Wyatt Earp 224 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp 224 – Western - William Mark D.


Скачать книгу
Wyatt Earp – 224 –

      Bleigrauer Himmel lastete über Gleeson.

      Es war spät am Nachmittag, als Jim Coster den Hurrican Saloon betrat. Die Schenke war um diese Stunde noch ziemlich leer.

      Es war die Stunde, die das Leben des Gelegenheitsarbeiters James Coster ändern würde.

      Es war ein reichlich träges, um nicht zu sagen faules Leben, das Coster bisher gelebt hatte und das er auch zu leben gewillt und gewohnt war.

      Aber es war ein Leben, das sich in diesem Lande nicht mit Anstand leben ließ. Wer im Westen lebte, der musste sich daran gewöhnen, dass es ein hartes Dasein war, was einem dort geboten wurde. Der junge Westen, jenes Land, das von Pionieren erst vor Kurzem halbwegs erschlossen worden war, hatte nichts übrig für Menschen, die dem Herrgott den Tag zu stehlen gedachten.

      Er war kein Dieb, der Gelegenheitsarbeiter Coster, auch dazu wäre er viel zu träge gewesen und sicher auch zu feige. Aber er war eben ein Mensch, der vielleicht auch in eine andere Gegend nicht sonderlich gut gepasst hätte, aber ganz sicherlich schlecht in den Westen passte.

      Er hätte sehr viel mehr arbeiten müssen, um sich das Leben leisten zu können, das er sich tatsächlich noch leistete. Er wollte jedes Wochenende auf den Kopf hauen, wie er es bei sich nannte, und möglichst auch in der Woche noch zwei-, dreimal einen über den Durst trinken. Und Girls wollte er auch haben. Das war ganz einfach eine zu hohe Forderung an das Leben, dem er seinerseits nichts an Zoll zu zahlen gedachte.

      An diesem Tag wurde ihm auf eine gnadenlose Weise die Quittung gegeben.

      Es war ein Donnerstag, und eigentlich hätte er noch zwei Tage warten sollen, bis er sich mit den wenigen Dollars, die er in dieser Woche verdient hatte, in eine Schenke getraute. Aber er hatte am Vormittag eine neue Arbeit, die ihm angeboten worden war, abgelehnt und sich stattdessen ein paar Stunden draußen bei den Corrals in einer stillen Hütte auf einen Strohsack gelegt und gepennt. Dann war er aufgestanden und hatte sich mit den Cowboys herumgestritten, die es nicht schätzten, dass er sich da draußen herumtrieb, und war dann in seinem typischen Schlendergang in die Stadt gekommen.

      Coster war ein Bursche von achtundzwanzig Jahren mit etwas schwammigen Gesichtszügen und schlaffem Körperbau. Dennoch war er bedeutend kräftiger, als seine Gestalt vermuten ließ. Er trug einen braunen Hut, dessen Band von großen Schweißstellen bedeckt war und dessen Krempe vorn sehr zerfleddert wirkte. Sein Hemd war kragenlos und missfarben. Die braune Weste war sehr abgegriffen, und einige Knöpfe fehlten daran. Die Zipfel seines verwaschenen blauen Halstuches hatte er über der rechten Schulter hängen. Die graue gestreifte Hose war über den Knien stark ausgebeult und fadenscheinig. Auch seine Stiefel hatten ihre besten Zeiten längst hinter sich. Er trug, wie eigentlich jeder Mann in diesem Lande, an der rechten Seite einen Revolver im Halfter. Es war nichts Besonderes an diesem James Coster. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos und für die jungen Jahre schon reichlich verbraucht. Man hätte ihn gut und gern für einen Vierzigjährigen halten können.

      Als er die Schenke betrat, winkte ihm der Salooner, ein untersetzter, glatzköpfiger Mann, mit einer müden Bewegung zu und deutete mit dem Kopf in einer vielsagenden Geste zu den vier Männern hinüber, die an einem der großen Spieltische saßen und schweigend in ihr Pokerspiel vertieft waren.

      Jim Coster war nicht klug genug, den Wink des Wirtes zu deuten. Anstatt sich von dem Tisch fernzuhalten und auf die Theke zuzukommen, die um diese Stunde noch völlig leer war, schlenderte er doch tatsächlich zu den Spielern hinüber und blieb hinter einem von ihnen stehen.

      Jim Coster stammte nicht aus Gleeson. Er hielt sich erst seit wenigen Monaten hier auf. Aber die Stadt, aus der er kam, lag auch nicht allzu weit entfernt von hier und gehörte zu einem Kreis von Ansiedlungen und kleinen Städten, die der arbeitsscheue junge Mann der Reihe nach heimgesucht hatte. So kam es auch, dass er die vier Männer, die hier saßen, nicht kannte.

