Du bist der Filmemacher. Peggy Rockteschel
als Chance
Die größten Konflikte erfahren wir in zwischenmenschlichen Beziehungen. Deshalb leben wir auch zunehmend allein und ziehen uns so weit zurück, dass wir niemanden mehr an uns heranlassen. Zu oft wurde unser Vertrauen missbraucht und zu sehr schmerzt noch immer ein Verlust.
So wie Du habe auch ich schlimme Erfahrungen gemacht und bin im Umgang mit der Liebe an meine Grenzen gestoßen. Die Liebe war für mich ein Spiel, auch wenn ich das so nie zugegeben hätte. Ja, ich würfelte eine Sechs und schon waren wir zu dritt. Aus dem ersten Kuss entstand eine neue Familie und wegen eines zweiten zerbrach sie wieder. So schnell wie das Glück begann, war es auch verloren.
Ich glaubte, das Leben sei unberechenbar und Sicherheit gäbe es sowieso nicht. Was also blieb mir, außer weiter auf die große Liebe zu hoffen und von ihr zu träumen? Für mich gehörten Mann und Frau einfach zusammen. Doch was ich fand, war alles andere als ein Traum. Ich begriff, was Beziehungen wirklich sind – und zwar immer und immer wieder Veränderung, Veränderung, Veränderung!
Es wird sich entfernt, wenn etwas zu nah oder zu heiß ist, und Nähe geschaffen, wenn es abkühlt; nach Freude kommt Kummer und nach Streit folgt die Versöhnung; mal steht man oben und mal fällt man; mal taucht man unter und mal wieder auf; mal sagt man „Guten Tag“ und mal „Auf Wiedersehen“; wir lächeln und wir weinen; wir werden geboren und wir werden eines Tages den Körper verlassen.
Haben wir nicht alle unsere Sonnen- und Schattenseiten?
Ich denke schon, nur dass wir unseren Schatten mehr spüren als unser Licht und im Alltag oft vergessen, was uns zum Strahlen bringt. Und wir bauen unser eigenes Gefängnis durch die Art, wie wir die Dinge sehen.
Es ist einfacher zu sagen, was wir nicht können und warum wir leiden, als zu erkennen, worin wir gut sind und was uns glücklich macht. Wenn wir in uns selbst nur den Schatten wahrnehmen, wie können wir dann in unserem Gegenüber das Licht erkennen? Nur weil er oder sie etwas hat, was wir nicht haben? Aber vielleicht ist das, was wir suchen gar nicht da draußen zu finden, sondern nur in uns selbst? Und warum sollte jemand die Bürde auf sich nehmen, uns glücklich zu machen, wenn wir es selbst nicht mal können?
Das Thema Mann und Frau, Liebe oder nicht Liebe, erübrigt sich, wenn wir anfangen unseren eigenen Schatten zu erkennen und anzunehmen – jene Zweifel und Ängste, die uns dazu bringen, immer alles vom Anderen abzuverlangen, um uns selbst vor der Herausforderung zu drücken.
Dinge können nicht passend gemacht werden, sondern wir können uns entweder anpassen oder etwas verpassen. Und beides bedingt sich zwangsläufig. Konzentrieren wir uns aber auf unsere Fähigkeiten und Stärken, und leben wir sie, dann können wir auch als das wahrgenommen und geliebt werden, was wir wirklich sind. Und die Frage, ob wir dann miteinander klarkommen, erübrigt sich von selbst. Denn wenn wir uns selbst verstehen, können wir es auch dem anderen verständlich machen.
Manche müssen erst richtig leiden, um auszubrechen; manche brechen aus, um dann zu leiden. Und manche suchen ihre Freiheit und landen in einem Gefängnis.
Dieses Gefängnis kann so viele Gesichter haben: die Familie, eine Ehe, ein Job, die Kindheit, der eigene Körper, das Land, die Liebe, der Kopf, der Alltag, Armut, oder, oder, oder … Vielleicht sollte man im wirklichen Gefängnis landen, um zu erkennen, wie viele Möglichkeiten wir eigentlich haben? Die Freiheit, endlich und unbedingt das zu tun, was uns lebendig macht, auch mit dem Risiko als „verrückt“ betitelt oder abgelehnt zu werden.
Sehnsucht ist menschlich und selbst wenn sie pathologische Züge aufweist, bleibt sie dennoch menschlich. Sie macht uns zu dem, was wir sind und jeden zu dem, was er sein sollte, um etwas mehr Glanz und Selbstvertrauen in diese Welt zu bringen. Und weil wir die Dinge ungern freiwillig tun, müssen eben manchmal SCHEINBAR äußere Kräfte uns dazu bringen. Kräfte, die unser Selbstbild und unsere Existenz bedrohen. Daher sollten wir auch unsere schlimmsten Zeiten, unsere Ängste und unsere Sehnsucht als das wahrnehmen, was sie sind – eine Chance!
