Familie Dr. Norden Classic 46 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Familie Dr. Norden Classic 46 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Tage.«

      »Neun Tage«, wiederholte sie, »dann werde ich bestimmt gefeuert.«

      »Herr Mettin wird Ihnen eine bessere Stellung bieten«, sagte Dr. Graef.

      »Ist er ein Wohltäter?« fragte Martina spöttisch.

      »Er ist heilfroh, daß Sie über den Berg sind. Er hatte noch nie einen Unfall, und dann gleich einen, den er verschuldet hat.«

      Martina dachte nicht einen Augenblick daran, das zu ihrem Vorteil auszunutzen. Vor dem Unfall hätte sie das bestimmt getan, aber irgend etwas hatte sich in ihr verändert.

      Schwester Hanna hängte die Infusion an, und dann kam Dr. Jenny Behnisch und machte sich mit ihr bekannt, aber Martina war schon wieder so schläfrig, daß sie nicht mehr denken konnte.

      Jenny Behnisch unterhielt sich draußen mit Michael Graef. »Sie hat gefragt, welche Verletzungen sie hätte, aber sie hat nicht gefragt, wie sie aussieht«, sagte er.

      »Die Wunden heilen, es sieht gut aus«, meinte Jenny zuversichtlich.

      »Sie wird Narben behalten«, sagte er nachdenklich.

      »Die werden nicht schlimm sein. Außerdem kann sie froh sein, daß sie lebt, und Herr Mettin auch.«

      »Aber ihn läßt es wenigstens nicht unberührt wie so manchen anderen. Er ist ehrlich bemüht. Was man sonst so hört und liest über Unfallverursacher ist übel genug.«

      »Er kann es sich auch leisten, großzügig zu sein«, meinte Jenny. »Bei manchen anderen hängt von einem Augenblick Unachtsamkeit oft die ganze Existenz ab. Ich will doch mal Frau Burgmüller anrufen, ob sie irgendwie mit Martina verwandt sind. Es hat sich ja noch immer niemand gemeldet, obgleich ihr Name doch in dem Zeitungsbericht erwähnt wird.«

      »Viele lesen die Meldungen über Unfälle gar nicht«, sagte Michael.

      *

      Jürgen Lichtenberg hatte den Bericht gelesen, nachdem er vergeblich auf Martina oder eine Nachricht von ihr gewartet hatte. Man konnte nicht sagen, daß es ihm naheging, dazu war er viel zu oberflächlich, aber es war doch ganz angenehm für ihn gewesen, jemand zu haben, der Ordnung bei ihm machte. Von Katja Doermer konnte er das nicht erwarten. Aber er dachte auch nicht daran, sich einmal nach Martinas Befinden zu erkundigen. Er mußte jetzt ohnehin wieder für ein paar Tage zu Testfahrten nach England fliegen, und das kam ihm ganz gelegen.

      Heidelinde Burgmüller war gerade erst von einem Besuch bei ihrem Sohn und seiner jungen Familie zurückgekommen, denn sie hatten vor drei Wochen Familienzuwachs bekommen. Die frischgebackene jugendliche Großmama hatte ihren Enkel bewundern wollen. Tobias war Hotelmanager in der Schweiz und lebte mit seiner Frau Susi und dem Baby Julian in der Nähe von Zürich. Heidelinde hatte die zwei Wochen genossen, aber nun wollte sie sich doch wieder um ihr schönes Haus kümmern.

      Sie war ahnungslos, daß eine Martina Burgmüller verunglückt war.

      Als Dr. Jenny Behnisch sie anrief, fiel sie aus allen Wolken.

      »Martina Burgmüller, Alter zweiundzwanzig«, wiederholte sie Jenny Behnischs Frage. »Ich kann Ihnen wirklich nicht sagen, ob das Verwandtschaft sein könnte. Mein Mann hatte einen Cousin, der meines Wissens eine Tochter hatte, aber wir hatten gar keinen Kontakt und ich glaube, dieser Cousin ist schon lange vor meinem Mann gestorben. Ich komme aber gern in die Klinik und spreche mal mit Ihrer Patientin. Ich bin immer gern bereit, Menschen in Not zu helfen.«

      Jenny Behnisch fand das sehr entgegenkommend. Sie sagte aber Martina nichts von ihrem Anruf.