      Er blickte den Spielern eine Weile zu, trat dann hinter den nächsten und beobachtete seine Karten. Und plötzlich wandte der sich um.

      Es war ein Mensch von vielleicht vierzig Jahren, breitschultrig, vierschrötig und massig. Er maß den unliebsamen Kiebitz mit ärgerlichem Blick und knurrte:

      »Wie wär’s, Mister, wenn Sie sich einen Stuhl nähmen und mitspielten.«

      Das war keineswegs eine Einladung, sondern nichts weiter als eine Umschreibung für die Aufforderung: Sehen Sie zu, dass Sie verschwinden!

      Coster aber begriff auch das nicht, sondern zerrte sich tatsächlich und allen Ernstes einen Stuhl von einem der anderen Tische heran und schob ihn zwischen zwei der Spieler.

      Die vier Männer wechselten einen kurzen Blick miteinander, und dann spielten sie weiter.

      Als der Gang beendet war, meinte Coster:

      »All right, ich spiele mit.«

      Die Männer schwiegen, und der Kartengeber schnipste auch ihm ein paar Blätter zu.

      Coster verlor. Er verlor von der ersten Minute an. Aber er blieb beim Spiel. Das war auch eine seiner wenig klugen Eigenschaften. Er verlor, bis er keinen Cent mehr in der Tasche hatte, und dann war er einfältig genug, einen der weißen Zettel aus der schwarzen Holzschatulle zu nehmen, die in der Mitte jedes Spieltisches im Westen stehen und die treffende Bezeichnung »Notausgang« haben.

      Er schrieb eine Summe darauf, die er an einen der vier Männer bis zum Mittag des nächsten Tages zu entrichten hatte.

      Eine Summe, die er kaum beschaffen konnte.

      Es sei denn, dass er die wenigen Habseligkeiten, die er besaß, bis dahin zu Geld machte.

      Und er spielte weiter – und verlor wieder.

      Er nahm wieder einen Schuldschein. Und diesmal hatte er eine Summe einzusetzen, die ihn bereits zum bettelarmen Mann machte. Denn selbst, wenn er seinen Sattel und sein Pferd verkaufte, konnte er die Summe kaum zusammenbringen. Er hätte eine halbe Woche dafür arbeiten müssen, um das Geld noch draufzulegen, was zur Deckung der Schuld erforderlich war.

      Zwei Stunden später verließ er benommen vom Whisky und deprimiert von den Niederlagen die Schenke.

      Draußen auf dem Vorbau lehnte an einem der Dachpfosten ein Mann.

      Coster sah ihn gar nicht, das heißt, er schaute ihn nur an, aber es wurde ihm nicht klar, dass er ihn betrachtete.

      Der Mann war sehr groß, vierschrötig, hatte einen gewaltigen Brustkasten und einen kantigen massigen Schädel. Das Gesicht wirkte wie aus grobem Holz geschlagen, und eines seiner Augen war zerstört.

      Jim Coster kannte diesen Mann nicht. Er ahnte nicht, dass da einer der vier Verbrecher stand, die vor wenigen Wochen drüben im nicht allzu fernen Tombstone den Sheriff Virgil Earp aus dem Hinterhalt zusammengeschossen hatten.

      Master Crack! Ja, es war der Zyklop, dem es gelungen war, nachdem Wyatt Earp ihn mit den anderen gestellt hatte, aus dem Tombstoner Jail wieder zu entkommen.

      Master Crack war nicht eine Zufallserscheinung, sondern er war ganz einfach das Werkzeug des geheimen Bandenführers, der seit einiger Zeit drüben in Tombstone eine neue Bande auf die Beine gestellt hatte. Wer dieser Bandenführer war, wusste noch niemand. Jedenfalls wussten es die Leute im Marshal-Office ebenso wenig wie die Männer vom Tombstoner Stadtrat. Überhaupt – wer wusste es?

      Wahrscheinlich nur die Mitglieder der Bande. Und möglicherweise von diesen auch nur einige wenige.

      Master Crack hatte nach seiner Flucht die Stadt natürlich verlassen müssen und sich eine Zeit lang in der Umgebung verborgen gehalten. Es war nicht leicht gewesen, seine Fährte von den scharfen Augen und der unheimlichen Spürnase des berühmten Dodger Gesetzesmannes Wyatt Earp zu verbergen.

      Wäre der Marshal nicht von so vielseitigen anderen Dingen abgehalten worden, so hätte er ihn vermutlich längst in seinem Schlupfloch entdeckt.

      Crack war davon überzeugt, dass Wyatt Earp die Suche nach ihm nun eingestellt hatte. Damit irrte er sich allerdings, denn der Missourier stellte niemals die Jagd nach einem Verbrecher ein, auf dessen Fährte er einmal saß. Und wenn er zwischendurch von brandeiligen Dingen abgehalten


Скачать книгу