Missverständnis Liebe
Kennst Du das? Du hast eine neue Errungenschaft für Deine Wohnung gemacht. Nehmen wir an, es handelt sich um eine Vase. Du kommst also nach Hause, stellst sie auf den Tisch und betrachtest sie. Dann trittst Du einen Schritt zurück und schaust aus der Entfernung, ob sie ins Gesamtbild passt.
Nun bemerkst Du aber, dass etwas nicht stimmt. Daher nimmst Du sie wieder vom Tisch und läufst durchs ganze Haus, um den passenden Platz zu finden. Sobald Du ihn gefunden hast, trittst Du erneut einen Schritt zurück und begutachtest, was Du siehst. Aber auch dieses Mal passt es nicht und es gibt keinen rationalen Grund, weshalb es sich nicht gut anfühlt. Es ist halt so! Es ist ein Gefühl, und Du gehst diesem Gefühl so lange nach, bis es wirklich stimmig ist. Und nun sage mir, warum Du das bei der Einrichtung Deiner Wohnräume machst, aber nicht mit der LIEBE und den Menschen in Deinem Leben?
Weil es nur EINEN Gedanken und EINEN Begriff gibt, mit dem Du Zuneigung beschreibst. In dieser Hinsicht hatten die Menschen der Antike uns schon einiges voraus, denn sie hatten bereits sechs verschiedene Arten der Liebe erkannt.
Wenn Du Dir diese anschaust, wird es Dir wie Schuppen von den Augen fallen, denn dann steht alles und jeder plötzlich im rechten Licht und auf seinem angemessenen Platz. Und mit dieser neuen Ordnung kommt auch wieder Fluss und Glück in Dein Leben.
Erinnere Dich: Du bist der Filmemacher!
Betrachte jetzt Dein Leben und schau, wer, was, wie und wo im Augenblick steht! Mach einfach mal einen Schritt zurück und fühle in Dich hinein! Du wirst Erstaunliches feststellen.
Hier sind die sechs Formen der Liebe, die niemand besser hätte differenzieren können als Kathleen McGowan („VATER UNSER- Deine Schatzkarte zu Gott.“) Ich habe sie sprachlich etwas angepasst bzw. eingedeutscht, um sie sich besser merken zu können.
Betrachten wir nun die Liebe und ihre Ausprägungen in Deinem Leben. Notiere Dir am besten, wen oder was Du in Verbindung mit ihnen bringst! Schreibe Dir Namen und Begebenheiten auf, aber auch Deine eigene Rolle in Bezug auf diese Person oder das Wesen / Tier / Umstand und Situation.
Die geistige Liebe oder auch göttliche Liebe: Diese hohe Form der Liebe ist geistig-seelischer Natur und wir finden sie z.B. im Gebet, in stiller Einkehr, der Meditation, der Natur oder in der Erkenntnis, wenn sich neue Bewusstseinsebenen erschließen, wo wir Gott näher kommen, wahre Glückseligkeit erfahren und wir EINS sind mit allem, was ist.
Frage Dich: Wer oder was repräsentiert für mich diese Liebe? Kenne ich jemanden, der so lebt und fühlt? Habe ich jene Gotterfahrungen selbst gemacht? Mit wem kann ich diese Themen teilen und leben?
Die Bruderliebe oder auch Geschwisterliebe: Sie verbindet Menschen zu wahren Freunden und Weggefährten, die in jeder Situation füreinander da sind. Diese Liebe ist gleichwertig und befindet sich stets im Gleichgewicht zwischen Nehmen und Geben.
Frage Dich: Mit wem teile ich diese ehrliche Verbundenheit? Wer ist mein wahrer Freund und Weggefährte? Mit wem gehe ich durch dick und dünn? Wer erwartet keine Gegenleistung von mir und ich ebenso wenig von ihm (ihr)? Wer fragt weder nach Uhrzeit noch nach Umstand, wenn ich ihn (sie) brauche?
Die Liebe der Wohltat: Diese Liebe beinhaltet eine mütterliche und väterliche Zuwendung – wohlwollend, schützend, versorgend und umsorgend. Auch gemeinnütziges und karitatives Handeln zählen zu dieser Art von Zuwendung. Nennen wir sie die „behütende“ Liebe. Diese Form der Liebe verbindet im Herzen und bringt große karitative Projekte hervor. Wer solch eine Hilfe und Unterstützung erfahren hat, wird durch diese Liebe in seinem Wesenskern verändert. Diese Liebe erinnert uns daran, wie es war, ein hilfloses Baby zu sein, das ohne Zuwendung und Liebe von Anderen verloren wäre und sterben würde.
Frage Dich: Wer ist in meinem Leben so? Verkörpern meine Eltern diese Liebe oder wird sie von anderen Menschen ersetzt? Wenn ja, von wem? Bei wem fühle und handle ich so? Wen umsorge ich und um wessen Wohl bin ich wie eine Mutter (ein Vater) besorgt? Wer braucht meine Hilfe, ohne die er (sie) in seinem (ihrem) Leben sonst nicht zurechtkäme? Wer löst in mir Gefühle der Hilflosigkeit und Bedürftigkeit aus? In wem wecke ich diese Gefühle?
Die