gefragt!«, wurde Günther mit ›th‹ etwas lauter. »Dadurch, dass du störrisch bist, machst du nichts besser. So werden wir jedenfalls keine Freunde!«

      Er schaute auf die Uhr.

      »Also, Leute,


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