      Heidelinde rief nach längerem Nachdenken ihren Sohn an. »Bist du gut gelandet, Mutsch?« fragte der arglos. »Lieb, daß du gleich anrufst.«

      »Ich muß dir was erzählen und dich was fragen, Tobias. Kaum war ich zu Hause, rief Frau Dr. Behnisch an, du weißt doch, von der Behnisch-Klinik. Sie fragte mich, ob ich eine Martina Burgmüller kenne. Du hast dich doch mit Vaters Familie mehr befaßt. Hat es da eine Martina gegeben, die jetzt zweiundzwanzig ist?«

      »Laß mich mal nachdenken, worum geht es denn eigentlich?«

      »Diese Martina wurde bei einem Autounfall schwer verletzt und liegt seit zehn Tagen in der Klinik. Sie kann anscheinend nichts über sich sagen. Sie ist übrigens nicht schuld an dem Unfall. Hatte der Cousin von Herbert nicht eine Tochter?«

      »Du meinst Ludwig? Ja, das könnte sein. Der ist mit seiner Frau bei einer Gasexplosion in ihrem Haus ums Leben gekommen. Aber von einer Tochter war da nicht die Rede. Vater wollte sich darum kümmern, aber dann wurde er krank und es geriet wohl in Vergessenheit. Es hat sich ja auch niemand bei uns gemeldet. Du bist natürlich gleich wieder voller Mitgefühl, aber du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, Mutsch. Es war schön, daß du bei uns warst. Du kannst ruhig öfter kommen.«

      »Das ist gut gemeint, aber ich kann mich noch erinnern, daß ich auch nicht gerade begeistert war, wenn meine Schwiegermutter dauernd bei uns rumhing.«

      »Von dauernd kann bei dir keine Rede sein, und Susi mag dich auch, aber wahrscheinlich hast du so viele Freunde, daß du nichts vermißt.«

      So war es wirklich nicht, aber Heidelinde war auch gern wieder allein in ihrem schönen Haus. Es genügte ihr, wenn sie telefonierten und ab und zu mal Besuch kam. Jetzt aber wollte sie doch wissen, ob es verwandtschaftliche Bande zu jener Martina gab.

      Sie meldete sich erst einmal bei Dr. Norden an, den sie immer gern um einen Rat bat, wenn sie sich einer Sache nicht sicher war, auch wenn es sich nicht um gesundheitliche Beschwerden handelte.

      Wendy sagte, daß sie gern nachmittags gegen sechzehn Uhr dreißig kommen könne.

      »Gibt es noch was?« fragte Dr. Norden, bevor er zum Mittagessen heimging.

      »Frau Burgmüller ist wieder im Lande. Sie kommt nachmittags. Kann ich heute ein bißchen später kommen, ich möchte noch nach Schorsch sehen, sonst ißt er wieder nicht richtig.«

      »Bemuttern Sie ihn ruhig, Wendy«, meinte Dr. Norden schmunzelnd. Sie waren alle froh, daß sich die Freundschaft zwischen Wendy und Dr. Leitner so positiv entwickelt hatte.

      Schorsch war ein schwieriger Mensch. Erst hatte er jahrelang unter dem Einfluß seiner Mutter gestanden, dann hatte er endlich eine Frau gefunden, die ihn zu verstehen schien. Es ging lange gut, bis sie sich dann einer Sekte anschloß und ihn verließ. Da drohte er völlig zu resignieren, aber Wendy hatte ihn schließlich wieder seiner Isolation entrissen. Gerade ihre Art, ihn nie unter Druck zu setzen, gestaltete diese Freundschaft so harmonisch. Sie verbrachten ihre Freizeit oft zusammen. Wenn es in der Frauenklinik, die sich großer Beliebtheit bei werdenden Müttern erfreute, mal Not am Mann war, half Wendy auch abends oder am Wochenende aus. An Heirat dachten sie beide nicht. Wendy liebte ihre Arbeit bei Daniel Norden und wollte auch ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten.

      Fee billigte das natürlich auch. Ihr war es schon ein bißchen bange geworden, daß Wendy lieber zu Schorsch ziehen wollte und Daniel dann wieder eine neue Hilfe suchen mußte, aber diese Sorgen brauchten sie nicht zu haben.

      »Fein, daß du schon da bist«, begrüßte Fee ihren Mann.

      »Heute war es mal nicht so wild. Wendy ist jetzt zu Schorsch gefahren. Sie kümmert sich rührend um ihn.«

      »Er weiß es auch zu würdigen. Er hat mich gerade vorhin angerufen und gefragt, womit er wohl Wendy mal eine besondere Freude bereiten könnte. Du weißt ja, wie schwerfällig er ist.«

      »Und was hast du gesagt?«

      Fee lachte. »Ich besorge die Lederjacke, die ihr so gut gefallen hat. Sie schleicht schon tagelang wie die Katze um den heißen Brei herum.«

      »Hoffentlich ist es ihr dann nicht wieder peinlich, weil sie teuer ist.«

      »Das rede ich ihr schon aus. Sie tut soviel für Schorsch, da braucht sie keine Hemmungen zu haben.«

      »Wo du recht hast, hast du recht«, lachte er.

      »Gibt es sonst noch was Neues?«

      »Frau


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